Anzuwendendes Erbrecht
Sicht von British Columbia
Aus der Sicht eines Gerichtes von British Columbia (BC) ist zur Bestimmung des anwendbaren Erbrechts (Erbstatut) an die Regeln des Wills, Estates and Succession Act (WESA) und die common-law Regeln anzuknüpfen. Diese unterscheiden zwischen dem dem beweglichen und unbeweglichen Nachlass:
- Bewegliches Vermögen (movables): Anzuknüpfen ist an das Recht des letzten Domizils (domicile) des Erblassers.
- Unbeweglich Vermögen (immovables). Anzuknüpfen ist an das Belegenheitsrecht (lex rei sitae), Art. 82 (1) WESA.
Für die Nachlassabwicklung (administration) - siehe dazu unten - gilt abweichend vom Vorgesagten das Recht des Staates, dessen Gerichte für die Bestellung des Nachlassabwicklers (personal representative) zuständig sind.
Zur Vertiefung verweisen wir auf den Beitrag Internationales Erbrecht (IPR) - Britisch Kolumbien.
Deutsche Sicht
Deutsche Gerichte und andere öffentliche Institutionen ermitteln hingegen bei Erbfällen ab dem 17.08.2015 (für Erbfälle vor dem 17.08.2015 und Einzelheiten siehe den Beitrag "Internationales Erbrecht - Deutschland) das anwendbare Erbrecht nach den Regeln der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Danach wenden deutsche Gerichte das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts an. Soweit der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt in BC hatte, ist allerdings im Hinblick auf unbewegliches Vermögen in Deutschland Kraft Rückverweisung deutsches Erbrecht anzuwenden.
Eine Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO zum Recht einer Staatsangehörigkeit ist zulässig.
Ob die Rechtswahl aus Sicht von BC wirksam ist, ist eine andere Frage. Daher kann es bei Rechtswahl im Einzelfall zu Forum Shopping Situationen kommen.
Testamentarische Erbfolge
Die Testamentarische Erbfolge ist in Part IV (Wills) des Wills, Estates and Succession Act (WESA) geregelt. Testierfähig ist, wer 16 oder älter ist und in vollem Besitz seiner Geisteskräfte ist, Art. 36(1) WESA. Ein Testament bedarf der Schriftform, Sec. 37 WESA. Das Testament muss vom Testator oder einer anderen Person in Anwesenheit des Testators auf seine Anweisung unterzeichnet werden, Sec. 37 WESA. Der Testator muss das Testament vor zwei gleichzeitig anwesenden Zeugen errichten oder anerkennen, Sec. 37 WESA. Die Zeugen müssen das Testament in Anwesenheit des Testator unterschreiben, Sec. 37 WESA. Besondere Regeln für die Wirksamkeit der Form nach gelten nach Sec. 80 WESA bei Auslandsbezug. Ergänzend verweisen wir auf den Beitrag Testamentarische Erbfolge nach dem Recht von British Columbia.
Gesetzliche Erbfolge
Die gesetzliche Erfolge ist in Part 3 des WESA geregelt. Der überlebende Ehegatte erhält den gesamten Nachlass, wenn der Erblasser nicht von Kindern oder anderen Abkömmlingen überlebt wird, Sec. 20 WESA.
Wird der Erblasser von Kindern überlebt, erhält der überlebende Ehegatte vorab einen Betrag in Höhe von CAD 300.000, wenn die Kinder alle gemeinsame Kinder sind, bzw. CAD 15.0000,--, wenn nicht alle Kinder gemeinsame Kinder sind, Sec. 21 WESA. Ferner erhält er von dem verbleibenden Nachlass die Hälfte, Sec. 21 WESA. Die Kinder des Erblassers erhalten die andere Hälfte, Sec. 21. WESA.
Wird der Erblasser nur von Kinder, nicht aber einem Ehegatten überlebt, erben die Kinder zu gleichen Teilen. Der Anteil vorverstorbener Kinder geht auf deren Abkömmlinge in Stämmen über.
Mangels Abkömmlingen geht der Nachlass, der nicht an den Ehegatten geht, an die Eltern des Erblassers oder den überlebenden Elternteil.
Lebt kein Elternteil, erben die Abkömmlinge der Eltern (also Geschwister des Erblassers und deren Abkömmlinge).
Verwaltung und Verteilung des Nachlasses
Die Nachlassabwicklung und Verwaltung (administration of estates) ist in Part 6 des WESA und im Trustee Act (TA) geregelt. Mit dem Tod des Erblasser geht dessen Vermögen, welches in den Nachlass (estate) fällt, auf den Nachlassabwickler (executor, adminstrator) über, welcher den Nachlass für die Begünstigten als Treuhänder (trustee) unter Aufsicht des Gerichts verwaltet. Nicht auf den Nachlassabwickler geht hingegen Vermögen über, welches "außerhalb des Nachlasses" übergeht z.B. das über eine joint tenancy, einen living trust oder eine Todesfallbegünstigung (z.B. RRIF oder RRSP). Vertiefenden Informationen finden Sie in unserem Beitrag Das Probate-Nachlassverfahren in British Columbia.
Joint Tenancy im Recht von BC
Das Recht von BC kennt den Übergang von Vermögensgegenständen auf den Tod im Wege der joint tenancy. Nach den common-law Regeln von BC wird vermutet, dass gemeinschaftliche Vermögensgegenstände als joint tenancy gehalten werden. Für Grundvermögen gilt dies aber nicht (Sec. PROPERTY LAW ACT [RSBC 1996] CHAPTER 377). Ergänzend verweisen wir auf den Beitrag Joint Tenancy im kanadischen Recht.
Trusts in BC
Living trusts werden wegen steuerlicher Nachteile in BC nur selten als Mittel der Vermögensnachfolgeplanung verwendet. Testamentarische trusts gibt es hingegen häufiger.
Hinweis: Bei Bezügen zu Deutschland kann ein trust steuerlich ungewollte Wirkungen haben. Hierzu verweisen wir auf unseren Beitrag Besteuerung von common-law trusts in Deutschland.
Erbschaftsteuer und andere Steuern in BC
Neben der in allen kanadischen Provinzen erhobenen CGT (siehe hierzu Beitrag Kanada: Erbschaftsteuer und Steuern auf den Erbfall) erhebt British Columbia auf der Grundlage des Probate Fee Act die sog. "Probate Fee", welche vor Erteilung des Zeugnisses des Nachlassabwicklers (grant) zu zahlen ist. Die Probate Fee wird auf der Grundlage des weltweiten Nachlasses, der im Antrag zur Bestellung als Nachlassabwicklers (Application for Certificate of Appointment of Estate Trustee) unter Wert des Nachlasses (Value of Assets of Estate) angegeben wird, berechnet. Sie beträgt
- CAD 6 für jede CAD 1000 soweit der Wert des Nachlasses CAD 25.000 übersteigt und
- CAD 14 für jede CAD 1000 des Wertes, welcher CAD 50.000 übersteigt.
Steuerliche Pflichten in Deutschland
Bei Bezügen zu Deutschland kann deutsche Erbschaftsteuer anfallen. Hierzu verweisen wir auf den Beitrag Erbschaftssteuer: Steuerpflicht in Deutschland.
Die deutschen Begünstigten sind nach § 30 ErbStG verpflichtet, dem deutschen Erbschafts- und Schenkungssteuer-Finanzamt ihren Erwerb binnen 3 Monaten ab Kenntnis vom Erwerb anzuzeigen. Da nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) der Erwerb nicht etwa erst mit Auskehrung durch des Nachlassabwicklers oder Überweisung des Anteils an der Erbschaft an den Begünstigten erfolgt, hat die Anzeige oftmals vor Zahlung an die Erben zu erfolgen. Da die Abschlusszahlung bei deutsch-kanadischen Erbfällen oftmals erst nach 1 oder 2 Jahren erfolgt, sollte auf eine großzügige Erklärungsfrist hingewirkt werden.
Die Probate Fee ist nach unserer Auffassung nach § 21 ErbStG auf die deutsche Steuer anzurechnen. Hingegen kann die anlässlich des Todes des Erblassers anfallende kanadische Kapitalgewinnsteuer (capital gains tax) nicht g auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet werden; sie ist lediglich, nach dem Umrechnungswert am Todestag, als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig (Urteil des BFH vom 26.4.1995 (II R 13/92) BStBl. 1995 II S. 540).