Der EuGH in am 19.07.2012 in der Rechtssache C 31/11 Scheunemann entschieden:
Eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, wonach bei der Berechnung der Erbschaftsteuer die Anwendung bestimmter Steuervergünstigungen auf einen Nachlass in Form der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat ausgeschlossen ist, während diese Vergünstigungen beim Erwerb einer solchen Beteiligung von Todes wegen gewährt werden, wenn sich der Sitz der Gesellschaft in einem Mitgliedstaat befindet, berührt vorwiegend die Ausübung der Niederlassungsfreiheit im Sinne der Art. 49 ff. AEUV, sofern die genannte Beteiligung es ihrem Inhaber ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen der betreffenden Gesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen. Diese Artikel sind nicht auf einen Sachverhalt anwendbar, der die Beteiligung an einer Gesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat betrifft.
Hintergrund
Die Klägerin (Frau Scheunemann) beerbt 2007 ihren Vaters. Beide wohnten in Deutschland. Die Erbschaft, zu der u. a. eine Beteiligung als Alleingesellschafter an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Kanada gehörte, wurde in Deutschland der Erbschaftsteuer unterworfen.
Mit Bescheid vom 24. November 2008 setzte das Finanzamt die von Frau Scheunemann geschuldete Erbschaftsteuer auf 299 381,95 Euro fest, wobei es den Wert der Beteiligung des Erblassers an der fraglichen Kapitalgesellschaft mit 1 142 115 Euro berücksichtigte. Da diese Gesellschaft weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung im Inland oder im Gebiet eines Mitgliedstaats hatte, wurden der in § 13a Abs. 1 ErbStG vorgesehene Freibetrag von 225 000 Euro und der verminderte Wertansatz nach § 13a Abs. 2 ErbStG nicht gewährt.
Die Klägerin legte Einspruch gegen den Bescheid des Finanzamts ein.
Gegen die Entscheidung, mit der ihr Einspruch zurückgewiesen wurde, erhob sie Klage beim Finanzgericht Bremen, das dieser nicht stattgab. Nach seiner Ansicht sind die Steuervergünstigungen nach § 13a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG nicht im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr, sondern allein anhand der Niederlassungsfreiheit zu prüfen, da die in dieser Vorschrift vorgesehene Mindestbeteiligung des Erblassers am Nennkapital der Kapitalgesellschaft von mehr als einem Viertel Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft gewähre. Die Niederlassungsfreiheit gelte aber nicht für eine Beteiligung an einer Gesellschaft mit Sitz in einem Drittstaat wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Gesellschaft.