Gesetzliche Erbfolge im US-Bundesstaat New York

Als Anwalt mit Zulassung in New York mit Spezialisierung auf deutsch-amerikanische Erbfälle werde ich immer wieder gefragt, wer erbt, wenn es kein Testament gibt. Der Aufsatz zeigt die Grundzüge der gesetzlichen Erbfolge nach dem Recht von New York auf.

Anwendbares Erbrecht

Sicht von New York

Betreffend die gesetzliche Erbfolge gilt der Grundsatz der Nachlassspaltung (scission), d.h.

Ergänzend verweisen wir auf den Beitrag Internationales Erbrecht (IPR) - USA.

Deutsche Sicht

Aus deutscher Sicht bestimmt sich das anwendbare Erbrecht nach der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Danach bestimmt sich das im Hinblick auf die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen anwendbare Recht im Grundsatz mangels Rechtswahl nach dem gewöhnlicher Aufenthalt des Erblassers zur Zeit des Erbfalls. Eine Ausnahme für unbewegliches Vermögen in den USA gibt es - aus der Sicht Deutschlands - nicht mehr.

Da aus US-Sicht im Hinblick auf Immobilien in den USA immer US-Erbrecht anzuwenden ist, birgt die Rechtslage die Gefahr unterschiedlicher Rechtsanwendung und des Forum Shopping.

Betreffend Grundvermögen in Deutschland kann es zu einer Rückverweisung und einer Nachlassspaltung kommen.

Rechtsgrundlagen

Die gesetzliche Erbfolge (intestate succession) des Staates New York ist im Estates, Powers and Trusts Law (EPTL), dort Article 4 Part I, geregelt. 

Eintritt der gesetzlichen Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge tritt nach dem Recht von New York ein, soweit keine (wirksamen) testamentarischen Verfügungen getroffen wurden (EPTL § 4-1.1). 

Gesetzliche Erben

Hinterlässt der Erblasser einen Ehegatten und Abkömmlinge, erhält der Ehegatte vorab 50.000 $ und die Hälfte des danach noch vorhandenen Nachlasses. Den Rest erhalten die Abkömmlinge nach Stämmen, wobei ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge von der Erbfolge ausschließt.

Hinterlässt der Erblasser nur seinen Ehegatten und keine Abkömmlinge, erhält der Ehegatte alles.

Hinterlässt der Erblasser nur Abkömmlinge, erhalten diese alles (nach Stämmen).

Hinterlässt der Erblasser weder einen Ehegatten noch Abkömmlinge, aber Eltern, erben die Eltern alles. Lebt nur noch ein Elternteil, erbt dieses.

Hinterlässt der Erblasser weder einen Ehegatten noch Abkömmlinge oder Eltern, gibt es aber Abkömmlinge der Eltern (Geschwister des Erblassers und deren Abkömmlinge), erben diese nach Stämmen.

Hinterlässt der Erblasser weder einen Ehegatten noch Abkömmlinge, Eltern oder Abkömmlinge der Eltern, erben die Großeltern. Dabei erhält jedes Großelternpaar grundsätzlich die Hälfte des Nachlasses. Lebt von einem Großelternpaar nur noch einer, erhält dieser den gesamten auf dieses Großelternpaar (also väterlicher- oder mütterlicherseits) entfallenden Nachlass. Sind von dem einen Großelternpaar bereits beide vorverstorben, erben deren Abkömmlinge nach Stämmen - aber nur bis zu deren Enkeln! - Weiter entfernte Abkömmlinge werden nicht berücksichtigt. Sind von einem Großelternpaar beide vorverstorben und haben sie auch keine lebenden Abkömmlinge im Sinne dieses Gesetzes hinterlassen, geht die auf sie entfallende Nachlasshälfte an das andere Großelternpaar bzw. deren Abkömmlinge.

Ist danach noch immer kein Begünstigter gefunden, erben die Urenkel der Großeltern des Erblassers. Dabei geht zunächst wieder die Hälfte des Nachlasses an die Urenkel des einen Großelternpaares, zwischen diesen verteilt nach Köpfen, die andere Hälfte an die Urenkel des anderen Großelternpaares, zwischen diesen wieder verteilt nach Köpfen. Gibt es von dem einen Großelternpaar keine noch lebenden Urenkel, erben die des anderen Großelternpaares alles (nach Köpfen). Adoptivkinder stehen leiblichen Kindern gleich. Wer als zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers zwar noch nicht geboren, aber bereits gezeugt ist, und später lebend zur Welt kommt, wird als zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers lebend behandelt (EPTL § 4-1.1). 

Nichteheliche Kinder

Ein nichteheliches Kind hat nach der Mutter immer ein gesetzliches Erbrecht (EPTL § 4-1.1 (a) (1)).

Nach dem Vater hat ein nichteheliches Kind gemäß EPTL § 4-1.1 (a) (2) unter folgenden Voraussetzungen ein Erbrecht: 

  1. ein zuständiges Gericht hat während der Lebenszeit die Vaterschaft festgestellt oder die Eltern haben die Kindschaft nach 4135 b des Public Health law anerkannt und registriert
  2. der Vater des Kindes hat die Vaterschaft in einem schriftlichen Dokument anerkannt und bestimmt Formalien eingehalten wurden.
  3. die Vaterschaft wurde durch klare und überzeugende Beweise nachgewiesen und der Vater des Kindes hat offen und beständig das Kind als eigenes anerkannt.
  4. ein genetischer Test beweist die Abstammung und die Abstammung ist auch sonst offenkundig.

Das Bestehen einer Vereinbarung über die Unterhaltszahlung ist nicht ausreichend.

Vorversterben

Bei Vorversterben tritt treten die Abkömmlinge nach den Regeln der Repräsentation an dessen Stelle, EPTL § 1-2.16

Nachlassverfahren bei gesetzlicher Erbfolge

Im Erbfall erteilt das zuständige Nachlassgericht (probate court) der berechtigtem Person ein Zeugnis über das Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Nachlassabwickler (administrator) zu erteilen.  Ergänzend wird auf den Beitrag Probate and Administration - das Verfahren zur Abwicklung eines Nachlasses im US-Bundesstaat New York verwiesen. 

Glossar: Domizil (domicile)Heimstätte (homestead)Ausgenommenes Vermögen (exempt property); Gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne der EuErbVO

 

 

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