BFH: Besteuerung der Ausschüttung eines US-amerikanischen Trusts an Zwischenberechtigten

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 27.9.2012, II R 45/10 einige Fragen der schenkungssteuerlichen Behandlung der Ausschüttung eines US-amerikanischen Trusts geklärt. 

Leitsätze

1. Zwischenberechtigte i.S. von § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG sind alle Personen, die während des Bestehens eines Trusts Auszahlungen aus dem Trustvermögen erhalten .    

2. Der Besteuerung ausgeschütteter Vermögenserträge steht nicht entgegen, dass der Berechtigte bereits vor Änderung der Rechtslage durch das StEntlG 1999/2000/2002 einen gesicherten Anspruch auf Ausschüttung aller künftigen Trusterträge erlangt hatte .

Auszug aus den Gründen

"Nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden, was bei Aufhebung einer Stiftung oder bei Auflösung eines Vereins, dessen Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, erworben wird. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG steht dem gleich der Erwerb bei Auflösung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, sowie der Erwerb durch Zwischenberechtigte während des Bestehens der Vermögensmasse.

a) Bei dem von der Erblasserin errichteten Trust handelt es sich um eine Vermögensmasse ausländischen Rechts i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG.§ 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG wurde durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/2002) vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) in das ErbStG eingefügt. Nach der Entstehungsgeschichte sollten mit dem unbestimmten Begriff der Vermögensmasse ausländischen Rechts, deren Zweck auf die Bindung von Vermögen gerichtet ist, vor allem typische und in den anglo-amerikanischen Staaten gebräuchliche Formen des sog. common law trust erfasst werden. Der Gesetzgeber hatte die ausdrückliche Absicht, die bis dahin bestehende Rechtslage, wonach die bloße Errichtung sog. Testamentstrusts, die nicht auf alsbaldige Verteilung des Trustvermögens gerichtet waren, grundsätzlich weder beim Trustverwalter noch beim Begünstigten zu einem steuerbaren Erwerb führten (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 21. April 1982 II R 148/79, BFHE 136, 133, BStBl II 1982, 597, und vom 7. Mai 1986 II R 137/79, BFHE 147, 70, BStBl II 1986, 615, jeweils m.w.N.), zu ändern. Nach der Gesetzesbegründung sollte der Vermögensübergang auf den Trust bei seiner Errichtung und auf die Anfallsberechtigten bei seiner Auflösung als jeweils zusätzlicher Erwerbstatbestand in die §§ 3 und 7 ErbStG aufgenommen werden und künftig der Besteuerung unterliegen (BTDrucks 14/23, 200; Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 2 Rz 122; Gebel, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge 1999, 249, 253; Habammer, Deutsches Steuerrecht (DStR) 2002, 425, 430). Die dafür erforderliche Vermögensbindung ist bei einem Trust dann anzunehmen, wenn der Errichter bestimmt hat, dass die Verwalter des Trusts das Vermögen im Interesse der später Begünstigten verwalten und auf diese im Rahmen einer sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Vermögensnachfolge übertragen sollen.

Der von der Erblasserin nach US-amerikanischem Recht zur Bindung von Vermögen errichtete Trust erfüllt diese Voraussetzungen. Das Vermögen war nach dem Testament der Erblasserin für einen bestimmten Zweck und bis zum Ableben der Klägerin gebunden. Die Beantwortung der Frage, ob bei einem sog. "revocable trust", bei dem sich der Errichter des Trusts eine Widerrufsmöglichkeit vorbehält, eine Bindung von Vermögen eintritt (vgl. Habammer, DStR 2002, 424, 430 f.), kann im Streitfall dahinstehen; denn die Erblasserin hat einen solchen Trust mit Widerrufsmöglichkeit nicht errichtet.

b) Die Klägerin ist Zwischenberechtigte i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG.

Zwischenberechtigte sind alle Personen, die während des Bestehens eines Trusts Auszahlungen aus dem Trustvermögen erhalten (vgl. Schindhelm/Stein, Finanz-Rundschau (FR) 1999, 880, 886; Bödecker, Internationale Wirtschaftsbriefe 1999, Gruppe 9 Fach 3, 135, 138; Habammer, DStR 2002, 424, 431). Der Senat folgt dieser Auslegung. Sie entspricht dem Zweck der Vorschrift, Besteuerungslücken zu schließen. Der Gesetzgeber beabsichtigte ausdrücklich eine Abgrenzung zu der im Urteil des Senats in BFHE 147, 70, BStBl II 1986, 615 zum Ausdruck kommenden Rechtsauffassung, wonach ein der deutschen Erbschaft-steuer unterliegender Erwerb erst mit dem Erlöschen der Zwischennutzungsrechte eintrete. Auch bei bestehenden Zwischennutzungsrechten soll ein Erwerb von der Vermögensmasse vorliegen (BTDrucks 14/433, 41).

Eine einschränkende Auslegung des § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG, wonach "Zwischen"-berechtigter nur sein könne, wer weder anfangs- noch endberechtigt sei (vgl. Fischer in Fischer/Jüptner/Pahlke/Wachter, ErbStG, 4. Aufl. § 7 Rz 471; Schuck in Viskorf/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 4. Aufl., § 7 ErbStG Rz 160; Jülicher, a.a.O., § 2 Rz 142), lässt den Zweck der Vorschrift außer Acht. Zwar wird derjenige, der den Trust errichtet und sich nach einer bestimmten Laufzeit selbst als Bezugsberechtigten benannt hat, nicht als Zwischenberechtigter im Sinne der Vorschrift anzusehen sein (Jülicher, a.a.O., § 2 Rz 142). Insoweit handelt es sich lediglich um eine Vermögensverschiebung mit dem Zweck der Selbstbeschränkung durch Einschaltung von Treuhändern, die das (eigene) Vermögen verwalten. Dies gilt aber nicht für den Endberechtigten eines von einem Dritten errichteten Trusts. Sofern dieser während der Laufzeit des Trusts Ausschüttungen erhält, erwirbt er sie als Zwischenberechtigter. Anderenfalls könnten die Vermögenssubstanz und die Vermögenserträge des Trusts vor Auflösung steuerfrei ausgezahlt werden (Schindhelm/Stein, FR 1999, 880, 886). Das Gegenteil soll durch § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 Halbsatz 2 ErbStG sichergestellt werden.

Anmerkung

Der BFH hat mit Urteil vom 25. Juni 2021, II R 31/19 "klargestellt", dass nicht jeder Empfänger einer Ausschüttung seitens eines US-amerikanischen Trusts auch ein Zwischenberechtigter ist. Zwischenberechtigter ist nach diesem Urteil vielmehr nur, wer unabhängig von einem konkreten Ausschüttungsbeschluss über dingliche Rechte oder schuldrechtliche Ansprüche in Bezug auf Vermögen oder Erträge der Vermögensmasse verfügt. Nicht zwischenberechtigt ist, wer über keine Rechte an der Vermögensmasse oder Ansprüche gegenüber der Vermögensmasse verfügt."

Wegen der derzeitigen Rechtslage verweisen wir auf den Beitrag Der US-amerikanische Trust und deutsche Erbschaftssteuer bzw. Schenkungssteuer

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