Keine kanadische Erbschaftsteuer oder Nachlasssteuer
Der Staat Kanada erhebt seit 1972 keine Erbschaftssteuer mehr. Allerdings erheben einige Provinzen im Zusammenhang mit dem Übergang von Todes wegen Steuern. So erheben einige Provinzen im Zusammenhang mit der Nachlassabwicklung Steuern. So erhebt z.B. Ontario die sog. Estate Administration Tax und British Columbia die sog. Probate Fee.
Kanadische Einkommensteuer auf Gewinne aus fingierter Veräußerung
Rechtsgrundlage
Nach Sec. 38 des kanadischen Einkommensteuergesetzes (Income Tax Act, kurz ITA) unterliegt der Gewinn aus jeglicher Veräußerung von Vermögenswerten, z.B. Wertpapieren (Aktien, Schuldverschreibungen), Grundvermögen oder Edelmetallen der kanadischen Einkommensteuer.
Auf den Tod einer Person wird die Veräußerung unmittelbar vor dem Tod fingiert (Sec. 70. (5) (a) ITA).
Steuerpflicht und Umfang der Steuerpflicht
Der Umfang der Steuerpflicht ist davon abhängig, ob eine Person in Kanada ansässig (resident) ist oder nicht (non resident).
Nach dem kanadischen Einkommensteuergesetz wird angenommen, dass eine Person in Kanada ansässig ist, wenn sie mindestens 183 Tage im Steuerjahr in Kanada lebt. Nicht-ansässig (non-resident) ist, wer gewöhnlich und ständig in einem anderen Staat lebt oder zwar eine Wohnstätte in Kanada hat, diese aber keine engen Beziehungen zu Kanada begründet.
War der Erblasser in Kanada ansässig (resident), ist sein Welteinkommen steuerbar, also (im Grundsatz) das gesamte Vermögen des Erblassers zur Zeit des Todes (unbeschränkte Steuerpflicht).
War der Erblasser nicht in Kanada ansässig (non-resident), wird nicht das gesamte Vermögen der kanadischen Einkommensteuer unterworfen, sondern nur das Inlandsvermögen (beschränkte Steuerpflicht). Nach Sec. 115 ITA gehören z.B. folgende Gegenstände zum Inlandsvermögen:
- Grundstücke in Kanada;
- Beteiligungen an einer Personengesellschaft, wenn innerhalb der 12 Monate vor dem Tod mindestens 50 % des Gesellschaftsvermögens aus kanadischem Vermögen bestand;
- Kanadisches Betriebsvermögen;
- Anteile an einer kanadischen Kapitalgesellschaft, die nicht eine Aktiengesellschaft ist (private corporation) oder Anteile an einer kanadischen Aktiengesellschaft (public corporation), wenn die Beteiligung in den letzten 5 Jahren vor dem Tod mindestens 25 % betragen hat;
- Beteiligungen an einem Trust mit Sitz in Kanada.
Nicht zum Inlandsvermögen gehören hingegen Forderungen gegen kanadische Schuldner und Guthaben bei kanadischen Banken.
Ermittlung des steuerpflichtigen Gewinns
Der steuerbare Gewinn (capital gain) wird durch Vergleich von Anschaffungspreis und Marktwert (fair market value) per Todestag ermittelt. Hohe Gewinne ergeben sich oft daraus, dass diese zuvor von der Besteuerung ausgenommen waren, z.B. bei einem RRSP bzw. RRIF. Von dem Gewinn werden 50 % der Besteuerung unterworfen (Sec. 20 ITA).
Steuerbefreiungen
Von der Besteuerung befreit ist
- der Übergang von Todes wegen auf den in Kanada ansässigen Ehegatten und
- der private Hauptwohnsitz des Erblassers.
Freibetrag
Einen allgemeinen persönlichen Freibetrag gibt es nicht.
Für Sterbefälle seit dem 18. März 2007 kann ein lebenslanger Freibetrag (lifetime capital gains deduction) in Höhe von $ 400.000 = 1/2 von $ 800.000) für folgende Vermögensgegenstände in Anspruch genommen werden:
- Anteile an einem qualifizierten kleinen Geschäftsbetrieb (qualified small business corporation, kurz SBC);
- Farmvermögen (qualified farm property);
- Fischereigelände (qualified fishing property).
Steuersatz
Einen besonderen Steuersatz für (fingierte) Veräußerungsgewinne gibt es nicht. Daher kommen die allgemeinen Steuersätze der kanadischen Einkommensteuer zur Anwendung (2020: bis zu 33 %). Hinzu kommen die Zuschläge der Provinzen hierauf.
Besteuerung der Einkünfte des Erblassers im Sterbejahr
Die Einkünfte des Erblassers (z.B. Renten) im Sterbejahr können ebenfalls besteuert werden. Insoweit gelten die allgemeinen Regeln zur Besteuerung von Einkünften in Kanada.
Besteuerung der Einkünfte des Nachlasses
Einkünfte, die nach dem Tod des Erblassers dem Nachlass zufließen (z.B. Dividenden, Zinsen oder Gewinne seit Todestag), sind durch diesen zu versteuern.
Erklärung der Einkommensteuer im Erbfall
Die Steuer ist vom Nachlassabwickler (estate trustee, executor) mittels des Steuerformulars T1 (Income Tax and Benefit Return) zu erklären und abzuführen. Die Steuererklärung ist abzugeben
- wenn der Tod in die Zeit vom 1. Januar bis 31. Oktober fällt: Am 30. April des Folgejahres und
- wenn der Tod in die Zeit vom 1. November bis 31. Dezember fällt: 6 Monate seit Todestag.
Der Nachlassabwickler soll auch die Einkünfte im Todesjahrs erklären (final return) mittels des Steuerformulars T1 erklären.
Die Einkünfte, die nach dem Todestag dem Nachlass zufließen, sind hingegen mittels des Steuerformulars T3 (Trust Income Tax and Information Return) zu erklären.
Wichtig: Nach Sec. 104(6)(b) kann ein Nachlass von seinen Einkünften abzuziehen, was an einen Begünstigten gezahlt wurde oder zahlbar ist. Der Begünstigte muss in diesem Fall allerdings selbst die Einkünfte erklären. Im Hinblick auf das deutsch-kanadische Doppelbesteuerungsabkommen kann der Betrag aber geringer sein als die Steuer, die auf der Ebene des Nachlasses anfallen würde.
Deutsche Erbschaftsteuer
Zwischen Deutschland und Kanada gibt es kein Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechts und die Bundesrepublik Deutschland erhebt im Fall der unbeschränkten Steuerpflicht auch auf den Nachlass in Kanada deutsche Erbschaftsteuer. Hierzu verweisen wir auf den Beitrag Erbschaftssteuer: unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland.
Die anlässlich des Todes des Erblassers anfallende kanadische Kapitalgewinnsteuer (capital gains tax on deemed disposition on death) nicht auf die deutsche Erbschaftsteuer nach § 21 ErbStG angerechnet werden; sie ist lediglich, nach dem Umrechnungswert am Todestag, als Nachlassverbindlichkeit im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG abzugsfähig (Urteil des BFH vom 26.4.1995 (II R 13/92) BStBl. 1995 II S. 540).
Wurde mittels eines kanadischen Trusts verfügt, können sich zahlreiche steuerliche Fragen ergeben. Hierzu verweisen wir auf unseren Beitrag Besteuerung von common-law trusts in Deutschland.