Anwendbares Erbrecht
Sicht von Florida
Aus der Sicht von Florida ist
- im Hinblick auf bewegliches Vermögen (movables) ist das Recht des letzten Domizils (domicile) des Erblassers anzuwenden und
- im Hinblick auf das unbewegliches Vermögen (immovables) ist das Belegenheitsrecht (lex rei sitae) anzuwenden.
Eine Person hat ihr Domizil in Florida, wenn sie in Florida einen Wohnsitz (residence) hat, welchen sie beabsichtigt als dauerhaftes Heim aufrechtzuerhalten. Hatte der Erblasser kein Domizil in Florida, kann er im Hinblick auf das Vermögen in Florida das Recht von Florida wählen (Florida Statutes § 731.106).
Wichtig: Diese Regeln gelten nicht für andere Formen des Vermögensübergangs von Todes wegen, z.B. über einen Trust, ein Anwachsungsrecht auf den Tod (z.B. joint tenancy), eine Todesfallbegünstigung aus einem Bankvertrag, z.B. POD Account, ein TOD Account, oder einen US-amerikanischen Altersvorsorgeplan, z.B. einem IRA oder 401(k). Aus deutscher Sicht kann ein solcher Vermögensübergang bei Anwendbarkeit deutschen Erbrechts aber einen Pflichtteilsergänzungsanspruch auslösen.
Für die Nachlassabwicklung (administration) - siehe dazu unten - gilt abweichend vom Vorgesagten das Recht des Staates, dessen Gerichte für die Bestellung des Nachlassabwicklers (personal representative) zuständig sind.
Deutsche Sicht
Deutsche Gerichte haben für Erbfälle bis zum 16.08.2015 das Recht der Staatsangehörigkeit des Erblassers angewendet. Nach einer Entscheidung des BGH vom 7. Juli 2004, IV ZR 135/03 sollte allerdings im Hinblick auf die Immobilie eines Deutschen in Florida das Erbrecht von Florida anzuwenden sein. Für Erbfälle ab dem 17.08.2015 ist die Europäische Erbrechtsverordnung (EuErbVO) anzuwenden. Nach Art. 21 EuErbVO kommt es danach im Grundsatz auf das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers an. Allerdings kann es unter Umständen zu einer Rückverweisung kommen.
Hinweis: Eine Ausnahme für Immobilien in Florida ist in der EuErbVO nicht mehr vorgesehen. Dies führt dazu, dass deutsche Gerichte und Gerichte von Florida im Hinblick auf Immobilien in Florida unter Umständen unterschiedliches Recht anwenden. Im Einzelfall kann daher die kluge Auswahl des Gerichtsstands über den Ausgang des Verfahrens entscheiden (sog. Forum Shopping).
Testamentarische Erbfolge
Das Erbrecht von Florida ist vom Grundsatz vom Prinzip der Testierfreiheit bestimmt, d.h. der Erblasser ist im Grundsatz in der Gestaltung seines Testaments frei. Testierfähig ist, wer über 18 Jahre ist oder für Volljährig erklärt wurde und in vollem Besitz seiner Geisteskräfte ist. Testamente sind nach dem Recht von Florida als Zwei-Zeugen-Testaments zu errichten. Ein handschriftliches oder notarielles Testament ohne Zeugen ist unwirksam. Allerdings ist ein Testament, welches nicht ein handschriftliches oder mündliches Testament ist und von einer nicht in Florida dauerhaft wohnhaften (non-resident) Person errichtet wurde, wirksam, sofern es nach dem Recht des Staates oder des Landes, wo es errichtet wurde, wirksam ist. Weitergehende Informationen finden Sie in dem Beitrag Testament in Florida.
Pflichtteil
In den Medien liest man immer wieder, dass es nach dem Recht von Florida keinen Pflichtteil gibt. Das ist - jedenfalls was die Rechte des Ehegatten angeht - nicht richtig. Dieser kann beanspruchen a) den Wahlteil (elective share), b) Unterhalt nach dem Tod, c) Nießbrauch an der Heimstätte (homestead), c) das Vorbehaltsgut (Exempt property). Abkömmlinge des Erblassers treten bei Vorversterben des Ehegatten zum Teil an die Stelle des Ehegatten und können auch ausnahmsweise eigene Rechte neben dem Ehegatten haben. Wegen der Einzelheiten verweisen wir auf unseren Beitrag Pflichtteil und gesetzliche Rechte des Ehegatten in Florida.
Übergangener Ehegatte
Wenn eine Person nach Errichtung eines Testaments heiratet und der Ehegatte den Erblasser überlebt, erhält der "übergangene Ehegatte" (pretermitted spouse) einen Betrag in Höhe des gesetzlichen Erbteils.
Wegen der Einzelheiten verweisen wir auf unseren Beitrag Pflichtteil und gesetzliche Rechte des Ehegatten in Florida.
Gesetzliche Erbfolge
Gibt es kein (wirksames) Testament, wird der Erblasser nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge beerbt. Danach erben neben dem Ehegatten die Abkömmlinge (Kinder und Kindes-Kinder). Gibt es weder Ehegatten noch Abkömmlinge, erben die entfernteren Verwandten. Anders als im deutschen Erbrecht haben die Ur-Großeltern und deren Abkömmlinge kein gesetzliches Erbrecht. Genaueres finden Sie in dem Beitrag Gesetzliche Erbfolge Florida.
Nachlassverfahren
Nach dem Recht von Florida geht der Nachlass (estate) im Grundsatz auf einen Nachlassabwickler (personal representative) über, der (unter Gerichtsaufsicht) den Nachlass sichert, Verbindlichkeiten tilgt, Steuern erklärt und den verbleibenden Nachlass an die Begünstigten verteilt. Weitere Informationen finden Sie in dem Beitrag Probate und Administration - das gerichtliche Nachlassverfahren in Florida.
Trusts
Ein verbreitetes Mittel der Nachlassplanung in Florida ist der lebzeitige Trust (living tust). Das Vermögen, welches zu Lebzeiten des Errichters auf den Trust übertragen wurde, geht auf den Tod des Errichters nach den Regeln des Trust über und muss nicht erst über ein förmliches Nachlassverfahren übertragen werden. Weitere Informationen finden Sie in dem Beitrag Der Living Trust im Erbrecht von Florida.
Erwerb durch Anwachsungsrecht
Zwei oder mehr Personen können einen Vermögensgegenstand in der Art gemeinsam halten, dass beim Tod der Anteil des Erstversterbenden auf den verbleibenden Miteigentümer übergeht (Joint tenancy). Erwerben Ehegatten gemeinsam Grundvermögen in Florida, so entsteht eine Tenancy by the entireties for married couples, wenn nicht ein anderer Wille hervortritt (Fla. Stat. 689.115).
Erbschaftsteuer und Nachlasssteuer
Florida erhebt keine eigene Nachlasssteuer (state estate tax) oder Erbschaftsteuer (state inheritance tax). Allerdings kann natürlich die US-Bundes-Nachlasssteuer (federal estate tax) anfallen. Außerdem kann im deutsch-amerikanischen Erbfall auch deutsche Erbschaftsteuer anfallen. Weitere Informationen hierzu finden Sie in dem Beitrag Die Besteuerung deutsch-amerikanischer Erbfälle nach dem deutsch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommen.