Die Europäische Kommission hat beschlossen, Deutschland wegen seiner Erbschaft- und Schenkungsteuervorschriften beim Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen. Nach deutschem Recht wird für geerbte deutsche Vermögenswerte eine höhere Steuerbefreiung gewährt, wenn der Erblasser oder der Erbe in Deutschland lebt, als wenn beide im Ausland leben. Folglich werden Gebietsfremde für in Deutschland belegene, geerbte Vermögenswerte höher besteuert als in Deutschland ansässige Personen. Eine solche Bestimmung könnte im Ausland lebende Personen davon abhalten, in Deutschland in Immobilien zu investieren. Nach Auffassung der Kommission ist diese Bestimmung diskriminierend und stellt eine ungerechtfertigte Beschränkung des in den Verträgen verankerten freien Kapitalverkehrs dar.
Quelle: Pressemitteilung Kommission
Anmerkungen:
1) Deutschland hatte zur Vermeidung einer Klage § 2 Abs. 3 ErbStG eingefügt. Die Kommission ist aber der Auffassung, die Verletzung würde hierdurch nicht beseitigt.
2) Im Verhältnis zu Nicht-EU-Staaten wird das Optionsrecht nach § 2 Abs. 3 ErbStG nicht gewährt.
3) Das FG Düsseldorf (Aktenzeichen: 4 K 689/12 Erb) hat den EuGH um Vorabentscheidung zu folgender Frage ersucht:
"Sind die Artikel 56 und 58 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung eines Mitgliedstaats über die Erhebung der Erbschaftsteuer entgegenstehen, die bei dem Erwerb durch Erbanfall eines im Inland belegenen Grundstücks von einer gebietsfremden Person für den gebietsfremden Erwerber nur einen Freibetrag von 2.000 Euro vorsieht, während bei einem Erwerb durch Erbanfall ein Freibetrag von 500.000 Euro gewährt würde, wenn der Erblasser oder der Erwerber zur Zeit des Erbfalls seinen Wohnsitz in dem betreffenden Mitgliedstaat hätte?"
4) Der EuGH hat am 19.07.2012 in der Rechtssache C 31/11 entschieden:
"Eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, wonach bei der Berechnung der Erbschaftsteuer die Anwendung bestimmter Steuervergünstigungen auf einen Nachlass in Form der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat ausgeschlossen ist, während diese Vergünstigungen beim Erwerb einer solchen Beteiligung von Todes wegen gewährt werden, wenn sich der Sitz der Gesellschaft in einem Mitgliedstaat befindet, berührt vorwiegend die Ausübung der Niederlassungsfreiheit im Sinne der Art. 49 ff. AEUV, sofern die genannte Beteiligung es ihrem Inhaber ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der betreffenden Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen. Diese Artikel sind nicht auf einen Sachverhalt anwendbar, der die Beteiligung an einer Gesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat betrifft."
5) Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erwarten, dass der EuGH eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit im Hinblick auf § 2 Abs. 3 ErbStG annimmt.
6) Möglicherweise kann im Verständigungsverfahren im Verhältnis zur USA § 2 Abs. 3 ErbStG auch auf die USA anzuwenden sein.