Testamentarische Erfolge nach dem Recht von England & Wales

Als Rechtsanwälte für deutsch-englisches Erbrecht werden uns oft Testamente in der Form des englischen Rechts zur Prüfung der (formellen) Wirksamkeit vorgelegt und Fragen zur materiellen Wirksamkeit eines Testaments nach englischem Recht gestellt. Der Beitrag führt in die hiermit zusammenhängenden Fragestellungen ein und verlinkt zu weiterführenden Informationen.

Formelle Wirksamkeit des Testaments nach englischem Recht 

Im Recht von England & Wales ist die Errichtung eines Testaments im Wills Act 1837 in der Fassung des Justice Act 1982 geregelt. Danach ist ein Testament nur wirksam, wenn es folgende Voraussetzungen erfüllt:

  • Es muss schriftlich sein und von dem Testierenden unterzeichnet werden. Es kann auch von einer anderen Person unterschrieben werden, wenn der Testator bei der Leistung der Unterschrift dieser Person anwesend ist und diese Person anweist zu unterschreiben.
  • Es ist erkennbar, dass der Testierende mit seiner Unterschrift dem Testament Wirkung geben wollte.
  • Die Unterschrift wurde bei gleichzeitiger Anwesenheit von zwei oder mehr Zeugen anerkannt oder geleistet.
  • Jeder Zeuge bestätigt entweder das Testament oder unterschreibt es in der Gegenwart des Testierenden (nicht notwendig in der Gegenwart des anderen Zeugen).

Anerkennung nach dem Recht eines anderen Staates/Rechtsgebietes errichteten Testaments der Form nach

Das UK hat das Haager Testamentsformübereinkommen (TestFormÜbk) am 13.02.1963 unterschrieben. Nach dem TestFormÜbk ist ein Testament als gültig anzusehen, wenn es einem der folgenden Rechte genügt:

  • des Ortes, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat, oder
  • eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes besessen hat, oder
  • eines Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz gehabt hat, oder
  • des Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, oder
  • soweit es sich um unbewegliches Vermögen handelt, des Ortes, an dem sich dieses befindet.

Im englischen Recht wurde dies in sec. 1 des Wills Act 1963 umgesetzt.  

Zulässiger Inhalt des Testaments

Das englische Erbrecht ist vom Prinzip der Testierfreiheit bestimmt, d.h. der Erblasser ist im Grundsatz in der Gestaltung seines Testaments frei. In englischen Testamenten finden sich typischerweise folgende Verfügungen: 

Testierunfähigkeit, Täuschung oder unzulässiger Beeinflussung

Die  Wirksamkeit des Testaments setzt zunächst voraus, dass der Testator testierfähig war. Testierfähigkeit (capacity) setzt voraus, dass der Testator volljährig (d.h. 18 Jahre bei Testamentserrichtung nach dem 1.1.1970; zuvor 21 Jahre) war. Das Testament einer Person über 16 Jahre (aber unter 18 Jahre) ist aber nicht unbedingt insgesamt unwirksam, da auch ein 16-jähriger über bestimmte Gegenstände verfügen kann. Testierfähigkeit setzt ferner voraus

  • der Testator muss die Natur des Rechtsgeschäfts und was die Folgen sind verstehen;
  • er muss den Umfang des Vermögens, über welches er verfügt, verstehen;
  • er muss wissen, wer seine Begünstigten sind und ihre Berechtigung am Nachlass einschätzen können und
  • er muss frei von geistigen Abnormalitäten sein (z.B. Wahnvorstellungen) sein, welche die Gefühle oder die Entscheidungsfähigkeit stören können, welche für ein Testament erheblich sind (Banks v Goodfellow (1870) LR 5 QB 549). 

Mit Inkrafttreten des Mental Capacity Act 2005 (MCA 2005) sind außerdem dessen Bestimmungen zu beachten, auch wenn die Testierfähigkeit nicht unmittelbarer Gegenstand des MCA 2005 ist. 

Unwirksam ist ein Testament, welches unterm dem Einfluss von unzulässiger Beeinflussung (undue influence) oder Täuschung (fraud) errichtet wurde.

Gemeinschaftliche und wechselbezügliche Testamente 

Zulässig (aber eher unüblich) ist es, dass 2 (oder mehr) Personen auf einem Dokument ein Testament errichten (joint will). 

Wenn sich zwei Personen in einem gemeinschaftlichen Testament (joint will) oder Einzeltestamenten (single will) gegenseitig begünstigen oder vereinbaren, dass ein Dritter begünstigt sein soll, wird von einem mutual will gesprochen. Voraussetzung für einen mutual will ist, dass der Wille der Parteien bestand, dass

  • der Nachlass in einer bestimmten Art und Weise verteilt wird und
  • die letztwilligen Verfügungen nicht einseitig widerrufen werden können. 

Erklärt ein Testator gleichwohl den Widerruf seiner Verfügungen, so können die Begünstigten des wechselbezüglichen Testaments (mutual will) gleichwohl Herausgabe des Nachlasses nach den Regeln der Billigkeit (equity) verlangen. 

Derjenige, der sich auf die Bindung beruft, muss diese nachweisen. Die Vereinbarung muss bestimmt und eindeutig (“certain and unequivocal”) und klar und überzeugend (“clear and satisfactory”) sein. Das bloße gemeinsame Verständnis betreffend die Erbfolge auf den Tod des Überlebenden genügt nicht. Beweis muss auch dafür erbracht werden, dass der Überlebende zustimmte das Testament nicht zu ändern und daher müssen wechselbezügliche Testamente (mutual wills) immer eine ausdrückliche Regelung über die Bindung enthalten. Wenn Gegenstand der Vereinbarung Grundvermögen ist, bedarf es nach dem Law of Property (Miscellaneous Provisions) Act 1989 einer schriftlichen Vereinbarung.

Testamente in der deutsch-englischen Nachlassplanung

Bei der deutsch-englischen Nachlassplanung ist es unerlässlich sich mit den Grundlagen der testamentarischen Erbfolge von England und Wales auseinanderzusetzen.

Deutsche (die in Deutschland leben) mit Vermögen in England oder Wales sollten überlegen, ob ein gesondertes Testament für das Vermögen im UK sinnvoll ist oder man es bei einem einheitlichen "Welttestament" (mit einigen besonderen Regeln) belässt. Hierzu verweisen wir auf den Beitrag Testament für Deutsche mit Vermögen in England

Für Briten (die im UK leben), die in Deutschland Vermögen haben, gilt Entsprechendes, wobei für einen etwaig gewünschten Testaments-Trust (testamentary trust) eine Regelung gefunden werden muss, die die gewünschten Rechtswirkungen hat ohne die besonderen Steuerfolgen auszulösen. 

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