Anwendbares Ehegüterrecht
Bis zur Anwendbarkeit der Europäischen Güterverordnung (EuGüVO) bestimmt sich das anwendbare Recht aus Sicht Spaniens nach Art. 9 Ziff. 2 des spanischen Zivilgesetzbuches (Código Civil) - nachfolgend CC . Danach ist das Güterrecht des Staates, dem beide Ehegatten bei Eheschließung angehörten, anzuwenden. Falls die Eheleute keine gemeinsame Staatsangehörigkeit hatten, können sie das Recht der Staatsangehörigkeit eines der Ehegatten oder das Rechts des gewöhnlichen Aufenthaltes eines der Ehegatten vor der Eheschließung und vom Notar wählen. Wenn keine Rechtswahl getroffen wurde, ist das Recht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts bei Eheschließung anzuwenden. Hatten sie keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, ist das Recht am Ort der Eheschließung maßgeblich.
Ist spanisches Recht im Hinblick auf das Güterrecht anzuwenden, ist zu prüfen, ob besonderes Recht einer Gebietseinheit - Foralrecht (Derecho Foral) - anzuwenden ist. Besonderes Güterrecht haben
Deren Recht ist anwendbar, wenn beide Ehegatten die Gebietszugehörigkeit (vecindad civil) dieses Rechtsgebietes haben. Stets anzuwenden ist das gemeine Recht insbesondere in Andalusien, den Kanaren, Murcia und Madrid.
Wahl des Güterstands
Ist spanisches Recht anzuwenden, können die Ehegatten nach Art. 1315 CC einen Güterstand vereinbaren. Als vertragliche Güterstand kommen in Betracht
- der Güterstand der Gütertrennung (régimen de separación de bienes) und der
- der Güterstand der Teilhabe (régimen de participación).
Die Wahl des Güterstands kann vor oder nach der Eheschließung erfolgen (Art. 1326 CC). Sie erfolgt durch Vereinbarung, die der öffentlichen Beurkundung bedarf (Art. 1327 CC). Der Wahlgüterstand ist bei Eintragung der Ehe im Zivilstandsregister dort zu vermerken (Art. 1333 CC).
Güterstand der Teilhabe
Die Eheleute können durch durch Güterstandsvereinbarung den Güterstand der Teilhabe (régimen de participación) wählen. Dieser ist dem deutschen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ähnlich:
Es gibt kein Gesamtgut (bienes comunes), d.h. jedem Ehegatten steht die Verwaltung, Verfügung und Genuss seiner Güter – unabhängig ob diese vorehelich oder während der Ehe erworben wurden –alleine zu (Art. 1412 CC).
Nach Auflösung der Ehe, z.B. durch Tod, ist der Zugewinn auszugleichen (Art. 1427 und 1428 CC). Hierzu ist das Endvermögen vom Anfangsvermögen abzuziehen (Art. 1417 CC). Im Fall der Auflösung durch Tod fällt die Ausgleichsforderung ebenso wie das Vermögen des Erblassers in den Nachlass.
Güterstand der Gütertrennung
Bei der Gütertrennung (separación de bienes) ist das Vermögen der Eheleute getrennt und ihrer eigenen verantwortlichen Verwaltung unterstellt.
Im Erbfall fällt das Vermögen des Erblassers vollständig und ohne Ausgleich in den Nachlass. Die Gütertrennung wird zwischen den Ehegatten vermutet, wenn die Ehegatten einen Ehevertrag abgeschlossen haben und darin ausdrücklich vereinbart wurde, die Zugewinngemeinschaft sei nicht anwendbar, ohne einen bestimmten ehelichen Güterstand gewählt zu haben, Art. 1435 CC.
Gesetzlicher Güterstand: Die Errungenschaftsgemeinschaft
Haben die Eheleute nicht durch Güterstandsvereinbarung etwas anderes bestimmt, gelten gemäß Art. 1316 CC die Regeln der Errungenschaftsgemeinschaft (sociedad de gananciales).
Nach den Regeln der Errungenschaftsgemeinschaft stehen die Gewinne und der Erwerb jedes Ehegatten beiden gemeinschaftlich zu und werden ihnen jeweils zur Hälfte zugeschrieben (Art. 1316 CC). Zum gemeinsamen Vermögen (bienes gananciales oder auch bienes comunes) gehören z.B. die durch Arbeit oder gewerbliche Tätigkeit erworbenen Vermögensgüter (Art. 1347 Ziff. 1 CC), die Früchte, Erträge und Zinsen des gemeinsamen Vermögens und der Vorbehaltsgüter (Art. 1347 Ziff. 2 1. Alt. CC) und ein Unternehmen, welches während des Bestehens der Errungenschaftsgemeinschaft mit Mitteln des gemeinsamen Vermögens gegründet wurde (Art. 1347 Ziff. 5 CC).
Wichtig: Es gilt die Vermutung, dass Vermögensgegenstände der Ehegatten Gesamtgut (bienes comunes) sind (Art. 1361 CC).
Zu den Vorbehaltsgütern (bienes privativos) gehören insbesondere die Vermögensgegenstände, die den Eheleuten bei Beginn der Errungenschaftsgemeinschaft gehören (Art. 1346 Ziff. 1 CC). Aber auch regelmäßig solches Vermögen, welches ein Ehegatte unentgeltlich (von Todes wegen oder Schenkung) erwirbt (Art. 1346 Ziff. 2 CC).
Aktuelle Entscheidung: Das Tribunal Supremo (TS) hat mit Urteil vom 3.3.2021, Aktenzeichen 3983/2019 entschieden, dass die unentgeltliche Einbringung von Vorbehaltsgut durch einen Ehegatten in das eheliche Gesamtgut (bienes comunes) keine spanische Schenkungsteuer auslöst.
Die Eheleute verwalten das gemeinschaftliche Vermögen gemeinsam (Art. 1375 CC). Zur Vornahme entgeltlicher Verfügungen ist (mit Ausnahme von Notmaßnahmen im Sinne von Art. 1386 CC) die Zustimmung beider Ehegatten erforderlich (Art. 1377 Abs. 1 CC). Die Zustimmung kann aber unter Umständen durch das Gericht ersetzt werden (Art. 1377 Abs. 2 CC). Unentgeltliche Verfügungen ohne Zustimmung beider Ehegatten sind nichtig (Art. 1378 CC).
Von Todes wegen (z.B. durch Testament) kann der Ehegatte nur über seine Hälfte am gemeinsamen Vermögen verfügen (Art. 1380 CC).
Glossar: Zivilgesetzbuch (Código Civil)