1. Auswirkungen der Nachlassspaltung wegen eines in Florida/U.S.A. belegenen Grundstücks auf die Testamentsvollstreckung.
2. Anforderungen an die ordnungsgemäße Führung des Testamentsvollstreckeramtes, wenn der Nachlass im Ausland belegene Teile umfasst. Nimmt der Testamentsvollstrecker irrigerweise auch insoweit sein Amt in Anspruch, so kann er die Unterlassung von notwendigen Maßnahmen nicht damit rechtfertigen, er sei hierfür nicht zuständig gewesen.
BayObLG, Beschluss vom 26. November 2004, 1Z BR 74/04
Auszug aus den Gründen
"...
a) Zu Recht hat das LG die Anwendbarkeit deutschen Rechts bejaht, soweit nicht das in Florida belegene Grundstück in Frage steht. Nach Art.25 EGBGB wird die deutsche Erblasserin nach deutschem Recht beerbt.
Das als Gesamtstatut an die Staatsangehörigkeit anknüpfende Erbstatut des Art.25 Abs.1 EGBGB wird durch das Einzelstatut des Art. 3 III EGBGB unter Durchbrechung des internationalen Entscheidungseinklangs verdrängt, sofern der Belegenheitsstaat dort befindliche Nachlassgegenstände besonderen Vorschriften unterwirft. Dies hat zur Folge, dass dann die lex rei sitae zur Anwendung kommt (vgl. Staudinger/Dörner BGB Neubearbeitung 2000 Art. 25 EGBGB Rn. 542; von Hoffmann IPR 7. Aufl. § 9 Rn. 62).
Die nach dem Recht der U.S.A. maßgebliche Teilrechtsordnung des Bundesstaats Florida als Belegenheitsstaat unterwirft die Erbfolge in den unbeweglichen Nachlass der zur Zeit des Todes geltenden lex rei sitae (vgl. Ferid/ Firsching/ Dörner/Hausmann, Int.ErbR USA Grdz. C II, Rn. 39, 39 a). Dies hat zur Folge, dass dieser Nachlassteil als selbstständig anzusehen ist und dem Erbstatut des Bundesstaats Florida unterliegt, während der übrige Nachlassteil dem deutschen Erbstatut unterfällt; es ist also Nachlassspaltung eingetreten (BayObLGZ 1999, 296/302; BayObLGZ 1971, 34/41; Palandt/Heldrich BGB 63. Aufl. Art. 25 EGBGB Rn. 2).
Dem Erbstatut des Bundesstaates Florida unterliegt – hinsichtlich des dort belegenen Nachlassteils - nicht nur die Erbfolge, sondern auch die Zulässigkeit der Testamentsvollstreckung und die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers (BayObLGZ 1999, 296/302; BayObLGZ 1965, 377/382).
Auf das besondere Formstatut für letztwillige Verfügungen von Todes wegen des Art. 26 EGBGB, mit dem sich das LG auseinandergesetzt hat, kommt es nicht an, da das Testament der Erblasserin vom 28.7.1991 bereits nach deutschem Recht zweifelsfrei formwirksam errichtet worden ist. Folgerungen für das Erbstatut als solches lassen sich aus Art. 26 EGBGB nicht ziehen.
b) Ohne die Frage der internationalen Zuständigkeit zu prüfen, hat das LG stillschweigend eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Entlassung des Testamentsvollstreckers angenommen. Deutsche Gerichte sind aber nach dem Grundsatz des Gleichlaufs zwischen materiellem Recht, internationaler Zuständigkeit und Verfahrensrecht (BayObLGZ 1999, 296/303) nur insoweit international zuständig, als auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen deutsches Recht Anwendung findet. Da der in Florida belegene Nachlassteil aber dem Erbstatut von Florida unterliegt, sind und waren deutsche Gerichte international weder für die Bestellung des Testamentsvollstreckers noch für dessen Entlassung zuständig. Das erteilte Testamentsvollstreckerzeugnis ist unrichtig. Gleichwohl besteht Testamentsvollstreckung hinsichtlich des vom deutschen Erbstatut erfassten Nachlasses, der noch nicht vollständig abgewickelt ist, fort.
c) Insbesondere unterfällt der in Marokko belegene Nachlass einschließlich der dort belegenen beiden Grundstücke dem deutschen Erbstatut (Art.25 EGBGB). Nach Art. 217 bis 242 des Gesetzbuches über den Personenstand, Dahir Nr. 1 - 58 - 112 vom 3.4.1958, der Mudauwana, in dem marokkanisches materielles Erbrecht geregelt wird (vgl. Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Intern. ErbR, Grundzüge G Marokko Rn. 2), tritt die Erbfolge kraft Gesetzes als Universalsukzession ein, ohne zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen zu unterscheiden.
d) Rechtsfehlerfrei hat das LG einen Grund für die Entlassung des Beteiligten zu 1 als Testamentsvollstrecker bejaht.
aa) Nach § 2227 I BGB kann der Testamentsvollstrecker auf Antrag eines Beteiligten entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das Gesetz nimmt als Beispiel hierfür eine grobe Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers oder dessen Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung an.
Neben den im Gesetz genannten Beispielsfällen kann ein wichtiger Grund ohne Rücksicht auf ein Verschulden auch dann vorliegen, wenn der Testamentsvollstrecker durch sein persönliches Verhalten begründeten Anlass zu der Annahme gibt, dass ein längeres Verbleiben im Amt der Ausführung des letzten Willens des Erblassers hinderlich sei oder dass sich dadurch eine Schädigung oder erhebliche Gefährdung der Interessen der an der Ausführung oder am Nachlass Beteiligten ergeben würde (vgl. BayObLGZ 2001, 167/170).
Der Testamentsvollstrecker hat sich bei der Ausübung des Verwaltungsrechts von den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung leiten zu lassen (vgl. Palandt/Edenhofer BGB 63. Aufl. § 2216 Rn.1). Hierbei sind nicht geringe Anforderungen zu stellen (vgl. BGH NJW 1959, 1820/1821). Der Testamentsvollstrecker ist zu besonderer Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit angehalten, er muss das ihm anvertraute Vermögen sichern und erhalten, vor allem Verluste vermeiden und Nutzungen gewährleisten (vgl. BGH NJW-RR 1989, 642). Er ist insbesondere zu Kontrollmaßnahmen verpflichtet, um rechtzeitig drohenden Gefahren und Verlusten zu begegnen (vgl. BGH NJW-RR 1995, 577/578).
Im Rahmen des ihm zustehenden Verwaltungsermessens darf der Testamentsvollstrecker sich nicht grundlos über die Interessen und Vorstellungen der Erben und anderer Beteiligter hinwegsetzen."
Anmerkung
Für Erbfälle seit dem 17.08.2015 richtet sich die Rechtsnachfolge von Todes wegen nach der Europäischen Erbrechtsverordnung.