BFH: Erbschaftsteuer bei Geltendmachung des Pflichtteils nach Tod des Verpflichteten durch dessen Alleinerben

1) Ist der Pflichtteilsberechtigte der Alleinerbe des Verpflichteten, so bleibt trotz des zivilrechtlichen Erlöschens des Pflichtteilsanspruchs erbschaftsteuerrechtlich sein Recht zur Geltendmachung des Pflichtteils als Folge der Regelung in § 10 Abs. 3 ErbStG bestehen.
2) Es kommt nicht darauf an, ob der Schuldner des Pflichtteils (Erblasser) damit rechnen musste, den Anspruch zu Lebzeiten erfüllen zu müssen.
3) Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Pflichtteilsanspruch im Zeitpunkt der Mitteilung an das Finanzamt noch nicht verjährt ist.
BFH, Urteil vom 19.02.2013 - II R 47/11

Sachverhalt


V verstarb  im Jahr 2003 und wurde von seiner Ehefrau M allein beerbt. Diese starb 2004 und wurde von dem gemeinsamen Sohn S allein beerbt. 

S machte nun nach V den Pflichtteil auf den Tod von V geltend und machte bei der Erbschaftsteuererklärung nach M den Pflichtteil als Nachlassverbindlichkeit geltend.

Anmerkungen:


1) Die Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Tod des V macht Sinn, da der Freibetrag in Höhe von EUR 400.000,-- je Erwerbsvorgang gewährt wird. S hat also einen Freibetrag nach V in Höhe von EUR 400.000,-- und nach M nochmals in Höhe von EUR 400.000,--.
2) Das Berliner Testament hat zur Folge, dass sich das Vermögen beim überlebenden Ehegatten häuft, was oft zu einer vermeidbar hohen Erbschaftsteuer führt. Durch die Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Erstversterbenden wird dieser Effekt verringert.

3) Nach meiner Auffassung kann der Pflichtteil auch noch nach Verjährung geltend gemacht werden. Er ist dann zwar mit gerichtlichen Mitteln nicht mehr gegen den Willen des Schuldners durchsetzbar, erlischt aber nicht. Wirtschaftlich hat er auch einen Wert, da z.B. mit dem Pflichtteil unter Umständen noch die Aufrechnung erklärt werden kann. Wann die Verjährung eintritt, ist außerdem von Umständen abhängig, welche für das Finanzamt nicht unbedingt nachvollziehbar sind.

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