BGH: Testament und Todesfallbegünstigung aus Bankvertrag

a)   Verfügt ein Erblasser in einem Testament umfassend über sein Vermögen, so kann dies jedenfalls dann als konkludenter Widerruf einer früheren entgegenstehenden rechtsgeschäftlichen Erklärung anzusehen sein, wenn der Erblasser sich von dieser Erklärung auch schon zu Lebzeiten jederzeit hätte einseitig lösen können.

b)   Das Bewusstsein, in einem Testament die Verteilung des Vermögens umfassend zu regeln, schließt das Bewusstsein, dass damit etwaige entgegenstehende frühere Verfügungen widerrufen werden, mit ein. Ein gesondertes Erklärungsbewusstsein, das gezielt auf den Widerruf einer bestimmten Willenserklärung gerichtet ist, ist darüber hinaus nicht erforderlich.

c)   Eine Willenserklärung in einem in amtliche Verwahrung genommenen Testament ist gegenüber jedem als abgegeben anzusehen, den es angeht, auch wenn er in dem Testament nicht bedacht ist.

BGH, Urteil vom 30.1.2018 – X ZR 119/15

Aus den Gründen

"1. Bei der Vereinbarung zwischen der Erblasserin und der Streithelferin der Beklagten vom 13. September 1976 handelt es sich um eine Verfügung un- ter Lebenden zugunsten Dritter auf den Todesfall. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen dem Deckungsverhältnis des Verfügenden zum Versprechenden einerseits, das die Voraussetzungen für den Leistungsanspruch des Begünstigten gegenüber dem Versprechenden regelt, und dem Valutaverhältnis zwischen dem Verfügenden und dem Begünstigten andererseits, nach dem sich be- stimmt, ob der Begünstigte die Zuwendung im Verhältnis zu den Erben des Ver- fügenden behalten darf. Beide Rechtsverhältnisse unterliegen allein dem Schuldrecht; erbrechtliche Bestimmungen finden insoweit keine Anwendung (BGH, Urteil vom 26. Juni 2013 • IV ZR 243/12, NJW 2013, 3448 Rn. 8; Urteil vom 21. Mai 2008 • IV ZR 238/06, NJW 2010, 2702 Rn. 19; Urteil vom 26. November 2003 • IV ZR 438/02, BGHZ 157, 79, 82).

 a) Im Deckungsverhältnis liegt ein Vertrag zugunsten Dritter vor, durch den der Beklagte als Begünstigter gegenüber der Streithelferin einen Anspruch auf die Übertragung der mit dem Tod der Erblasserin zunächst in das Eigentum der Streithelferin übergegangenen Wertpapiere in dem in der Vereinbarung be- zeichneten Depot erhalten hat (§§ 328, 331 BGB).

b) Ob der Beklagte das auf diese Weise Erlangte im Verhältnis zu den Klägern behalten darf oder nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben hat, richtet sich nach dem Valutaverhältnis. Im Streitfall liegt dem Valutaverhältnis eine Schenkung nach § 516 BGB zugrunde. In der Vereinbarung vom 13. September 1976 ist ausdrücklich von einem Schenkungsangebot der Erblasserin die Rede. Nach der Vereinbarung sollte der Schenkungsvertrag in der Weise zustande kommen, dass das Schenkungsangebot der Erblasserin von der Streithelferin als Botin dem Beklagten übermittelt wurde und dieser das Angebot - wie nach der Vereinbarung vorgesehen gegebenenfalls stillschweigend mit dem Empfang der Nachricht der Streithelferin - annahm. Dass eine wirksame Schenkung auch noch nach dem Tod des Verfügenden zustande kommen kann, ergibt sich aus § 130 Abs. 2 BGB, wonach der Tod des Erklärenden keinen Einfluss auf die Wirksamkeit seiner Willenserklärung hat, sowie aus § 153 BGB, wonach das Zustandekom- men eines Vertrags nicht dadurch gehindert wird, dass der Antragende vor der Annahme seines Angebots stirbt. Der Formmangel wird in diesem Fall durch die Bewirkung der Leistung nach § 518 Abs. 2  BGB  geheilt  (BGH,  Urteil  vom  28. April 2010 - IV ZR 73/08, NJW 2010, 3232 Rn. 20; Urteil vom 29. Mai 1984•   IX ZR 86/82, BGHZ 91, 288, 291)."

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