Eine Klausel in einem Testament, dass eine Person Ersatzerbe sein soll, bedeutet nicht unbedingt, dass eine Vor- und Nacherbschaft gewollt ist.
OLG Hamm, Beschluss vom 18.07.2013 - I-15 W 88/13
Der Fall:
Die Erblasserin hatte im Testament bestimmt, dass ihr ältester Sohn Alleinerbe sein soll. Für den Fall seines kinderlosen Versterbens hatte sie bestimmt, dass ihr jüngerer Sohn „Ersatzerbe“ sein soll. Nachdem der ältere Sohn 2012 kinderlos verstarb, hat der überlebende jüngere Sohn einen Erbschein beantragt, der ihn als Alleinerben seiner Mutter ausweist.
Anmerkungen:
- Der Wortlaut des Testaments war im entschiedenen Fall mehrdeutig: Der Begriff des "Ersatzerben" hat zwar im juristischen Sprachgebrauch einen rechtlich klaren Inhalt, juristische Laien verwenden den Begriff aber oft nicht im gleichen Sinne wie Juristen. Somit war eine Auslegung des Willens der Erblasserin erforderlich.
- Die Testamentsauslegung hat zum Ziel, den wirklichen Willen des Erblassers zu ermitteln. Dabei ist vom Wortlaut zwar auszugehen, der Wortlaut ist aber nur bindend, wenn er klar und eindeutig ist (was im vorliegenden Fall gerade nicht so war). Andernfalls ist durch Auslegung zu klären, was der Erblasser mit seinen Worten hat sagen wollen und ob er mit ihnen genau das wiedergegeben hat, was er zum Ausdruck bringen wollte (BGH NJW 1993, Seite 256).