Annahme und Ausschlagung der Erbschaft des Minderjährigen
Das minderjährige Kind kann die Annahme der Erbschaft nicht selbst erklären, da die Annahme für ihn nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist (er verliert das Recht die Erbschaft auszuschlagen).
Vertretungsberechtigte Eltern des minderjährigen Erben brauchen für die Erbschaftsannahme keine Genehmigung des Vormundschafts- oder Familiengerichts.
Ist ein Elternteil neben einem minderjährigen Kind zum Erben berufen, kann er für sich und die Kinder zugleich die Annahme der Erbschaft erklären.
Die gesetzlichen Vertreter des minderjährigen Erben brauchen für die Ausschlagung der Erbschaft die Einwilligung eine familiengerichtliche Genehmigung, § 1643 Abs. 2 S. 1, § 1822 Nr. 2 BGB.
Ausnahmsweise bedarf die Ausschlagung keiner Genehmigung, wenn das Kind erst infolge der Ausschlagung eines Elternteils als Erbe nachrückt, § 1643 Abs. 2 S. 2 BGB. Dies gilt aber dann nicht, wenn das Kind neben einem Elternteil berufen war, § 1643 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BGB. Ferner dann nicht, wenn ein Elternteil nach Ausschlagung des durch letztwillige Verfügung berufenen Kindes gesetzlicher Erbe wird (OLG Frankfurt NJW 55, 466) oder die Ausschlagung nicht einheitlich für mehrere als Erben berufene Kinder erfolgt (selektive Ausschlagung, KG-NJW-RR 12, 976).
Elterliche Vermögenssorge für das minderjährige Kind
Person des Vermögenssorgeberechtigten
Gemäß § 1626 BGB haben die Eltern die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).
Haben zwei Eltern das Recht zur Vermögenssorge, so verwalten sie das Vermögen des Kindes gemeinschaftlich. Sie können aber vereinbaren, dass ein Elternteil die notwendigen Entscheidungen trifft. Dies kann – formfrei – zwischen den Eltern auch vereinbart werden.
Verstirbt ein sorgeberechtigter Ehegatte, sind folgende Situationen zu unterscheiden:
- Stand die elterliche Sorge den Eltern gemeinsam zu, so steht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu (§ 1680 BGB).
- Stand dem verstorbenen Elternteil alleine zu, so hat das Familiengericht die elterliche Sorge dem überlebenden Elternteil zu übertragen, wenn dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
Vermögensverwaltung
Die Eltern haben das ihrer Verwaltung unterliegende Geld des Kindes nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereitzuhalten ist (§ 1642 BGB).
Bargeld ist gewinnbringend anzulegen, wobei die Sorgeberechtigten eine Form der Vermögensanlage wählen müssen, die ein wirtschaftlich denkender Privatmann als günstige und sichere Anlage ansieht. Somit sind Rentabilität, Sicherheit und Liquidität zu berücksichtigen. Bei größerem Vermögen ist auf eine ausgewogene Streuung zu achten.
Einer allgemeinen Genehmigungspflicht unterliegt die Geldanlage nicht (BayOblG BJW-RR 1999, 1236). Einige Geschäfte bedürfen allerdings nach § 1643 BGB i. V. m. §§ 1821, 1822 BGB der Genehmigung des Familiengerichts.
Ein Insichgeschäft im Sinne von § 181 BGB ist den Sorgeberechtigten verboten. Ferner ist das Sorgerecht gemäß § 1629 Abs. 2 Satz 1 BGB in den Fällen des § 1795 BGB ausgeschlossen.
Verwendung der Einkünfte des Vermögens des Kindes
Die Einkünfte des Kindesvermögens, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Vermögens nicht benötigt werden, sind für den Unterhalt des Kindes zu verwenden (§ 1649 Abs. 1 BGB). Die Eltern können aber die Einkünfte des Vermögens, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Vermögens und für den Unterhalt des Kindes nicht benötigt werden, für ihren eigenen Unterhalt und für den Unterhalt der minderjährigen Geschwister des Kindes verwenden, soweit dies unter Berücksichtigung der Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Beteiligten der Billigkeit entspricht (§ 1649 Abs. 2 BGB).
Anordnungen des Familiengerichts zur Sicherung des Vermögens des Kindes
Wird das Vermögen des Kindes gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind (§ 1666 Abs. 1 BGB). In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt (§ 1666 Abs. 2 BGB).
Da Familiengericht kann nach § 35 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) Zwangsmittel, z.B. in Form eines Zwangsgeldes, androhen und nötigenfalls auch festsetzen.
Herausgabe des Vermögens an das Kind
Endet oder ruht die elterliche Sorge der Eltern oder hört aus einem anderen Grunde ihre Vermögenssorge auf, so haben sie dem Kind das Vermögen herauszugeben und auf Verlangen über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen (§ 1698 BGB).
Besonderheiten bei geerbtem Vermögen des Kindes
Person des Vermögenssorgeberechtigten und Entzug des elterlichen Vermögenssorgerechts
Die Vermögenssorge erstreckt sich nicht auf das Vermögen, welches das Kind von Todes wegen erwirbt, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung angeordnet hat, dass die Eltern das Vermögen nicht verwalten sollen (§ 1638 BGB).
Die Verwaltungsbefugnis der Eltern für von Todes wegen erlangtes Vermögen kann also ausgeschlossen werden. Art und Umfang des Entzugs stehen im Belieben des Zuwendenden (BayObLG NJW 64, 2110). Die Ausschließung kann auf einen Elternteil beschränkt angeordnet werden; in diesem Fall verwaltet der andere Elternteil das Vermögen (§ 1638 Abs. 2 BGB).
Auch das Verwaltungsrecht betreffend das durch die Geltendmachung des Pflichtteils Erlangten kann nach § 1638 Abs. 2 BGB ausgeschlossen werden (OLG Hamm FamRZ 69, 662).
Die Entscheidung über Annahme und Ausschlagung kann nicht ausgeschlossen werden (OLG Karlsruhe FamRZ 65, 573). Nach anderer Ansicht liegt die Entscheidung bei dem nicht ausgeschlossenen Elternteil oder bei dem nach § 1902 Abs. 1 S. 2 BGB zu bestellenden Vermögenspfleger (Damrau, Der Minderjährige im Erbrecht, 2. Aufl., Rn. 119 ff.).
Anordnungen betreffend die Verwaltung des geerbten Vermögens des minderjährigen Kindes
Was das Kind von Todes wegen erwirbt oder was ihm unter Lebenden unentgeltlich zugewendet wird, haben die Eltern nach den Anordnungen zu verwalten, die durch letztwillige Verfügung oder bei der Zuwendung getroffen worden sind (§ 639 BGB).
Pflicht ein Vermögensverzeichnis beim Familiengericht einzureichen
Die Eltern haben das ihrer Verwaltung unterliegende Vermögen, welches das Kind von Todes wegen erwirbt, zu verzeichnen (Vermögensverzeichnis), das Verzeichnis mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen und dem Familiengericht einzureichen. Dies gilt nicht,
- wenn der Wert eines Vermögenserwerbs 15 000 Euro nicht übersteigt oder
- soweit der Erblasser durch letztwillige Verfügung oder der Zuwendende bei der Zuwendung eine abweichende Anordnung getroffen hat.
Reichen die Eltern ein solches Verzeichnis nicht ein oder ist das eingereichte Verzeichnis ungenügend, so kann das Familiengericht anordnen, dass das Verzeichnis durch eine zuständige Behörde oder einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.
Vormundschaft
Versterben beide Eltern, ist ein Vormund zu bestellen. Als Vormund ist berufen, wer von den sorgeberechtigten Eltern als Vormund durch Testament benannt wird (§§ 1776, 1777 BGB). Das Gericht kann den benannten Vormund nur in den Fällen des § 1778 BGB übergehen.
Testamentsvollstreckung für den Erbteil eines Minderjährigen
Verwaltung durch des Erbteil des Kindes durch einen Testamentsvollstrecker
Der Erblasser kann für den Erbteil des Minderjährigen auch Dauertestamentsvollstreckung oder Verwaltungsvollstreckung anordnen.
Ergänzungspflegschaft
Die Rechte des Kindes gegenüber dem Testamentsvollstrecker, insbesondere der Anspruch auf ein Bestandsverzeichnis und Auskunft, üben die Eltern aus, die das Recht der Vermögenssorge haben.
Ist den Eltern die Vermögenssorge für den Erbteil des Kindes durch Testament entzogen, ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen (§ 1909 BGB).
Nach § 1917 Abs. 1 S. 1 BGB ist als Ergänzungspfleger diejenige Person berufen, die der Erblasser in seinem Testament hierzu bestimmt hat. Dies kann auch der Testamentsvollstrecker sein (OLG Hamm, Beschluss vom 15.5.2017, Az. 7 WF 240/16).
Gemäß § 1917 Abs. 1 S. 2, 1778 BGB darf diese Person bei der Auswahl des Ergänzungspflegers ohne ihre Zustimmung nur unter den Voraussetzungen des § 1778 BGB übergegangen werden (siehe hierzu auch OLG Hamm, Beschluss vom 15.5.2017, Az. 7 WF 240/16).