Anwendbarkeit des Rechts der autonomen Gemeinschaft von Andalusien
Die spanische Erbschaftssteuer ist im Ley 29/1987, de 18 de diciembre, del Impuesto sobre Sucesiones y Donaciones geregelt (nachfolgend auch "span. ErbStG") geregelt. Die autonomen Regionen Spaniens können aber zum Teil hiervon abweichende Regelungen treffen. Die autonome Gemeinschaft Andalusien (Comunidad Autónoma de Andalucia) hat durch Kapitel 3 des Decreto Legislativo 1/2009, de 1 de septiembre, por el que se aprueba el Texto Refundido de las disposiciones dictadas por la Comunidad Autónoma de Andalucía en materia de tributos cedidos (nachfolgend auch "andalusisches ErbStG" oder "Gesetz 1/2009") eigene Bestimmungen auf dem Gebiet der Erbschafts- und Schenkungssteuer eingeführt.
Wichtig: Soweit Andalusien keine eigenen Regelungen hat, gelten die Regelungen der spanischen Erbschaftsteuer.
Anwendbarkeit des Rechts von Andalusien
Bis 2015 war allerdings das besondere Recht von Andalusien nur anwendbar, wenn ein "Anknüpfungspunkt" zu Andalusien bestand, was bei Deutschen oft nicht der Fall war. Für Erbfälle nach dem 1.1.2015 kann ein nicht-residenter Erwerber das Recht Andalusiens wählen, wenn
- der Erblasser in Andalusien ansässig (residente) war oder
- wenn der Erblasser nicht in Spanien, aber in einem anderen Staat der EU/EWR ansässig war und sich wertmäßig die Mehrheit des Vermögens in Andalusien befindet.
Zur Vertiefung verweisen wir auf den Beitrag Spanische Erbschaftsteuer: Anwendbarkeit der besonderen Regeln der autonomen Gemeinschaften.
Anwendbarkeit der Bestimmungen des staatlichen spanischen Erbschaftsteuergesetzes
Soweit das Recht Andalusiens anzuwenden ist und Regelungen enthält, geht das andalusische Recht vor. Ergänzend geltend die Regelungen des spanischen Erbschaftssteuergesetzes (siehe hierzu den Beitrag Spanische Erbschaftsteuer - Einführung).
Gleichstellungen
Gemäß Art. 17 des Gesetzes 1/2009 sind gleichgestellt
- die eingetragene Lebenspartnerschaft mit der Ehe,
- das Dauer-Pflegekind mit dem Adoptierten und
- der Voradoptierte (preadopción) dem Adoptierten.
- Diejenigen, welche ein Dauer-Pflegekind aufgenommen oder diejenigen, welche einen Voradoptierten angenommen haben.
Steuerbefreiung für das Familienheim
Abweichend von den staatlichen Regeln wird für den Erwerb der gewöhnlichen Wohnung (vivienda habitual) von Todes wegen eine Steuerbefreiung von 99,99 % (statt 99 %) gewährt, siehe Art. 18 des Gesetzes 1/2009. Voraussetzung für die besondere Steuerbefreiung nach dem Recht Andalusiens ist, dass das Familienheim in den folgenden 10 Jahre nicht veräußert wird, es sei denn der Erlös wird zu 100 % in ein Familienheim reinvestiert.
Steuersätze
Für Erbfälle ab dem 1.1.2012 werden die zwei letzten Progressionsstufen des span. ErbStG wie folgt geändert.
Zu versteuernder Betrag bis EUR | Steuerschuld | Zu versteuernder Betrag bis EUR | Steuersatz in % |
398.777,54 | 80.655,08 | 398.777,54 | 31,75 |
797.555,08 | 207.266,95 | Usw. | 36,50 |
Allgemeiner Freibetrag
Der allgemeine Freibetrag für den Ehegatten und Abkömmlinge für den Erwerb von Todes wegen beträgt für die Steuerklassen I und II EUR 175.000, sofern das vor der Erbschaft vorhandene Vermögen unter EUR 402.678,11 liegt und der steuerpflichtige Erwerb EUR 175.000 nicht übersteigt (Art. 19 des Gesetzes 1/2009).
Hinweis: Überstieg der Wert des steuerpflichtigen Erwerbs EUR 175.000, wurde der Freibetrag von EUR 175.000 nicht gewährt.
Regelungen für Erwerbe in der Zeit vom 02.08.2016 bis Ende 2017
Durch Rechtsverordnung 4/2016 von 26.07.2016 wurden folgende Änderungen eingeführt:
Steuerbefreiung für das Familienheim
Die Haltefrist für die Gewährung der Steuerbefreiung für die gewöhnliche Wohnung (vivienda habitual) nach Art. 18 beträgt nur noch 3 Jahre. Die Steuerbefreiung ist nun nicht mehr pauschal 99,99 %, sondern ergibt sich aus nachfolgender Tabelle:
Nettobetrag des Wertes des Grundvermögens jedes Steuerpflichtigen in EUR | Steuerbefreiung |
Bis 123.000,00 | 100% |
Von 123.000,01 bis 152.000 | 99% |
Von 152.000,01 bis 182.000 | 98% |
Von 182.000,01 bis 212.000 | 97% |
Von 212.000,01 bis 242.000 | 96% |
Mehr als 242.000 | 95% |
Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung ist nun, dass
- der Erblasser die Wohnung selbst als gewöhnliche Wohnung (vivienda habitual) genutzt hat,
- der Erwerber der Ehegatte, ein Vorfahre, ein Nachkomme oder ein Verwandter der Nebenlinie (der älter als 65 Jahre ist und 2 Jahre zusammen mit dem Erblasser die Wohnung bewohnt hat) ist und
- es sich um die Hauptwohnung des Erwerbers zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers handelt.
Allgemeiner Freibetrag
Für Erwerbe ab dem 01.01.2017 beträgt der Freibetrag für Personen der Steuerklasse I und II nach Art. 19 des Gesetzes 1/2009 nun EUR 250.000. Außerdem wir bei einem Wert des Erwerbs zwischen EUR 250.000 und EUR 350.000 eine Reduktion von EUR 200.000 (je Erwerber) gewährt.
Hinweis: Überstieg der Wert des steuerpflichtigen Erwerbs EUR 250.000 bzw. EUR 350.000 wird der Freibetrag nicht gewährt.
Steuerbefreiung des Erwerb eines Behinderten
Bei einem Grad der Behinderung gleich oder höher 33 % ist der Erwerb eines Behinderten zu 100 % steuerbefreit, sofern die Bemessungsgrundlage gleich oder unter EUR 250.000,00 ist; in der Steuerklassen III und IV wird der Freibetrag nur gewährt, wenn das vor der Erbschaft bestehende Vermögen unter EUR 402.678,11 liegt, Art. 19 des Gesetzes 1/2009.
Steuerbefreiung für den Familienbetrieb
Gemäß Art. 21 des Gesetzes 1/2009 wird im Fall des Erwerbs von Todes wegen eine Steuerbefreiung in Höhe von 99 % gewährt. Begünstigt sind
- der Ehegatte,
- die Abkömmlinge und Adoptierte,
- Verwandte in aufsteigender Linie und Adoptiveltern,
- Seitenverwandte - auch angeheiratete - bis zum dritten Grad von mehr als 65 Jahren sowie
- diejenigen, die nicht Verwandte sind, aber in einem Arbeits- oder Berufsbeziehung mit dem Betrieb des Erblassers standen, welche länger als 10 Jahre bestand oder die 5 Jahre vor dem Tod eine Leitungs- oder Führungsfunktion hatten.
Die Haltezeit beträgt 5 Jahre.
Weitere Vergünstigungen für Erwerbe ab 2018
Durch Haushaltsgesetz von Andalusien für das Jahr 2018 (Ley del Presupuesto de la Comunidad Autónoma de Andalucía para 2018) wurde am 15.12.2017 im offiziellen Anzeiger von Andalusien (BOJA) veröffentlicht; darin sind auch Änderungen der Regeln über die abgetretenen und eigenen Steuern enthalten. Für den Bereich der Erbschaftsteuer und Schenkungssteuer sind dies unter anderem folgende Änderungen:
Allgemeiner Freibetrag
Der neue Freibetrag in Höhe von EUR 1 Mio. (Art. 19 des Gesetzes 1/2009) wird nur gewährt, wenn der Steuerpflichtige ein Erwerber in der Steuerklasse I (Abkömmling (Kind oder Kindeskind) unter 21 Jahren Adoptivkinder unter 21 Jahren) und II (Kinder, Ehegatte, Eltern) ist. Außerdem muss der Wert seines Vorvermögens gleich oder niedriger als EUR 1 Mio. sein. Dies ist ein starrer Schwellenwert, d.h. bei Überschreiten des Wertes wird der Freibetrag nicht gewährt.
Beispiel: Sohn S erwirbt von seinem Vater EUR 1 Mio. von Todes wegen (z.B. durch Vermächtnis). Zu diesem Zeitpunkt hat er bereits selbst Vermögenswerts (z.B. eine Immobilie) mit einem Wert von EUR 1.5 Mio. Weil der Wert seines "Vorvermögens" Betrag von EUR 1 Mio. übersteigt, ist der gesamte Erwerb des S steuerpflichtig. Hätte er hingegen nur ein Vorvermögen von EUR 900.000 gehabt, hätte er keine Steuern zahlen müssen.
Steuerbefreiung des Erwerbs eines Behinderten
Der Erwerb einer Person mit einem Grad der Behinderung gleich oder höher 33 % ist nach Art. 20 des Gesetzes 1/2009 zu 100 % steuerbefreit, sofern:
- im Fall des Erwerbs in den Steuerklassen I und II die Bemessungsgrundlage gleich oder unter EUR 1.000.000 ist; die Steuerbefreiung und andere Steuerbefreiungen zusammen können nicht höher als 1.000.000 sein. Die Steuerbefreiung wird unabhängig vom Wert des Vorvermögens gewährt.
- im Fall des Erwerbs in der Steuerklasse III und IV die Bemessungsgrundlage gleich oder unter EUR 250.000,00 ist; die Steuerbefreiung und andere Steuerbefreiungen können nicht zusammen höher als EUR 250.000 sein. Die Steuerbefreiung wird nur gewährt, wenn der Wert des Vorvermögens unter EUR 1.000.000 ist.
Neue Vergünstigungen für Erwerbe ab 09.04.2019
Mit Decreto-ley 1/2019, vom 9. April über die Änderung der vom Zentralstaat abgetretenen Steuern, veröffentlicht im BOJA núm. Ext 8 de 11 de Abril de 2019 wurde bei der Erbschaftsteuer und Schenkungssteuer für Erwerber der Steuerklassen I und II (Ehegatte, Abkömmlinge, Vorfahren) ein Abzug von der Steuerschuld (bonificación) in Höhe von 99 % eingeführt. Die Regelung ist am 11. April 2019 in Kraft getreten und gilt für den Erwerb von Todes wegen ab diesem Datum. Die Regelung gilt auch für 2020, 2021, 2022 und 2023.
Neue Vergünstigungen für Erwerbe ab 01.01.2022
Das Ley 5/2021 de 20 octubre, de Tributos Cedidos de la Comunidad Autónoma de Andalucía enthält für den Bereich der Erbschaftsteuer einige Neuerungen:
Allgemeiner Freibetrag
Der allgemeine Freibetrag beträgt nun EUR 1.000.000 für alle Erwerber der Gruppen I und II (unabhängig vom Vorvermögen). Darüber hinaus wird der Freibetrag für Erwerber der Gruppe III auf EUR 10.000 erhöht (bisher EUR 7.999,46).
Steuersatz und Multiplikator-Koeffizienten
Der Steuersatz wird geändert, wodurch die Steuer in allen Stufen gesenkt wird. Der Mindeststeuersatz beträgt nun 7 % (bisher 7,65 %) und der Höchststeuersatz nun 26 % (bisher 36,50 %).
Eine neue Regelung der Multiplikator-Koeffizienten ist enthalten. Insbesondere werden zwar die Koeffizienten für den Verwandtschaftsgrad beibehalten (1,00 für die Gruppen I und II, 1,5 für die Gruppe III und 1,9 für die Gruppe IV), aber die Koeffizienten für das bereits vorhandene Vermögen werden geändert.
Steuerbefreiung für den Erwerb der gewöhnlichen Wohnung
Die prozentuale Ermäßigung für den Hauptwohnsitz wird auf 99 % festgesetzt, unabhängig von dessen Wert. Bisher war die Ermäßigung von einer Skala mit verschiedenen Ermäßigungsprozentsätzen abhängig, die von 100 % (wenn der tatsächliche Nettowert der Immobilie unter 123.000 Euro lag) bis zu 95 % (wenn der Wert über EUR 242.000 lag) reichte.
Steuerbefreiung von Einzelunternehmen, Gewerbebetrieben und Anteilen an Körperschaften
Für die Anwendung der Ermäßigung für ein Familienunternehmen muss ein Mindestprozentsatz der Beteiligung einzeln oder gemeinsam (im Familienverbund) erreicht werden. Bei der Berechnung des Prozentsatzes der Familiengruppe können nun auch Personen bis zum sechsten Grad (bisher: bis zum dritten Grad) berücksichtigt werden.
Erfordernis der Haupteinkommensquelle: Das Erfordernis, dass die Tätigkeit die Haupteinkommensquelle bei Freiberuflern und Einzelunternehmern sein muss, wird gestrichen, um Situationen des Ruhestands oder der Erwerbsunfähigkeit zum Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen Rechnung zu tragen.
Das Erfordernis, dass die Vergütung für Leitungsfunktionen bei Beteiligungen an Unternehmen mindestens 50 % der gesamten Einkünfte aus geschäftlicher, beruflicher und persönlicher Tätigkeit ausmachen muss, entfällt. Es reicht nun aus, dass der Erblasser oder eine der Personen in der Verwandtschaftsgruppe (unabhängig davon, ob sie an dem Unternehmen beteiligt sind oder nicht) eine Vergütung für die Ausübung dieser Funktionen erhält.
Die Ermäßigung betrifft auch Barmittel und Vermögenswerte, die eine Beteiligung am Eigenkapital von Unternehmen darstellen, und die Übertragung von Kapital an Dritte anwendbar ist, die den nicht ausgeschütteten Gewinnen entsprechen, die das Unternehmen sowohl im Geschäftsjahr selbst als auch in den zehn vorangegangenen Geschäftsjahren erzielt hat, sofern diese Gewinne aus der Ausübung von Wirtschaftstätigkeiten stammen. Die Unterhaltsfrist für geerbtes oder geschenktes Vermögen wird unabhängig von der Beziehung zwischen Veräußerer und Erwerber auf drei Jahre verkürzt, wobei sich die Unterhaltspflicht auf das erworbene Vermögen und nicht nur auf den Anschaffungswert beziehen muss. Außerdem entfällt die Voraussetzung, dass das erworbene Vermögen von der Vermögensteuer befreit sein muss.
Besonderer Freibetrag der Behinderten
Die Ermäßigung für Erwerber mit Behinderungen betragt nun:
- EUR 250.000, wenn der Invaliditätsgrad mindestens 33 % und weniger als 65 % beträgt;
- EUR 500.000, wenn der Invaliditätsgrad 65 % oder mehr beträgt.
Diese verbesserte Ermäßigung gilt für den Steuerpflichtigen unabhängig von seiner Verwandtschaft mit dem Verstorbenen und ohne Diskriminierung aufgrund von bereits vorhandenem Vermögen.
Darüber hinaus wird diese Ermäßigung zusätzlich zum allgemeinen Freibetrag gewährt, wobei die Ermäßigung je nach Fall insgesamt bis zu EUR 1.500.000 betragen kann.
Gemeindliche Wertzuwachssteuer
Wenn eine Immobilie in Spanien von Todes wegen übergeht, kann außerdem gemeindliche Wertzuwachssteuer (Plusvalía) anfallen.
Deutsche Erbschaftssteuer
Steuerpflicht
Bei Bezügen zu Deutschland kann deutsche Erbschaftsteuer anfallen. Hierzu verweisen wir auf den Beitrag Erbschaftssteuer: Unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland.
Pflicht zur Anzeige des Erwerbs und Erbschaftsteuererklärung
Die deutschen Erben und Vermächtnisnehmer sind nach § 30 ErbStG verpflichtet, dem deutschen Erbschaftsfinanzamt ihren Erwerb binnen 3 Monaten ab Kenntnis vom Erwerb anzuzeigen (siehe hierzu auch den Beitrag Erwerbsanzeige nach § 30 Erbschafts- und Schenkungsteuergesetz im Erbfall). Zu beachten ist dabei, dass der steuerliche Erwerb (§ 9 ErbStG) nicht etwa erst dann eintritt, wenn man über den Nachlass verfügen kann. Kommt das Erbschaftssteuerfinanzamt zu der Einschätzung, dass die Erhebung von Erbschaftsteuer in Betracht kommt, gibt sie dem Erwerber (Erben, Vermächtnisnehmer) die Erklärung der Erbschaftsteuer binnen einer Frist von mindestens 1 Monat auf. Die Frist kann auf Antrag verlängert werden.
Die Anwälte unserer Partner-Kanzlei WF Frank & Partner helfen Ihnen gerne bei der Erklärung der Erbschaftsteuer und stellen auch sicher, dass die spanische bzw. andalusische Erbschaftsteuer auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet wird soweit dies zulässig ist (siehe hierzu auch den Beitrag Anrechnung spanischen Erbschaftsteuer in Deutschland).