Leitsätze
1. Das dem Erblasser eingeräumte Wohnungsrecht hemmt im vorliegenden Einzelfall den Beginn der Abschmelzungsfrist gemäß § 2325 Abs. 3 BGB, weil es an allen relevanten Räumen des verschenkten Hauses besteht, so dass der Erwerber insoweit keine eigene Nutzungsmöglichkeit hatte (Anschluss an BGH, Urteil vom 29. Juni 2016, IV ZR 474/15, ZEV 2016, 445 = ErbR 2016, 570 = BeckRS 2016, 12488).
2. In einem solchen Fall sind die Unterschiede zwischen einem vorbehaltenen Nießbrauch und dem tatsächlich vereinbarten Wohnungsrecht so gering, dass die Interessen des Pflichtteilsberechtigten, denen bei der Beurteilung der Frage der Hemmung des Fristenlaufs gemäß § 2325 Abs. BGB besonderes Gewicht zukommt, es rechtfertigen, den Lauf der Frist gemäß § 2325 Abs. 3 BGB als gehemmt anzusehen (Anschluss an BGH, Urteil vom 19. Juli 2011, X ZR 140/10; NJW 2011, 3082 = 19. Juli 2011, X ZR 140/10 (= BeckRS 2011, 21315)).
OLG München, Endurteil v. 08.07.2022 – 33 U 5525/21