Trusts  und Vermögen in Deutschland

Als Spezialisten für internationales Erbrecht und Erbschaftsteuerrecht haben wir in den letzten Jahren gemeinsam mit Kollegen aus Common-Law Staaten (Großbritannien, Australien, Neuseeland) zahlreiche Mandate mit Bezügen zu Trusts bearbeitet. Der Beitrag gibt eine kurze Einführung zum Trust-Recht und erläutert sodann, wie die Anordnung eines Trusts an Vermögen in Deutschland behandelt wird,  insbesondere die Anerkennung in Deutschland, das deutsche Nachlassverfahren sowie den Pflichtteil im Hinblick auf Trust-Vermögen.

Grundlegendes zum Trust

Trusts in Common-law Staaten  als Mittel der Nachlassplanung

Trusts (deutsch: Treuhandvermögen) sind ein ursprünglich in England entwickeltes Rechtsinstitut. Heute werden Trusts im gesamten durch das englische Recht geprägten Raum (Common-law Staaten), insbesondere England, Neuseeland, Australien, Hong Kong, Singapur verwendet. Oftmals sind sie dabei (vorrangig) Mittel der Nachlassplanung. 

Ein einheitliches Trust-Recht gibt es in den Common-law Staaten nicht. Vielmehr haben alle Staaten ein eigenes Recht, dass sich zum Teil erheblich unterscheidet. Eigene Darstellungen haben wir zu US-amerikanischen Trusts, neuseeländischen Trusts, englischen Trusts und australischen Trusts.

Common-Law Trust - Grundstruktur

Ein Trust – auch als Treuhandvermögen bezeichnet -  ist ein treuhänderisches Rechtsverhältnis, das durch 3-Personen-Struktur gekennzeichnet ist:  

  • Der Errichter (grantor, auch als settlor, creator oder trustor bezeichnet) überträgt Bestandteile seines Vermögens auf
  • den Treuhänder (trustee), der diese Vermögensgegenstände (trust assets, trust property) zugunsten eines
  • Begünstigten (beneficiary) oder mehrerer Begünstigter treuhänderisch für einen bestimmten Zweck verwaltet.

Der Treuhänder hat im Außenverhältnis alle Rechte (legal title) am Treuhandvermögen (trust property). Allerdings darf der Treuhänder dieses Recht nur im Rahmen seiner Befugnisse, Aufgaben und Pflichten ausüben.

Danaben kann es noch weitere Personen geben, z.B. den Trust-Beschützer (trust protector), den Bestimmer (appointer) oder einen Trust-Berater (trust advisor), deren Aufgaben und Pflichten im Trust-Dokument geregelt sind. 

Anordnung eines Trusts an Vermögen in Deutschland

Kein Trust an Vermögen in Deutschland

Nach Auffassung der Rechtsprechung und h.M. in der Literatur kann an Vermögen in Deutschland kein Trust bestehen. Dies wird damit begründet, dass das deutschen Sachen- und Schuldrecht die für den Trust charakteristische „gespaltene Rechtsinhaberschaft“ zwischen Begünstigtem und Trustee nicht zulasse (KG, Beschluss vom 3. April 2012, Az. 1 W 557/11). Daher wird ein Trust "als solcher" an deutschem Vermögen nicht anerkannt.

Allerdings ist die Anordnung eines Trusts an deutschem Vermögen nicht ohne Rechtsfolgen. Vielmehr hat eine Umdeutung (§ 140 BGB) zu erfolgen. Hierzu ist das Rechtsinstitut zu ermitteln, dass dem Trust bzw. seinen einzelnen Bestimmungen am nächsten kommt. Hierzu ist eine genaue Analyse des Trust-Dokuments erforderlich.

Wichtig: An Vermögen in einem anderen Staat kann auch aus deutscher Sicht ein Trust bestehen. Ob die Anordnung eines Trusts bei Bezügen zu Deutschland zweckmäßig ist, ist aber eine andere Frage. Insbesondere kann die Anordnung eines Trusts durch einen Inländer steuerlich nachteilig sein. Hierzu verweisen wir auf den Betrag Besteuerung von Common-law Trusts in Deutschland

Rechtsfolgen eines testamentarischen Trusts an Vermögen in Deutschland

Die Anordnung eines Trusts in einem Testament - ein solcher Trust wird auch als testamentarischer Trust (testamentary trust) bezeichnet - ist aus deutscher Sicht immer eine letztwillige Verfügung. Der Treuhänder (trustee) wird dabei in der Regel als Testamentsvollstrecker bzw. bei längerer Verwaltung als Dauertestamentsvollstrecker gesehen (vgl. BayObLGZ 2003, 69, 77), während der Begünstigte eines konkreten Zuwendung als Vermächtnisnehmer und der Begünstigte auf den Rest (residuary beneficiary) oftmals als Erbe anzusehen sind. 

Beispiel: T bestimmt in seinem Testament, dass der Treuhänder zunächst Schulden und Kosten dem Nachlass entnehmen soll.  Ferner soll V AUSD 100.000 erhalten. Den Rest (residue) erhalten A, B und C zu gleichen Teilen. Aus deutscher Sicht ist der Treuhänder als Testamentsvollstrecker anzusehen. V ist Vermächtnisnehmer. A, B und C sind (Mit-) Erben.  

In manchen Fällen kann der Treuhänder (trustee) - der gleichzeitig auch Begünstigter des Trusts ist -  aber auch Vollerbe oder Vorerbe und der Begünstigte SchlusserbeNacherbe oder betagter Vermächtnisnehmer (z.B. auf den Tod des Treuhänders/Begstünstigten) sein. 

Beispiel: T errichtet ein Testament und bestimmt, dass E nach seinem Tod alleiniger Eigentümer sein soll. Allerdings soll das Vermögen auf den Tod des E an C fallen, für welchen E das Vermögen erhalten soll. In diesem Fall kann E - sofern die zwingenden Beschränkungen des Vorerben - bestehen sollen, als Vorerbe und C als Nacherbe angesehen werden. Andernfalls dürfte C nur Vermächtnisnehmer auf den Tod von E sein, wobei etwaige Beschränkungen des E als Auflage einzuordnen sind. 

Hat der Treuhänder (trustee) die Befugnis nach seinem (freien oder beschränkten) Ermessen einen Begünstigten auszuwählen und Ausschüttung zu tätigen oder nicht - ein solcher Trust wird als Ermessens-Trust (discretionary trust) bezeichnet - , kann aus deutscher sich ein Wahlvermächtnis mit Bestimmungsrecht des Treuhänders (trustee) anzunehmen sein. 

Trusts unter Lebenden

Wurde der Trust unter Lebenden (living trust) errichtet, hängt die Einordnung von der Ausgestaltung des Trust-Dokuments ab. Da die Übertragung auf einen Treuhänder "in trust" in vielen Fällen an der erforderlichen Mitwirkung von Gerichten (z.B. dem Grundbuch bei Grundvermögen) oder Dritten (z.B. Banken betreffend Bankguthaben) scheitert, stellt sich die Frage der Einordnung von unter Lebenden errichteten US-amerikanischen Trusts in der Regel nicht.

Der Trust im deutschen Nachlassverfahren

Geht ein Vermögensgegenstand in Deutschland auf den Tod des Eigentümers auf den Treuhänder eines Trusts über, stellt sich die Frage, wie der Nachweis der Berechtigung an dem Vermögenstand erbracht werden kann.

Der Nachweis erfolgt regelmäßig über ein Testamentsvollstreckerzeugnis oder einen Erbschein. Welches Zeugnis benötigt wird, hängt von der Ausgestaltung der Rechte des Treuhänder und der Begünstigten des Trusts ab: 

  • Der Person, die als Erbe einzuordnen (i.d.R. der Begünstigte auf den Rest, siehe oben) ist, ist auf Antrag ein Erbschein zu erteilen. Wenn Nacherfolge anzunehmen ist, ist dabei anzugeben unter welchen Voraussetzungen sie eintritt und wer der Nacherbe ist. Wenn der Treuhänder als Testamentsvollstrecker einzuordnen ist, ist Testamentsvollstreckung oder Dauertestamentsvollstreckung im Erbschein auszuweisen.
  • Der Person, die als Testamentsvollstrecker einzuordnen ist, also in der Regel der Treuhänder (trustee) ist auf Antrag ein Testamentsvollstreckerzeugnis zu erteilen, wobei Erweiterungen der Regelbefugnisse und eine etwaige längere Dauer auszuweisen sind. 

Beispiel: T errichtet ein Testament und bestimmt, dass E nach seinem Tod alleiniger Eigentümer sein soll. Allerdings soll das Vermögen auf den Tod des E an C fallen, für welchen E das Vermögen erhalten soll. In diesem Fall ist E Vorerbe und C Nacherbe. Das Nachlassgericht erteilt auf Antrag einen Erbschein, der  welcher E als Vorerbe ist und C als Nacherbe ausweist. Zur Sicherung der Rechte des Nacherben kann außerdem Testamentsvollstreckung auszuweisen sein. 

Soweit sich die Rechtsnachfolge von Todes wegen nach US-amerikanischen Recht richtet, ist dies auf dem Zeugnis zu vermerken. 

Der Trust und deutsches Pflichtteilsrecht

Wenn Vermögen zu Lebzeiten einer Person wirksam auf den Treuhänder (trustee) eines Trusts übertragen wurde, kann hierin eine Schenkung im Sinne von § 2325 BGB zu sehen sein und folglich ein Pflichtteilsergänzungsanspruch bestehen.

Ob die 10-Jahresfrist für die Abschmelzung des Pflichtteils läuft, hängt davon ab, ob die Schenkung "geleistet" wurde und nicht mehr im "Genuss" des übertragenen Gegenstand ist. Dies ist bei vielen Trusts nicht der Fall, z.B. weil sich der Errichter das Einkommen des Trusts (trust income) oder den Widerruf/Rückübertragung vorbehalten hat. 

Besteuerung von Trusts in Deutschland

Die Anordnung eines Trusts an Vermögen in Deutschland oder im Ausland (bei Bezügen zum Inland) kann erhebliche steuerliche Folgen haben. Betreffend die Erbschafts- und Schenkungssteuer verweisen wir insoweit auf den Beitrag Besteuerung von Common-law Trusts in Deutschland. Speziell zum US-amerikanischen Trusts verweisen wir außerdem auf die Beiträge Besteuerung der Einkünfte eines US-amerikanischen Trusts und Der US-amerikanische Trust und deutsche Erbschaftssteuer bzw. Schenkungssteuer.

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