Die USA als Mehrrechtsstaat
Die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) haben kein einheitliches Erbrecht. Vielmehr haben alle 50 US-Bundesstaaten und der District of Columbia ihr eigenes Erbrecht. Ein "amerikanisches Erbrecht" oder "Erbrecht der USA" gibt es daher nicht. Hier werden die Regeln des Uniform Probate Code (UPC) dargestellt. Ergänzend verweisen wir auf die besonderen Darstellungen zum Recht der einzelnen US-Bundesstaaten, welche derzeit zu New York, Florida, Kalifornien, Massachusetts und Arizona verfügbar sind.
Für einen Überblick über weitere Gesichtspunkte des US-amerikanischen Erbrechts (z.B. Pflichtteil, Form des Testaments, Abwicklung des Nachlasses) empfehlen wir den Beitrag Erbrecht USA - Einführung.
Anwendbares Erbrecht und gesetzliche Erbfolge
US-amerikanische Sicht
Betreffend die gesetzliche Erbfolge gilt der Grundsatz der Nachlassspaltung (scission), d.h.
- im Hinblick auf bewegliches Vermögen (movables) ist das Recht des letzten Domizils (domicile) des Erblassers anzuwenden und
- im Hinblick auf das unbewegliches Vermögen (immovables) ist das Belegenheitsrecht (lex rei sitae) anzuwenden.
Ergänzend verweisen wir auf den Beitrag Internationales Erbrecht (IPR) - USA.
Deutsche Sicht
Für Erbfälle ab dem 17.08.2015 bestimmt sich das im Hinblick auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen im Sinne der EuErbVO nach der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Danach kommt es im Grundsatz auf den den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers an. Eine Ausnahme für unbewegliches Vermögen in den USA gibt es - aus der Sicht Deutschlands - nicht mehr. Da aus US-Sicht im Hinblick auf Immobilien in den USA immer US-Erbrecht anzuwenden ist, birgt die Rechtslage die Gefahr unterschiedlicher Rechtsanwendung und des Forum Shopping.
Betreffend Grundvermögen in Deutschland kann es zu einer Rückverweisung und einer Nachlassspaltung kommen.
Eintritt der gesetzlichen Erbfolge
Gibt es kein (wirksames) Testament, wird der Erblasser nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge beerbt, § 2-101 UPC.
Gesetzliches Erbrecht des überlebenden Ehegatten
Der überlebende Ehegatte hat nach dem Erbrecht der USA einen Anspruch auf den gesetzlichen Erbteil. Voraussetzung für das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten ist eine rechtsgültige Ehe. Zum Nachweis ist eine Heiratsurkunde (marriage license) vorzulegen. Endet die Ehe durch Scheidung, gibt es kein gesetzliches Erbrecht. Vor Rechtskraft des Scheidungsurteils bleibt es aber beim gesetzlichen Erbrecht des Ehegatten.
Wir der Erblasser nicht von Abkömmlingen oder Vorfahren überlebt, erbt der überlebende Ehegatte allein, § 2-102 (i) UPC.
Gibt es Abkömmlinge, welche auch Abkömmlinge des überlebenden Ehegatten sind, erbt der Ehegatte allein, § 2-102 (ii) UPC.
Gesetzliches Erbrecht der anderen Erben
Der gesetzliche Erbteil, den nicht der überlebende Ehegatte nach § 2-102 UPC erhält, oder im Fall, dass es keinen Ehegatten gibt, der gesamte Nachlass, geht wie folgt über:
- auf die direkten Abkömmlinge des Erblasser.
- wenn es keine direkten Abkömmlinge gibt, auf den Vater und die Mutter des Erblasser zu gleichen Teilen oder einen überlebenden von ihnen.
- wenn es keine der vorgehenden Personen gibt, auf die Abkömmlinge der Eltern.
- wenn es keine der vorgehenden Personen gibt, wird der Nachlass geteilt, wobei 1/2 den Verwandten väterlicherseits und 1/2 den Verwandten mütterlicherseits in folgender Reihenfolge anfällt: (a)Großvater und Großmutter zu gleichen Teilen oder dem Überlebenden von ihnen. (b) Sind keine Großeltern vorhanden, die Onkel und Tanten und deren Abkömmlinge.(c) Gibt es keine Verwandten der mütterlichen Seite oder der väterlichen Seite, geht der Anteil auf die anderen Seite über, wobei obige Reihenfolge zu beachten ist.
Glossar: Domizil (domicile); Gesamtgut (community property); Heimstätte (homestead); Ausgenommenes Vermögen (exempt property)