Die Klägerin und ihre im Juli 1995 und 1997 geborenen Töchter sind deutsche Staatsangehörige und haben ihren Wohnsitz in Großbritannien. Die Klägerin wohnt seit dem Jahr 1996 nicht mehr in Deutschland. Ihre Töchter haben niemals in Deutschland gewohnt. Gleiches gilt für den Ort ihres gewöhnlichen Aufenthalts. Die Klägerin war zu einem Anteil von 1/2 Miteigentümerin an einem in Deutschland belegenen Grundstück. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20.09.2011 übertrug die Klägerin diesen Anteil zu jeweils 1/2 auf ihre Töchter. Etwaig anfallende Schenkungsteuer sollte die Klägerin übernehmen. Unter dem 12.01.2012 erteilte ein Rechtsanwalt als Ergänzungspfleger der minderjährigen Töchter der Klägerin seine Genehmigung hinsichtlich der im Vertrag vom 20.09.2011 abgegebenen Erklärungen. Das beklagte Finanzamt setzte gegenüber der Klägerin hinsichtlich des Erwerbs des jeweiligen Anteils an dem Grundstück durch ihre Töchter jeweils 146.509 Euro Schenkungsteuer fest. Bei der Ermittlung der Schenkungsteuer zog das Finanzamt vom jeweiligen Wert des Erwerbs jeweils einen persönlichen Freibetrag für beschränkt Steuerpflichtige von 2.000 Euro ab. Die Klägerin führte erfolglos Einspruchsverfahren.
Mit ihrer Klage begehrt sie die Berücksichtigung eines persönlichen Freibetrages von 400.000 Euro für unbeschränkt Steuerpflichtige. Ein solcher Freibetrag stehe ihr nach der Rechtsprechung des EuGH zu. Einen Antrag nach § 2 Abs. 3 des deutschen Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) stelle sie nicht. Das aus dieser Vorschrift folgende Antragserfordernis sei zum einen als Rückwirkung unzulässig. Zum anderen führe der Antrag dazu, dass der Freibetrag von 400.000 Euro nur gewährt werde, wenn sog. Vorerwerbe berücksichtigt würden. Das beklagte Finanzamt ist dem klägerischen Vorbringen mit der Begründung entgegengetreten, dass § 2 Abs. 3 ErbStG die Möglichkeit der vollumfänglichen Gleichstellung von unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen ermögliche.
Das FG Düsseldorf hatte den EuGH um Auslegung des freien Kapitalverkehrs ersucht im Rahmen des Rechtsstreits über die Berechnung der Schenkungsteuer, die auf die Schenkung eines in Deutschland belegenen Grundstücks anfällt, dessen Miteigentümerin die Klägerin war.
Der EuGH hat geantwortet:
Der freie Kapitalverkehr stehe einer nationalen Regelung entgegen, wonach bei Schenkungen unter Gebietsfremden die Steuer unter Anwendung eines niedrigeren Steuerfreibetrages berechnet werde, wenn der Erwerber keinen spezifischen Antrag stelle. Diese Artikel stünden auch und auf jeden Fall einer nationalen Regelung entgegen, wonach die Steuer auf Antrag eines solchen Erwerbers unter Anwendung des höheren Freibetrages berechnet werde, der für Schenkungen unter Beteiligung zumindest eines Gebietsansässigen gelte, wobei die Wahrnehmung dieser Option durch den gebietsfremden Erwerber bewirke, dass für die Berechnung der Steuer auf die betreffende Schenkung alle Schenkungen, die dieser Schenkungsempfänger in den zehn Jahren vor und den zehn Jahren nach der Schenkung von derselben Person erhalten habe, zusammengerechnet werden.
Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 08.06.2016