Erbvertrag: Aufhebung, Änderung und Rücktritt

Aufhebung durch Vertrag

Ein Erbvertrag sowie eine einzelne vertragsmäßige Verfügung kann durch Vertrag von den Personen aufgehoben werden, die den Erbvertrag geschlossen haben (§ 2290 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach dem Tode einer dieser Personen kann die Aufhebung nicht mehr erfolgen (§ 2290 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Zustimmung eines bedachten Dritten ist nicht erforderlich, da dieser vor dem Erbfall kein Recht, nicht einmal eine Anwartschaft, sondern nur eine tatsächliche Aussicht hat. Der Erblasser kann den Vertrag nur persönlich schließen (§ 2290 Abs. 2 BGB). Ist für den anderen Teil ein Betreuer bestellt und wird die Aufhebung vom Aufgabenkreis des Betreuers erfasst, ist die Genehmigung des Betreuungsgerichts erforderlich (§ 2290 Abs. 3 BGB). Der Aufhebungsvertrag bedarf der gleichen Form wie der Erbvertrag (§ 2290 Abs. 4 BGB), also der notariellen Beurkundung bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile (§ 2276 BGB).

Aufhebung durch Einzeltestament

Eine vertragsmäßige Verfügung, durch die ein Vermächtnis oder eine Auflage angeordnet sowie eine Rechtswahl getroffen ist, kann von dem Erblasser durch Testament aufgehoben werden. Zur Wirksamkeit der Aufhebung ist die Zustimmung des anderen Vertragschließenden erforderlich; die Vorschrift des § 2290 Abs. 3 findet Anwendung. Die Zustimmungserklärung bedarf der notariellen Beurkundung; die Zustimmung ist unwiderruflich (§ 2291 BGB).

Aufhebung durch gemeinschaftliches Testament

Ein zwischen Ehegatten oder Lebenspartnern geschlossener Erbvertrag kann auch durch ein gemeinschaftliches Testament der Ehegatten oder Lebenspartner aufgehoben werden; die Vorschrift des § 2290 Abs. 3 findet Anwendung (§ 2292 BGB).

Aufhebung des gesamten Erbvertrags oder einzelner Verfügungen

Der Aufhebungsvertrag nach § 2290 BGB kann sich auf den gesamten Erbvertrag beziehen. Auch eine im Erbvertrag enthaltene einseitige Verfügung tritt dadurch außer Kraft, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist (§ 2299 Abs. 3 BGB). Möglich ist aber auch die vertragliche Aufhebung einzelner vertragsmäßiger Verfügungen (vgl. § 2290 BGB).

Einseitige Verfügungen, die im Erbvertrag enthalten sind, können wie eine letztwillige Verfügung in einem Testament einseitig widerrufen werden. Durch Vertrag können sie nur zusammen mit einer vertragsmäßigen Verfügung aufgehoben werden (§ 2299 Abs. 2 Satz 2 BGB).

Änderung und Ergänzung des Erbvertrags durch Vereinbarung der ursprünglichen Vertragspartner

Im Falle der Änderung einer vertragsmäßigen Verfügung wird diese in ihrem Bestand nicht berührt, aber inhaltlich abgeändert. Dies ist z. B. der Fall bei der nachträglichen Beschwerung des vertragsmäßig eingesetzten Erben mit einem Vermächtnis oder der Beschränkung des Erben durch die Einsetzung eines Nacherben oder durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung. Umstritten ist, ob eine vertragsmäßige Verfügung durch Vereinbarung der Vertragspartner des ursprünglichen Erbvertrags abgeändert werden kann.

Änderungsvorbehalt

Dem Erblasser kann in einem Erbvertrag das Recht vorbehalten werden, die Rechte vertragsmäßig Bedachter in gewissem Umfang durch nachträgliche letztwillige Verfügung zu beeinträchtigen und sie etwa mit bestimmten Vermächtnissen (zusätzlich) zu beschweren oder mit zu beschweren (Änderungsvorbehalt). Die Änderung kann vorbehalten werden für den Fall, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt oder ein Zeitpunkt erreicht wird (bedingter Änderungsvorbehalt). Er kann sich auf das gesamte Vermögen oder bestimmte Vermögensgegenstände beziehen (beschränkter Änderungsvorbehalt). Die Ausübung des Änderungsvorbehalts erfolgt durch Verfügung von Todes wegen und bedarf daher nicht der Form des Rücktritts vom Erbvertrag.

Rücktrittsvorbehalt

Der Erblasser kann von dem Erbvertrag zurücktreten, wenn er sich den Rücktritt im Vertrag vorbehalten hat (§ 2296 BGB). (Der Rücktritt kann nicht durch einen Vertreter erfolgen.

Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Vertragschließenden. Die Erklärung bedarf der notariellen Beurkundung (§ 2296 BGB).

Weitere Möglichkeiten der Lösung von einem Erbvertrag

Daneben kann die vertragliche Bindung unter den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen auch beseitigt werden durch Anfechtung des Erbvertrags (§§ 2281 ff. BGB) und Aufhebung des Erbvertrags durch Rücknahme aus der Verwahrung (§ 2300 BGB).

Widerruf und Aufhebung eines Erbvertrags im internationalen Erbrecht

Gemäß Art. 27 Abs. 1 und 2 EuErbVO ist ein Widerruf oder eine Änderung eines Erbvertrags hinsichtlich ihrer Form wirksam, wenn der Widerruf/die Änderung:

a) dem Recht des Staates entspricht, in dem die Verfügung errichtet oder der Erbvertrag geschlossen wurde,

b) dem Recht eines Staates entspricht, dem der Erblasser oder mindestens eine der Personen, deren Rechtsnachfolge von Todes wegen durch einen Erbvertrag betroffen ist, entweder im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung bzw. des Abschlusses des Erbvertrags oder im Zeitpunkt des Todes angehörte,

c) dem Recht eines Staates entspricht, in dem der Erblasser oder mindestens eine der Personen, deren Rechtsnachfolge von Todes wegen durch einen Erbvertrag betroffen ist, entweder im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung oder des Abschlusses des Erbvertrags oder im Zeitpunkt des Todes den Wohnsitz hatte,

d) dem Recht des Staates entspricht, in dem der Erblasser oder mindestens eine der Personen, deren Rechtsnachfolge von Todes wegen durch einen Erbvertrag betroffen ist, entweder im Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung oder des Abschlusses des Erbvertrags oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder

e) dem Recht des Staates entspricht, in dem sich unbewegliches Vermögen befindet, soweit es sich um dieses handelt.

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