Todesfallleistung einer US-Lebensversicherung - Geltendmachung und Steuern

Die Geltendmachung der Todesfallleistung aus einer US-amerikanischen Lebensversicherung (life insurance) in den USA und ihre Besteuerung stellt die Begünstigten oftmals vor unüberwindbare Hindernisse. Außerdem fallen gleich mehrere Steuern an, was zu erheblicher Verwirrung führt. Der Beitrag führt in die Problematik ein.

 

Grundlagen

Der Lebensversicherungsvertrag und die an ihm beteiligten Personen in Deutschland

In einem Lebensversicherungsvertrag schließt 

  • der Versicherungsnehmer,
  • mit einem Versicherungsunternehmen (Versicherer)
  • zur Absicherung eines Risikos des Versicherten (Versicherungsnehmer oder Dritter)
  • unter Vereinbarung einer Leistung im Versicherungsfall,
  • gegen Zahlung eines Entgelts (Versicherungsprämie) ab.

Der Versicherungsfall ist das Erleben eines bestimmten Zeitpunkts (Erlebensfall) oder der Tod des Versicherten während der Versicherungsdauer (Todesfall). Ist der Versicherungsfall der Tod des Versicherten, spricht man von einer Todesfallleistung. Diese erhält entweder der durch die durch den Versicherungsnehmer bezeichnete Person oder, wenn es keine solche Person gibt, der Erbe des Versicherungsnehmers. 

Ansonsten kann der Versicherungsvertrag sehr unterschiedlich ausgestaltet werden. Insbesondere kann eine Kapitalbildung vereinbart werden (Kapitallebensversicherung) oder nicht (reine Risikolebensversicherung). 

Ausgestaltung und Typen in den USA

Die Grundstruktur eines US-amerikanischen Lebensversicherungsvertrags (life insurance policy) entspricht der einer deutschen Lebensversicherung:

  • Der Versicherungsnehmer (policy owner);
  • schließt mit dem Versicherer (insurance company);
  • zur Absicherung des Risikos des Todes der versicherten Person (insured person) einen Vertrag und
  • gegen Zahlung eines Entgelts (premium).

In der Regel wird auch ein Begünstigter auf den Todesfall (designated beneficiary) benannt. 

Anders als in Deutschland steht bei US-Lebensversicherungen regelmäßig nicht die Kapitalbildung sondern der Todesfallschutz im Vordergrund. Die konkrete Ausgestaltung kann im Versicherungsvertrag weitgehend frei geregelt werden und es gibt zahlreiche Typen von Versicherungsverträgen. Am verbreitetsten sind folgende (Grund-) Typen: 

  • die Term Life Insurance,
  • die Universal Life Insurance und
  • die Whole Life Insurance. 

Eine Term Life Insurance ist eine Lebensversicherung ohne Kapitalbildung. Sie hat eine feste Vertragslaufzeit, i.d.R. 10-30 Jahren, und eine feste Todesfallleistung. Der Betrag kommt nur zur Auszahlung, wenn der Versicherte innerhalb der Vertragslaufzeit stirbt. Sie ist damit eine (reine) Risikolebensversicherung.

Eine Universal Life Insurance hat eine Risiko- und einer Vorsorgekomponente. Übersteigt die monatliche Prämie das für den Risiko-Schutz Erforderliche, wird Kapital gebildet. 

Die Whole Life Insurance  hat eine Risiko- und einer Vorsorgekomponente. Ihre Laufzeit ist unbegrenzt. Die Prämien werden auf der Grundlage des Alters bei Vertragsabschluss festgelegt und steigen in der Regel nicht mit dem Alter.

Die bekanntesten US-Lebensversicherungen sind Brighthouse Financial (ehemals: MetLife), Northwestern Mutual, New York Life, Prudential, Lincoln National, MassMutual, John Hancock und Transamerica.

Vorsicht: Viele "Versicherungsunternehmen" bieten auch Finanzprodukte an, die keine Lebensversicherung im Sinne dieser Darstellung sind, z.B. eine private Rentenversicherung (annuity) oder einen Altersvorsorgeplan (z.B. IRA). 

Nachweis der Berechtigung

Wenn der Versicherungsfall, also der Tod des Versicherten, eintritt, muss der Berechtigte (beneficiary) - neben dem Tod - seine Berechtigung nachweisen.

Benennung eines Todesfallbegünstigten

Hat der Versicherungsnehmer ihn/sie als Begünstigten auf den Tod (designated beneficiary) benannt, muss er hierzu ein Formular der Versicherung (claimant statement) ausfüllen und, falls noch nicht zu Lebzeiten erfolgt, seine Identität nachweisen (z.B. Pass). In manchen Fällen wird auch eine (beglaubigte) Kopie des Versicherungsvertrags (policy) verlangt. Wenn ein Trust der Begünstigte ist, muss der Trustee eine Kopie des Trust-Dokuments oder der Trust Bescheinigung (trust certificate) vorlegen.

Kein Todesfallbegünstigter

Ist in dem Versicherungsvertrag kein Begünstigter auf den Tod benannt, fällt die Todesfallleistung in den Nachlass (estate). In diesem Fall ist es in der Regel erforderlich ein förmliches US-Nachlassverfahren (probate-administration) zu führen. Zu dessen Ablauf verweisen wir auf den Beitrag Probate und Administration - das Verfahren zur Abwicklung eines Nachlasses in den USA.

Besteuerung

Bei einer Todesfallleistung können amerikanische und deutsche Steuern anfallen. 

US-Einkommensteuer

Die USA erheben in der Regel keine Einkommensteuer (income tax) auf die Todesfallleistung einer Lebensversicherung. 

US-Quellensteuer

Wenn der vertraglich Begünstigte (designated beneficiary) ein nicht-ansässiger Ausländer (nonresident alien) ist, ist auf die Zahlung eine Quellensteuer (withholding tax) in Höhe von 30% zu erheben (vgl. IRC §§871[a] und 1441)

Bei Zahlung an einen heimischen Nachlass (domestic estate) wird die US-Quellensteuer nicht erhoben, da der Nachlass für US-Steuerzwecke eine US-Person ist. Bei Zahlung an einen ausländischen Nachlass (foreign estate) wird hingegen US-Quellensteuer erhoben. 

Nach IRC § 1441 wird der entsprechende Betrag vom Qellensteueragent (withholding agent) - also hier die Versicherung - einbehalten und unmittelbar an die US-Finanzbehörden (IRS) abgeführt. Der Begünstige erhält hierüber eine Bescheinigung (Form 1042-S). 

Bei Anwendbarkeit des DBA-USA-ESt. können allerdings Vergünstigungen beansprucht werden. Um diese geltend zu machen, ist das Formular W-8BEN auszufüllen und der Versicherungsgesellschaft unmittelbar einzureichen. Ist der Berechtigte ein ausländischer Nachlass (foreign estate), ist das Formular W-8BEN-E auszufüllen und bei dem Steueragenten einzureichen. 

Hinweis: Auch bei ordnungsgemäß ausgefülltem Formular kommt es leider vor, dass Versicherungen einen Teil der Auszahlung zurückbehalten und an die IRS abführen. In diesem Fall kann der überzahlte Betrag unter Umständen durch die IRS erstattet werden; hierzu verweisen wir auf unseren Beitrag Rückerstattung überzahlter US-Quellensteuer

US-Bundes-Nachlasssteuer

Versicherter war US-Staatsangehöriger oder US-Ansässiger

Die Todesfallleistung einer US-Lebensversicherung unterfällt der US-Bundes-Nachlasssteuer (federal estate tax), wenn der Erblasser der Eigentümer (owner) der Versicherung war (Internal Revenue Service. "Publication 559 Survivors, Executors, and Administrators," Page 26. letzter Abruf 31.12.2020). 

Wegen des derzeit hohen allgemeinen US-Freibetrags (exclusion amount) und des Ehegattenabzugs (marital deduction) wird aber in der Regel keine US-Bundes-Nachlasssteuer zu zahlen sein. 

Wenn allerdings der Erblasser ein nicht-ansässiger Ausländer (nonresident alien) oder ein nicht-ansässiger US-Amerikaner war, kann die Versicherung die Auszahlung von der Vorlage er US-Unbedenklichkeitsbescheinigung (transfer certificate) abhängig machen. Hierfür ist oftmals eine US-Bundes-Nachlasssteuererklärung abzugeben. Wenn ein Nachlassabwickler (personal representative) bestellt wurde, ist dieser hierfür zuständig. 

Versicherter war nicht-ansässiger Ausländer 

Wenn der Versicherungsnehmer (policy owner) ein nicht-ansässiger Ausländer (nonresident alien) war, unterfällt die Todesfallleistung nicht der US-Bundes-Nachlasssteuer, da eine US-Lebensversicherung nicht als US-Vermögen angesehen wird (IRC §2105[a]). 

Wenn sein Wohnsitz im Sinne von Art. 4 DBA-USA-Erb in Deutschland war, kann nach Art. 9 DBA-USA-Erb außerdem nur Deutschland die Todesfallleistung besteuern. In aller Regel fällt daher keine US-Bundes-Nachlasssteuer an.

US-Unbedenklichkeitsbescheinigung

War der Erblasser ein nicht-ansässigen Erblasser (nonresident decedent), haften US-Finanzinstitute (im Grundsatz) für die Abführung der US-Bundes-Nachlasssteuer (federal estate tax). Dies gilt aber dann nicht, wenn durch eine steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung (transfer certificate) gegenüber dem Finanzinstitut nachgewiesen wurde, dass keine US-Bundes-Nachlasssteuer zu zahlen ist (Treas. Reg. § 20.6325-1). Folglich machen US-Finanzinstitute die Verfügung oder Auszahlung oftmals von der Vorlage einer Unbedenklichkeitsbescheinigung (transfer certificate) abhängig. In der Praxis beobachten wir allerdings, dass bei Lebensversicherungen (anders als bei US-Wertpapierdepots oder Konten) in der Regel keine Unbedenklichkeitsbescheinigung (transfer certificate) verlangt wird.

Deutsche Einkommensteuer

Der Besteuerung nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG unterliegen Versicherungsleistungen nur im Erlebensfall (oder der Rückkauf). Eine Versicherung im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 6 EStG unterscheidet sich von einer Vermögensanlage ohne Versicherungscharakter dadurch, dass ein wirtschaftliches Risiko abgedeckt wird, das aus der Unsicherheit und Unberechenbarkeit des menschlichen Lebens für den Lebensplan des Menschen erwächst (biometrisches Risiko). Die durch die Lebensversicherung typischerweise abgedeckten Gefahren sind der Tod (Todesfallrisiko) oder die ungewisse Lebensdauer (Erlebensfallrisiko, Langlebigkeitsrisiko), vgl. Rz. 2 ff. EStH 2016 Anhang 22a Lebensversicherungen. 

Die Versicherungsleistung bei Eintritt des mit der Versicherung untrennbar verbundenen charakteristischen Hauptrisikos (Tod, Unfall) rechnet nicht zu den Einnahmen nach § 20 Absatz 1 Nummer 6 EStG (BMF v. 01.10.2009- IV C 1 - S 2252/07/0001 BStBl 2009 I S. 1172). Dies gilt für auch für eine Kapitalversicherung mit Sparanteil (vgl. Rz. 23 ff. EStH 2016 Anhang 22a Lebensversicherungen).

Vor diesen Hintergrund dürfte die Todesfallleistung aus einer US-amerikanischen "Term Life insurance", Universal Life Insurance oder Whole Life Insurance in der Regel nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG zu versteuern sein.  

Die Bundesrepublik Deutschland hat nach Art. 21 DBA-USA-ESt ein Besteuerungsrecht, wenn der Begünstigte seinen Wohnsitz im Sinne von Art. 4 des DBA-USA-ESt in Deutschland hat. 

Deutsche Erbschaftssteuer

Wenn der Erwerber im Zeitpunkt des Erwerbs seinen Wohnsitz im Sinne von 4 DBA-USA-Erb in Deutschland hatte, kann auch Deutschland deutsche Erbschaftsteuer erheben. In jedem Fall muss eine Person mit Wohnsitz i.S.v. § 8 AO in Deutschland binnen 3 Monaten ab Kenntnis vom Erwerb dem Erbschaftsteuerfinanzamt anzuzeigen; hierzu verweisen wir auf den Beitrag Erwerbsanzeige nach § 30 Erbschafts- und Schenkungsteuergesetz im Erbfall.

Hinweis: Gerne helfen wir Ihnen bei der Abgabe der Erwerbsanzeige und der Erbschaftsteuererklärung

Glossar: Ehegattenabzug (marital deduction); Nicht-ansässiger Ausländer (nonresdient alien); Lebensversicherung (life insurance); Lebensversicherungsvertrag (insurance policy)

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