Deutsches Erbrecht oder spanisches Erbrecht?
Für Erbfälle ab dem 17.08.2015 ermitteln deutsche Gericht das anwendbare Erbrecht nach der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO). Danach kommt es im Grundsatz auf den letzten gewöhnlicher Aufenthalt (domicilio habitual) des Erblassers zur Anwendung. Der Erblasser kann aber Recht seiner Staatsangehörigkeit wählen (Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO).
Weiterführende Informationen: Ergänzend verweisen wir auf den Beitrag Spanisches Erbrecht oder deutsches Erbrecht – welches Recht ist bei einem Erbfall mit Bezügen zu Spanien anzuwenden?
Testamentsvollstreckung im deutschen Recht
Ist deutsches Recht betreffend die Testamentsvollstreckung anwendbar, bestimmen sich die Rechte und Pflichten des Testamentsvollstreckers nach den §§ 2197 bis 2228 BGB. Hierzu verweisen wir auf den Beitrag Der Testamentsvollstrecker - Einführung und die dort verlinkten vertiefenden Informationen zu bestimmten Aspekten der Testamentsvollstreckung.
Nachlasssicherung und erste Schritte
Dringlichste Aufgabe des deutschen Testamentsvollstreckers im deutsch-spanischen Erbfall ist die Sicherung des Nachlasses in Spanien. Er sollte unverzüglich
- Banken über den Tod des Kunden unterrichten, um unberechtigte Verfügungen von Dritten zu verhindern;
- bei Immobilien in Spanien: sich den Zugang zu Immobilien verschaffen und Unberechtigte vom Zugang ausschließen (z.B. durch Tausch der Türschlösser);
- bei Immobilien in Spanien: für die Instandhaltung sorgen und Schäden abwenden; und
- bei Immobilien in Spanien: sicherstellen, dass Verträge mit Versorgern weiterlaufen.
Guthaben und Depots bei Banken in Spanien
Da nach spanischem Recht Vollmachten mit dem Tod des Vollmachtgebers erlöschen, genügt die bloße Information vom Tod des Kontoinhabers um missbräuchliche Verwendung einer Vollmacht zu unterbinden.. Auf die Ausstellung des Testamentsvollstreckerzeugnisses muss man daher nicht warten. Allerdings sollte sich der Testamentsvollstrecker gut überlegen, ob er die Banken informiert, da diese sodann keinerlei Überweisungen mehr tätigt. Auch Daueraufträge erlöschen, was insbesondere im Hinblick auf Daueraufträge für Versorger (Strom, Wasser) problematisch sein kann.
Immobilien in Spanien
Bei Immobilienvermögen in Spanien sollte der Testamentsvollstrecker umgehend Kontakt aufnehmen mit
- bei Gemeinschaftsanlagen: Die Hausverwaltung;
- Nachbarn;
- Versorger (Gas, Strom, Wasser); und
- die Gemeinde.
Sofern noch nicht vorhanden, sollte eine Versicherung abgeschlossen werden.
Beantragung einer Steuernummer für Nicht-Residente
Nach Abschluss der Nachlasssicherung sollte umgehend eine Steuernummer für Ausländer (NIE) für die Begünstigten (Erben, Vermächtnisnehmer) beantragt werden, da diese für die Abwicklung benötigt wird und oft die Ausstellung geraume Zeit dauern kann.
Anerkennung des deutschen Testamentsvollstreckerzeugnisses in Spanien
Hat das Nachlassgericht ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt, so ist der Testamentsvollstrecker in Deutschland voll handlungsfähig. Damit das deutsche Testamentsvollstreckerzeugnis auch in Spanien anerkannt wird, sollte umgehend ins Spanische übersetzt werden.
Da sich die Befugnisse eines Testamentsvollstreckers nach spanischem Recht und nach deutschem Recht deutlich unterscheiden, ist oftmals ferner ein Gutachten über die Befugnisse des deutschen Testamentsvollstreckers erforderlich. So ist z.B. durch ein Gutachten nachzuweisen, dass der Testamentsvollstrecker nach deutschem Recht die Befugnis hat über Nachlassgegenstände zu verfügen, d.h. diese zu verkaufen und zu belasten. Das Rechtsgutachten soll von einem deutschen Rechtsanwalt verfasst und vor einem Notar durch zwei deutsche Rechtsanwälte unterzeichnet werden (Unterschriftsbeglaubigung).
Berichtigung des Grundbuchs
Befand sich eine Immobilie (Finca, Apartment, Haus) im Nachlass, so ist der Erbe oder Vermächtnisnehmer im Eigentumsregister (registro de la propiedad) zu berichtigen. Hierfür ist in der Regel eine Zuweisung des Eigentums in notarieller Form erforderlich (vgl. Art. 14 der spanischen Grundbuchordnung (Ley Hipotecaria) i.V.m. Art. 76 f. der Hypotheken-Verordnung). Da oftmals auch die Annahme der Erbschaft nochmals beurkundet wird, wird dies oft auch als notarielle Erbschaftsannahme (aceptación de la herencia) bezeichnet.
Bei einem Vermächtnis bedarf es außerdem eines notariellen Vermächtniserfüllungsvertrags. Ergänzend verweisen wir auf den Beitrag Nachlassabwicklung in Spanien.
Erklärung der spanischen Erbschaftsteuer
Die spanische Erbschaftsteuer (impuesto sobre sucesiones) ist binnen 6 Monaten ab Tod des Erblassers zu erklären.
Wichtig: Da diese Frist in deutsch-spanischen Nachlasssachen regelmäßig zu kurz ist, sollte der Testamentsvollstrecker Verlängerung der Frist beantragen. Dies ist in den ersten 5 Monaten nach dem Tod zulässig. Die Vorlage eines Testamentsvollstreckerzeugnisses ist dabei nicht unbedingt erforderlich.
Dies erfolgt in der Regel durch Selbstveranlagung (autoliquidación). Zur Vermeidung der Festsetzung einer zu hohen Steuer sollte der Testamentsvollstrecker vor einer Wertangabe in offiziellen Dokumenten (z.B. Erbschaftsannahmeurkunde oder Nachlassverzeichnis für deutsches Nachlassgericht) den Wert ermitteln, welcher vom spanischen Finanzamt voraussichtlich nicht beanstandet wird. Ferner sollte geprüft werden, ob durch taktische Ausschlagungen steuerlich positive Effekte erzielt werden können. Schließlich sollte in Absprache mit Erben und Vermächtnisnehmern versucht werden, Nachlassverbindlichkeiten (z.B. Pflichtteilsanspruch, Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns) steuerlich geltend zu machen. Bei der Erklärung ist auch zu berücksichtigen, dass die spanischen Steuer in der Regel auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet werden kann, dies allerdings Vorlage der Erklärung voraussetzt. Um unangenehme Nachfragen des deutschen Finanzamtes zu vermeiden, sollten daher beide Erklärungen sorgfältig aufeinander abgestimmt sein.
Glossar: Gewöhnlicher Aufenthalt (domicilio habitual)