Sicherung des Nachlasses durch einen Nachlasspfleger im US-amerikanischen Erbrecht

Als Fachanwalt für Erbrecht und Spezialist für deutsch-amerikanische Erbfälle habe ich in den letzten Jahren gemeinsam mit US-Anwälten zahlreiche US-Nachlassverfahren geführt. Dabei kommt es immer wieder vor, dass der Nachlass gesichert werden muss, z.B. weil niemand vor Ort ist und die Gefahr besteht, dass Unberechtigte auf den Nachlass zugreifen. Der Beitrag zeigt auf, wann nach US-amerikanischen Recht ein Nachlasspfleger bestellt werden kann und welche Befugnisse er hat.

Die USA als Mehrrechtsstaat

Die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) haben kein einheitliches Erbrecht und kein einheitliches Nachlassverfahrensrecht. Vielmehr haben alle 50 US-Bundesstaaten und der Bundesdistrikt ihr eigenes Erbrecht und Nachlassverfahrensrecht und jedes wendet sein Verfahrensrecht bei Befassung mit der Sache an. Nachfolgende einführende Darstellung kann daher nur grundlegende Prinzipien, die in allen US-Bundesstaaten gelten, aufzeigen und orientiert sich am Uniform Probate Code (UPC).

Hinweis: Weitergehende Informationen finden Sie in dem Beitrag Probate und Administration - das Verfahren zur Abwicklung eines Nachlasses in den USA.

Antrag und Voraussetzung eine vorläufige Verwaltung

Das Nachlassgericht kann auf Antrag einer interessierten Person formlos einen Nachlasspfleger (special administrator) ernennen kann, wenn dies zum Schutz des Nachlasses eines Verstorbenen erforderlich ist:

  • vor der Ernennung eines allgemeinen Nachlassabwicklers (personal representative), oder
  • wenn eine frühere Bestellung eines Nachlassabwicklers beendet wurde, weil der Nachlassabwicklers verstorben ist oder ein Vormund für ihn bestellt wurde.

Ein Nachlasspfleger kann auch in einem förmlichen Verfahren durch Beschluss des Gerichts auf Antrag einer interessierten Person (interested person) bestellt werden, wenn das Gericht nach Kenntnisnahme und Anhörung feststellt, dass die Bestellung erforderlich ist, um den Nachlass zu erhalten oder seine ordnungsgemäße Verwaltung sicherzustellen. Wenn das Gericht den Eindruck hat, dass ein Notfall vorliegt, kann es den Nachlasspfleger ohne vorherige Ankündigung ernennen (UPC § 3-614; für Arizona: ARS § 14-3614.B). 

Der Begriff "interessierte Person" umfasst jeden Treuhänder (trustee), Erben, Vermächtnisnehmer, Kind, Ehegatten, Gläubiger, Begünstigten, Inhaber einer Ernennungsvollmacht und jede andere Person, die ein Eigentumsrecht an oder einen Anspruch gegen ein Treuhandvermögen oder den Nachlass eines Erblassers, Mündels oder einer geschützten Person hat. Der Begriff "interessierte Person" umfasst auch eine Person, die vorrangig zum persönlichen Vertreter bestellt wurde, sowie andere Treuhänder, die interessierte Personen vertreten. Der Begriff "interessierte Person", der sich auf bestimmte Personen bezieht, kann von Zeit zu Zeit variieren und muss je nach den besonderen Zwecken und dem Gegenstand des Verfahrens bestimmt werden (ARS § 14-1201.28).

Auswahl des Nachlasspflegers

Ist bis zur Bestätigung eines Testaments, das Gegenstand eines anhängigen Antrags auf Testamentsbestätigung ist, einen Nachlasspfleger zu ernennen, so wird die im Testament als Nachlassabwickler bestimmte Person ernannt, sofern sie verfügbar und qualifiziert ist. In anderen Fällen kann jede geeignete Person zum Nachlasspfleger ernannt werden (UPC § 3-615; für Arizona: ARS §  14-3615).

Befugnisse des Nachlasspflegers

Ein vom Nachlassgericht in einem formlosen Verfahren bestellter Nachlasspfleger hat die Aufgabe, das Vermögen des Nachlasses zu sammeln und zu verwalten, es zu erhalten, darüber Rechenschaft abzulegen und es dem Nachlassabwickler nach dessen Ernennung zu übergeben. Der Nachlasspfleger hat die Befugnisse eines Nachlassabwicklers nach diesem Titel, die zur Erfüllung seiner Pflichten erforderlich sind (ARS § 14-3616; UPC § 3-616.). 

Ein vom Nachlassgericht in einem förmlichen Verfahren bestellten Nachlasspfleger hat die Befugnisse eines Nachlassabwicklers, mit Ausnahme der in der Bestellung und den Pflichten in der Anordnung festgelegten Beschränkungen. Die Ernennung kann für einen bestimmten Zeitraum, zur Vornahme bestimmter Handlungen oder unter anderen vom Gericht festgelegten Bedingungen erfolgen (UPC § 3-616; für Arizona: ARS § 14-3617). 

Der Nachlassabwickler kann somit Nachforschungen anzustellen, um festzustellen, welche Vermögenswerte der Verstorbene besaß, mit Dritten, die möglicherweise über Vermögenswerte des Verstorbenen verfügen, Kontakt aufzunehmen und mit ihnen zu verhandeln und Nachlassgegenstände einzuziehen und in Besitz zu nehmen. 

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