OLG Köln zum Inhalt eines Testamentsvollstreckerzeugnisses bei Anwendung südafrikanischen Rechts

Das OLG Köln hat mit Beschluss vom 22.1.2024 – 2 Wx 227/23 entschieden, dass bei Anwendbarkeit ausländischen Rechts (hier: südafrikanisches Recht) die Befugnisse des Testamentsvollstreckers in dem Testamentsvollstreckerzeugnis anzugeben sind. 

Ferner hat es für Recht erkannt, dass ein gegenständlich auf das in Deutschland befindliche bewegliche Vermögen beschränktes  Testamentsvollstreckerzeugnis auch dann erteilt werden kann, wenn es gar kein unbewegliches Vermögen gibt. 

Auszug aus der Entscheidung: 

"Das Nachlassgericht hat die Tatsachen, die zur Begründung des Antrags des Beteiligten zu 3) auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses nach südafrikanischem Recht erforderlich sind, zu Recht für festgestellt erachtet.

(...)

In der Sache kommt gem. Art. 21 Abs. 1 EuErbVO südafrikanisches Recht zur Anwendung, weil die Erblasserin zum Zeitpunkt ihres Todes ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Südafrika hatte. Dem steht nicht entgegen, dass Südafrika kein Mitgliedsstaat der EuErbVO ist. Denn gem. Art. 20 EuErbVO ist das nach dieser Verordnung bezeichnete Recht auch dann anzuwenden, wenn es – wie hier – nicht das Recht eines Mitgliedsstaates ist.

Eine Rückverweisung auf deutsches Recht findet gem. Art. 34 EuErbVO nicht statt. Das südafrikanische internationale Privatrecht geht von einer Nachlassspaltung aus. Es unterscheidet zwischen beweglichem und unbeweglichem Vermögen, wobei die Qualifikation, ob ein Gegenstand als beweglich oder unbeweglich gilt, dem Recht des Staates obliegt, in dessen Gebiet der Gegenstand belegen ist. Für den beweglichen Nachlass wird auf das letzte „domicile“ der Erblasserin abgestellt, für das unbewegliche Vermögen (Grundbesitz) auf den Lageort. Bei dem Bankguthaben in Deutschland handelt es sich nach deutschem Verständnis um bewegliches Vermögen, so dass es ausgehend von dem letzten „domicile“ der Erblasserin in Südafrika bei der Anwendung südafrikanischen Rechts bleibt. Auch eine engere Verbindung der Erblasserin zu einem anderen Staat als dem Staat, dessen Recht gem. Art. 21 Abs. 1 EuErbVO anzuwenden wäre, ist nicht ersichtlich (Art. 21 Abs. 2 EuErbVO).

Die Anwendung des deutschen Rechts auf das in Deutschland befindliche Vermögen ist entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen auch nicht infolge einer Wahl des deutschen Rechts anzunehmen. Zwar liegt es nahe, dass von einer Wahl deutschen Rechts durch das Testament vom 22.08.2006 gem. Art. 83 Abs. 4 EuErbVO auszugehen ist. Die Erblasserin war deutsche Staatsangehörige und hat vor dem 17.08.2015 eine wirksame Verfügung von Todes wegen errichtet. Da es sich um eine Fiktion handelt, ist ein Rechtsanwendungsbewusstsein des Testierenden nach wohl herrschender Auffassung nicht erforderlich (zum Meinungsstand: MüKo-BGB/Dutta, 9. Aufl. 2024, Art. 83 EuErbVO, Rn. 12 ff.; Grüneberg/Thorn, BGB, 82. Aufl. 2023, Art. 83 EuErbVO Rn. 7; nicht eindeutig: EuGH, Urteil vom 16.07.2020, C-80/19, BeckRS 2020, 16032, Rn. 92 ff.;). Hierauf kommt es vorliegend indes nicht an, weil die Erblasserin das Testament vom 22.08.2006 durch das spätere Testament vom 31.08.2011 widerrufen hat und die Fiktion des Art. 83 Abs. 4 EuErbVO schon deshalb nicht weiter gilt (vgl. hierzu: Grüneberg/Thorn, BGB, 82. Aufl. 2023, Art. 83 EuErbVO Rn. 7). In dem Testament vom 31.08.2011 hat die Erblasserin unter Ziff. 1 ausdrücklich alle vorherigen Testamente widerrufen. Dass sie damit das am 22.06.2006 errichtete Testament nicht gemeint haben könnte, ist dem späteren Testament auch nicht andeutungsweise zu entnehmen.

Das Testament vom 31.08.2011 ist auch wirksam errichtet worden. Das auf die Formwirksamkeit anwendbare Recht bestimmt sich nach Art. 1 Abs. 1 des Haager Übereinkommens über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendenden Recht, das in Deutschland - gem. Art. 75 EuErbVO vorrangig vor der EuErbVO – und in Südafrika anzuwenden ist. Danach ist ein Testament formwirksam, wenn es nach einem der gem. Art. 1 Abs. 1 des Abkommens anwendbaren Rechte formgültig ist. Hier verweisen die Buchstaben a), c) und d) auf die (Sach-) Normen des südafrikanischen Rechts. Nach dem Wills Act 7 von 1953 ist das Testament von 2011 formwirksam, weil es von der Erblasserin und zwei Zeugen auf jeder Seite des Textes unterschrieben worden ist. Eine handschriftliche Fertigung des Textes ist nach südafrikanischem Recht nicht erforderlich. Im Übrigen hat der Master of the High Court Johannesburg die formgültige Errichtung des sich beim High Court in Johannesburg befindlichen Originals des Testaments von 2011 bestätigt. Darauf, ob das Testament gem. Art. 1 Abs. 1 lit. b) des Haager Übereinkommens über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendenden Rechts in Verbindung mit § 2247 BGB unwirksam wäre, kommt es daher nicht an.

Der Formwirksamkeit steht entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen Art. 22 Abs. 4 EuErbVO nicht entgegen. Nur weil das widerrufene Testament vom 22.08.2006 in der deutschen Form errichtet worden ist (Art. 1 Abs. 1 lit. b) des Haager Übereinkommens über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendenden Rechts i.V.m. § 2247 BGB) und eine Fiktion einer Rechtswahl für deutsches Recht enthalten dürfte, bedeutet nicht, dass das Widerrufstestament von 2011 ebenfalls der Form des § 2247 BGB entsprechen musste. Vielmehr ist auch insoweit das Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht maßgeblich (Dutta/Weber/Bauer/Fornasier, 2. Aufl. 2021, EuErbVO Art. 22 Rn. 34), so dass die südafrikanische Form ausreicht.

Inhaltlich widerruft das Testament vom 31.08.2011 das frühere Testament vom 22.08.2006 vollständig, d.h. auch in Bezug auf den in Deutschland belegenen Nachlass. Hierfür spricht der eindeutige Wortlaut des letzten Testaments vom 31.08.2011, in dem alle vorherigen Testamente widerrufen werden. Die Erblasserin hat entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen auch über ihren gesamten Nachlass verfügt. Zwar hat sie unter Ziff. 4 den Rest ihres Nachlasses an namentlich genannte Personen als Erben verteilt. Dass sie aber an dieser Stelle des Testaments nur über einen „Rest“ verfügt hat, beruht – offensichtlich - allein darauf, dass sie in dem Testament zuvor unter Ziff. 3 verschiedene Vermächtnisse angeordnet hatte, die den benannten Erben daher nicht mehr zufallen konnten. Im Ergebnis ist jedenfalls kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass mit der Formulierung „Rest meines Nachlasses“ gemeint gewesen sein sollte, dass das in Deutschland befindliche Vermögen, nicht Gegenstand der letztwilligen Verfügungen vom 31.08.2011 sein sollte. Die Aufgaben des benannten Executors umfassen daher auch den gesamten in Deutschland und Südafrika belegenen Nachlass.

Letztlich kommt es auch nicht darauf an, ob – wie die Beschwerdeführerinnen vortragen - die Erblasserin im Jahr 2014 überlegt haben soll, das handschriftliche Testament von 2006 notariell beglaubigen zu lassen, hiervon aber Abstand genommen haben soll, weil ihre Angehörigen in Südafrika hiervon nichts erfahren sollten. Denn zu einer Beglaubigung bzw. Beurkundung des Testaments von 2006 ist es jedenfalls nicht gekommen. Ob die Erblasserin – so der Vortrag der Beschwerdeführerinnen - davon ausgegangen sein soll, dass das Testament von 2006 trotz des Widerrufs von 2011 noch wirksam ist, ist schon deshalb unerheblich, weil sie einen entsprechenden – etwaigen – Willen, das Testament aus dem Jahr 2006 nicht zu widerrufen, in dem Testament aus dem Jahr 2011 nicht andeutungsweise zum Ausdruck gebracht hat, sondern im Gegenteil alle vorherigen Testamente ausdrücklich widerrufen hat (s.o.). Einer Vernehmung von Zeugen bedarf es daher nicht.

Da sich die Erbfolge nach südafrikanischem Recht richtet, ist in das gegenständlich beschränkte Testamentsvollstreckerzeugnis entsprechend dem Antrag aufzunehmen, dass der Antragsteller Testamentsvollstrecker in Anwendung südafrikanischem Rechts geworden ist (vgl. hierzu: Sternal/Zimmermann, FamFG, 21. Aufl. 2023, § 354 Rn. 29, 30; Burandt/Rojahn/Gierl, 4. Aufl. 2022, BGB § 2368 Rn. 7 ff.; BayObLG FamRZ 1987, 526; BayObLG FamRZ 1990, 669). Zwar setzt die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses, das auf einer nach ausländischem Recht errichteten Verfügung von Todes wegen beruht, voraus, dass die nach ausländischem Recht angeordnete Testamentsvollstreckung mit der Testamentsvollstreckung nach deutschem Recht funktionell vergleichbar ist (vgl. MüKoBGB/Grziwotz, 9. Aufl. 2022, BGB § 2368 Rn. 28; BeckOK-BGB/Siegmann/Höger, 68. Ed. 1.11.2023, BGB § 2368 Rn. 29). Hier ist in Bezug auf das bewegliche Vermögen in Deutschland und die Vorgaben der Erblasserin im Testament von 2011 zur Abwicklung des Nachlasses entsprechend den Angaben des Antragstellers in seinem Antrag von der Vergleichbarkeit der Rechtsstellung eines Testamentsvollstreckers nach deutschem Recht und des eingesetzten Executors nach südafrikanischem Recht auszugehen. Denn die Erblasserin hat den Antragsteller in ihrem Testament ermächtigt, den Nachlass an die von ihr benannten Vermächtnisnehmer und Erben entsprechend ihren Vorgaben zu übertragen und, sofern zur Verteilung erforderlich, auch Nachlassgegenstände zu veräußern.

Die Befugnisse des Testamentsvollstreckers nach südafrikanischem Recht sind im Hinblick auf die Legitimationswirkung in dem Testamentsvollstreckerzeugnis anzugeben (vgl. hierzu: Sternal/Zimmermann, FamFG, 21. Aufl. 2023, § 354 Rn. 29; MüKoBGB/Grziwotz, 9. Aufl. 2022, BGB § 2368 Rn. 29). Es ist daher anzugeben, dass der Antragsteller von der Erblasserin im Testament von 2011 ohne Beschränkungen mit der Abwicklung des Nachlasses betraut worden ist. Das bedeutet, dass er in Bezug auf das in Deutschland befindliche Vermögen befugt ist, bewegliche Gegenstände in Besitz zu nehmen und über sie zu verfügen, Kontoguthaben zu kündigen, einzuziehen oder sonst über sie zu verfügen und Nachlassgegenstände oder die Erlöse aus der Veräußerung von Nachlassgegenständen auf die Erben zu übertragen bzw. an diese zu verteilen."

Anmerkung

Wir meinen, dass die Befugnisse nicht zwingend im Einzelnen im Testamentsvollstreckerzeugnis aufzunehmen sind, da dies das Nachlassverfahren unnötig verkomplizert. Es muss genügen, wenn im Bedarfsfall die Befugnisse eines ausländischen Nachlassabwicklers, dem ein Testamentsvollstreckerzeugnis nach seinem Recht erteilt wurde, erläutert werden. 

 

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