FG S-H: Wirksames Errichtung eines Trusts als Voraussetzung der rechtlichen Verselbstständigung

Leitsatz

Ist ein anglo-amerikanischer Trust nach den für ihn maßgeblichen Vorschriften (hier: Recht von Guernsey) wirksam gegründet worden und hat der Errichter sich keine Herrschaftsbefugnisse vorbehalten, aufgrund derer er über das im Trust befindliche Vermögen tatsächlich weiterhin frei verfügen kann, ist die im Trust befindliche Vermögensmasse rechtlich als selbstständig (intransparent) anzusehen und fällt bei dem Tod des Errichters nicht in dessen Nachlass. Erbschaftsteuer ist insoweit nicht zu erheben.

Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht Urteil v. 10.10.2024 - 3 K 41/17

Auszug aus den Gründen

"Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 1. Var. ErbStG unterliegt der Erbschaftsteuer als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall (§ 1922 BGB). Mit dem Tod einer Person geht deren Vermögen als Ganzes auf den oder die Erben über, die dieses Erbe unter den Voraussetzungen der weiteren Bestimmungen im ErbStG zu versteuern haben. Da das in den Trust eingebrachte Vermögen im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin jedoch eine sogenannte intransparente (und damit rechtlich selbstständige) Vermögensmasse ausländischen Rechts im Sinne der §§ 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2 ErbStG ist, war es der Erblasserin im Todeszeitpunkt nicht mehr zuzurechnen und gehört folglich nicht zur Erbmasse (vgl. BFH-Gerichtsbescheid vom 25. Juni 2021 - II R 13/19, BFHE 275, 231, BStBl II 2022, 481). Im Zeitpunkt der Übertragung des Vermögens auf die ausländische Vermögensmasse wurde dieses von dem Vermögen der Erblasserin "entkoppelt", verselbstständigte sich im rechtlichen Sinne und konnte nicht mehr Teil der Universalsukzession im Sinne des § 1922 BGB sein.

Der Bundesfinanzhof - dem der erkennende Senat sich insoweit anschließt - hat hierzu unter Rückgriff auf die Grundsätze zu Stiftungen im Sinne von §§ 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1, 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1, 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 ErbStG festgehalten, dass das in einen intransparenten, wirksam gegründeten und rechtlich selbstständigen Trust eingelegte Vermögen dem Errichter nicht mehr zuzurechnen ist und schon deshalb nach inländischem Erbrecht - unabhängig von dem ausländischen Personalstatut des Trusts - nicht mehr der gesetzlichen Erbfolge oder einer Verfügung von Todes wegen unterliegt. Ist dem Trust vor dem Erbfall tatsächlich und rechtlich wirksam Vermögen zugeflossen, ist es nur noch dem Trust zuzuordnen. Der Tod des Errichters ist insoweit erbschaftsteuerrechtlich nicht von Bedeutung. Etwas Anderes gilt nur, wenn sich der Errichter der Vermögensmasse derart umfassende Herrschaftsbefugnisse vorbehalten hat, dass die Vermögensmasse ihm gegenüber über das Vermögen nicht tatsächlich und frei verfügen kann - dann steht das Vermögen einem Bankguthaben gleich und ist weiterhin dem Errichter zuzuordnen (vgl. zu alldem: BFH-Gerichtsbescheid vom 25. Juni 2021 - II R 13/19 -, BFHE 275, 231, BStBl II 2022, 481).

Nach diesen Maßstäben liegt in dem Trust eine wirksam gegründete, intransparente, rechtlich selbstständige Vermögensmasse vor. Die Erblasserin hat ihr Vermögen insoweit wirksam in den Trust eingebracht und dieses gegenüber ihrem dann noch vererbbaren (Rest-) Vermögen verselbstständigt (hierzu unter 1.) und sich oder dem Kläger und seinem Bruder daran keine schädlichen Herrschaftsbefugnisse vorbehalten, die den Trust als "transparent" kennzeichnen und/oder auf den Kläger hätten übergehen können (2.). Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Erblasserin oder der Kläger und sein vorverstorbener Bruder tatsächlich solche Herrschaftsbefugnisse ausgeübt hätten oder dem Trust aus anderen Gründen die rechtliche Anerkennung zu versagen wäre (3.).

1. Der Trust ist nach den insoweit maßgeblichen Bestimmungen des Rechts von Guernsey wirksam errichtet worden.

Die Frage danach, ob ein Recht im Todeszeitpunkt zur Erbmasse gehört - mithin hier die Frage, ob das Vermögen der Erblasserin tatsächlich und rechtlich wirksam in eine wirksam gegründete, rechtlich selbstständige und intransparente Vermögensmasse ausländischen Rechts im Sinne der §§ 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 2, 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG ausgegliedert wurde -, ist eine vom Erbstatut zu unterscheidende und kollisionsrechtlich gesondert anzuknüpfende Vorfrage (vgl. BFH-Gerichtsbescheid vom 25. Juni 2021 - II R 13/19 -, BFHE 275, 231, BStBl II 2022, 481, m.w.N.), die sich nicht zwangsläufig nach dem Recht, dem der Erbanfall selbst unterliegt - hier das deutsche Recht - richtet. Vielmehr bestimmten sich die maßgebende Rechtsordnung für die Rechtsverhältnisse der Vermögensmasse im ausländischen Trust grundsätzlich nach den Regeln des Internationalen Privatrechts, § 3 EGBGB, wobei ausweislich der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs grundsätzlich das Recht des Staates, nach dem die Gründung vollzogen wurde oder das Recht des tatsächlichen Verwaltungssitzes in Betracht kommen (vgl. BFH-Gerichtsbescheid vom 25. Juni 2021 - II R 13/19 -, BFHE 275, 231, BStBl II 2022, 481, m.w.N.).

Nach diesen Vorgaben ist die maßgebende Rechtsordnung hier die von Guernsey. Der erkennende Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des Rechtsgutachtens an, das im Hinblick auf die Beweisfrage zu 1. ausführt:

"Ein rechtsgeschäftlich errichteter Trust ("express trust'") entsteht durch Einigung zwischen Trustgründern ("settlors") und "trustees". Das Trustverhältnis verpflichtet den oder die "trustees", das Trustvermögen zugunsten von Begünstigten ("beneficiaries" oder "cestui que trust") zu halten und treuhänderisch zu verwalten. Der Trustee ist "legal owner" des Trustvermögens, das mit Trusterrichtung vom Vermögen des "settlors" getrennt wird.

[…]

Der C-Trust erfüllt unproblematisch die Merkmale eines "express trust".

Als rechtsgeschäftlich errichteter Trust ist der "express trust" vom Anwendungsbereich sowohl der Rom I-VO als auch der Rom II-VO ausgenommen und unterliegt insoweit dem autonomen deutschen IPR.

[…]

Für die kollisionsrechtliche Bestimmung des Truststatuts für derartige Trusts gibt es im Schrifttum unterschiedliche Ansätze. Das Truststatut regelt die Gründung und Verwaltung des Trusts, einschließlich der Pflichten und Rechte von Trustverwaltern, Gründern, Errichtern und Begünstigten.

Eine Denkrichtung qualifiziert "express trusts" als gesellschaftsähnliche Konstrukte, deren Statut wie bei juristischen Personen nach der Sitz- bzw. Gründungstheorie zu bestimmen ist.

[…]

Teilweise wird ein "express trust' stiftungsrechtlich qualifiziert.

[…]

Eine andere, wohl herrschende Ansicht betrachtet die Errichtung eines "express trust" als schuldrechtlichen Vertrag, der neben der Pflicht zur treuhänderischen Vermögensverwaltung Elemente der Geschäftsbesorgung enthält. Ein "express trust" ist danach schuldrechtlich zu qualifizieren.

Truststatut ist nach dieser Meinung bei einem unter Lebenden errichteten Trust das im "settlement'" gewählte Recht, andernfalls das Recht, zu dem der Trust die engste Verbindung aufweist.

[…]

Es kann offenbleiben, welche der genannten kollisionsrechtlichen Lösungen vorzuziehen ist, wenn sie zu demselben Ergebnis kommen.

Im vorliegenden Fall haben die Gründer eine Rechtswahl getroffen. Nach Ziff. 2 Settlement unterliegt der C-Trust dem Recht von Guernsey.

[…]

Wenn das Gericht das für den C-Trust maßgebliche Kollisionsrecht schuldrechtlich bestimmt, sind die im Beweisbeschluss gestellten Fragen zu den Befugnissen von "Trustee", "Settlor" und "Beneficiary" also nach dem Recht von Guernsey zu beantworten. Dies ist eine Verweisung auf die Sachnormen des berufenen Rechts, sodass es nicht auf das IPR von Guernsey ankommt.

[…]

Wenn das Gericht das Truststatut gesellschaftsrechtlich qualifiziert, ist dieses nach der Sitztheorie zu bestimmen, die nach der in Deutschland herrschenden Ansicht auf Gesellschaften anzuwenden ist, die ihren Verwaltungssitz außerhalb der Europäischen Gemeinschaft haben.

[…]

Für Trusts ist nach dieser Anknüpfung der tatsächliche Sitz der Trustverwaltung (effektiver Verwaltungssitz) maßgeblich. Der C-Trust ist am 3.10.1997 gegründet worden. Zu dieser Zeit lag der effektive Verwaltungssitz in Guernsey. Die Gründung des C-Trust und seine Verfassung waren daher nach dem Recht von Guernsey zu beurteilen. Eine Rück- oder Weiterverweisung dieses Rechts ist zu beachten (Art. 4 Abs. 1 EGBGB).

[…]

Das Recht von Guernsey nimmt die Verweisung an.

Siehe secs. 3, 4 The Trusts (Guernsey) Law, 1989, und sec. 14(1) The Trusts (Guernsey) Law, 2007.

Im Jahr 2012 ist die Trustverwaltung von der Q auf die R mit Sitz in Zürich übergegangen. Die deutsche Sitztheorie verweist daher von diesem Moment an auf das Kollisionsrecht der Schweiz. Es kann offen bleiben, wie sich der Wechsel des Verwaltungssitzes auf den Bestand die Rechtsakte ausgewirkt hat, die vor dem Jahr 2012, wie oben dargelegt, nach dem Recht von Guernsey zu beurteilen waren, wenn das schweizerische Kollionsrecht ebenfalls auf dieses Recht verweist.

Anders als im deutschen Recht wird in der Schweiz das Truststatut nach dem Recht des Gründungsstaates bestimmt.

Das Schweizerische Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) enthält in Art. 149 a eine Definition für Trusts, auf die dieses Gesetz anwendbar ist (in Kraft seit 1.7.2007).

Art. 149a

"Als Trusts gelten rechtsgeschäftlich errichtete Trusts im Sinne des Haager Übereinkommens vom 1. Juli 1985 über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung, unabhängig davon, ob sie im Sinne von Artikel 3 des Übereinkommens schriftlich nachgewiesen sind."

Das IPRG verweist also auf das Haager Trust Übereinkommen (HTÜ), dessen Trustbegriff aus Art. 2. HTÜ zu entnehmen ist.

"Im Sinn dieses Übereinkommens bedeutet der Ausdruck ‚Trust' die von einer Person, dem Begründer, durch Rechtsgeschäft unter Lebenden oder für den Todesfall - geschaffenen Rechtsbeziehungen, wenn Vermögen zugunsten eines Begünstigten oder für einen bestimmten Zweck der Aufsicht eines Trustees unterstellt worden ist.

Ein Trust hat folgende Eigenschaften:

a) das Vermögen des Trusts stellt ein getrenntes Sondervermögen dar und ist nicht Bestandteil des persönlichen Vermögens des Trustees;

b) die Rechte in Bezug auf das Vermögen des Trusts lauten auf den Namen des Trustees oder auf den einer anderen Person in Vertretung des Trustees;

c) der Trustee hat die Befugnis und die Verpflichtung, über die er Rechenschaft abzulegen hat, das Vermögen in Übereinstimmung mit den Trustbestimmungen und den ihm durch das Recht auferlegten besonderen Verpflichtungen zu verwalten, zu verwenden oder darüber zu verfügen.

Die Tatsache, dass sich der Begründer bestimmte Rechte und Befugnisse vorbehält oder dass der Trustee selbst Rechte als Begünstigter hat, steht dem Bestehen eines Trusts nicht notwendigerweise entgegen."

Der C-Trust dürfte die Merkmale dieser Definition erfüllen Für das auf Trusts anwendbare Recht verweist Art 149 c IPRG ebenfalls auf das HTÜ.

Art. 149 c

"] Für das auf Trusts anwendbare Recht gilt das Haager Übereinkommen vom 1. Juli 1985 über das auf Trusts anzuwendende Recht und über ihre Anerkennung.

2 Das vom Übereinkommen bezeichnete anwendbare Recht ist auch dort maßgebend, wo nach Artikel 5 des Übereinkommens dieses nicht anzuwenden ist oder wo nach Artikel 13 des Übereinkommens keine Verpflichtung zur Anerkennung eines Trusts besteht."

Das HTÜ sieht vor, dass zunächst die Rechtswahl des Trustgründers maßgeblich ist.

Art. 6:

"Der Trust untersteht dem vom Begründer gewählten Recht. Die Rechtswahl muss ausdrücklich sein oder sich aus den Bestimmungen der Errichtungsurkunde oder des Schriftstücks ergeben, das den Trust bestätigt, wobei diese, soweit erforderlich, nach den Umständen des Falles auszulegen sind."

Wie oben gesehen, enthält das "‚Settlement" des C-Trust in Ziff. 1 (i) und 2 eine Rechtswahl zu Gunsten des Rechts von Guernsey

Auch nach Verlegung der Trustverwaltung nach Zürich bleibt also das Recht von Guernsey Truststatut, weil das schweizerische Recht auf dieses Recht verweist. Eine Rückverweisung findet - wie oben dargelegt - nicht statt.

[…]

Sowohl die schuldrechtliche wie die gesellschaftsrechtliche Anknüpfung des Truststatuts verweisen auf das Recht von Guernsey. Eine Rückverweisung findet nicht statt."

(vgl. Gutachten vom 1. März 2024)

Der erkennende Senat macht sich diese sowie sämtliche folgende benannten Ausführungen des Gutachtens zu eigen, da er keine Zweifel an deren Richtigkeit hat. Insbesondere ist das Rechtsgutachten ausführlich, nimmt in zahlreichen Nachweisen auf (internationales) Recht, Literatur und Gerichtsentscheidungen Bezug und ist in sich schlüssig. Das Gericht hat keinen Anlass an der Expertise des Gutachters oder der Richtigkeit der rechtlichen Erwägungen im Gutachten zu zweifeln.

Da nach alldem sämtliche Anknüpfungspunkte zur Bestimmung des Truststatuts zu dem gleichen Ergebnis führen, kann hier unentschieden bleiben, welcher Ansicht der Vorrang zu geben wäre. Maßgeblich ist ausweislich des Gutachtens, dem sich weiter anzuschließen ist, das Recht von Guernsey und hier insbesondere The Trusts (Guernsey) Law, 1989 (Trust Law 1989), das Trust Amendments (Guernsey) Law, 1990 (Trust Law 1990), sowie das The Trusts (Guernsey) Law, 2007 (Trust Law 2007). Insbesondere ist das im März 2008 in Kraft getretene Trust Law 2007 auch auf Trusts anzuwenden, die - wie der C Trust - vor dessen Inkrafttreten gegründet worden sind. Alle Akte, die vor dem 17. März 2008 nach dem Trust Law 1989 getroffen worden sind und zu diesem Zeitpunkt fortwirkten, sind wirksam, wenn sie nach dem Trust Law 2007 getroffen oder fortgesetzt werden können (sec. 83 (2) TL 2007). Jede Bezugnahme auf das Trust Law 1989 in einem Trust-Dokument ("trust instrument", "will", "settlement'" oder "other instrument of whatever nature") ist so auszulegen ("shall [...] be construed") wie eine Bezugnahme auf das Trust Law 2007, wenn kein entgegenstehender Wille erkennbar ist (secs. 78, 83 (4) TL 2007). Die Ausübung von Befugnissen die einem Settlor oder einer anderen Person unter Geltung des Trust Law 1989 zugewiesen worden sind, kann nach der Entscheidung des Royal Court In the matter of K Trust nach den Regelungen des geltenden Trust Law 2007 (sec. 15) beurteilt werden. Die genannten Personen haben also bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten ab Geltung des neuen Gesetzes (17. März 2008) die erweiterten Befugnisse, die sec. 15 vorsieht. Im vorliegenden Fall kommt es darauf aber nur an, wenn die Tätigkeit der Settlors nicht bereits nach dem Trust Law 1989 zulässig war (vgl. zu alldem das Gutachten vom 1. März 2024). Im Übrigen sind Rechtsquellen im Trustrecht in Guernsey nach folgender Reihenfolge zu beachten: Guernsey statute, Guernsey case law, Guernsey customary law, English case law (soweit es nicht mit den Vorgenannten in Widerspruch steht), Jersey case law (soweit es nicht mit den Vorgenannten - mit Ausnahme des English Law - in Widerspruch steht) sowie case law of other common law jurisdictions (vgl. Gutachten vom 1. März 2024).

Der Trust ist nach den damit maßgeblichen Regelungen - insbesondere sec. 1 und sec. 19 Trust Law 1989 - auch wirksam gegründet worden. Dort heißt es:

Sec. 1

A trust exists if a person (a "trustee'') holds or has vested in him, or is deemed to hold or have vested in him, property which does not form, or which has ceased to form, part of his own estate -

(a) for the benefit of another person (a "beneficiary"'), whether or not yet ascertained or in existence;

(b) for any purpose which is not for the benefit only of the trustee.

Sec. 19

A trustee shall, subject to the terms of the trust and to the provisions of this Law(a) ensure that the trust property is held by or vested in him or is otherwise under his control; and

(b) preserve and enhance, so far as is reasonable, the value of the trust property.

Voraussetzung ist also, dass das Trustvermögen der vollständigen Verfügungsgewalt des Trustees unterliegt. Der Trustee ist "legal owner" des Trustvermögens, die Begünstigten haben ein "beneficial interest" am Trustvermögen (vgl. Gutachten vom 1. März 2024). Nach dem Ergebnis des Gutachtens vom 1. März 2024, dem der Senat sich weiter anschließt, ist der Trust nach den maßgeblichen Bestimmungen wirksam errichtet worden (vgl. Gutachten vom 1. März 2024).

Es liegt insbesondere kein unwirksamer "illusory trust" vor. Ein solcher wäre anzunehmen, wenn ein Gründer alleiniger "beneficial owner" des Vermögens bleibt, sich mithin so weitgehende Rechte einräumt, dass er Trustees abberufen, ihre Entscheidungen kontrollieren und das Trustvermögen auf sich übertragen oder ausschließlich für sich selbst nutzen kann. Zur gleichen Annahme eines unwirksamen "illusory trust" würde führen, wenn der Settlor sich nicht vollständig von seinem Vermögen getrennt hätte, sondern sich den Ertrag des Trustvermögens ohne Rücksicht auf die übrigen "Beneficiaries" gesichert hätte; er im Ergebnis die Rechte am Trustvermögen wie ein Eigentümer ("tantamount to ownership") behielte. Im hier zu entscheidenden Fall liegt auch kein unwirksamer Trust in Gestalt eines sog. "sham trusts" vor. Dies wäre nur anzunehmen, wenn Settlor und Trustee beabsichtigten, lediglich den Anschein einer wirksamen Trustgründung zu erwecken ("intention to mislead"), aber nicht beabsichtigten, die wesentlichen Grundzüge eines Trusts zu verwirklichen, insbesondere der Settlor die Verfügungsgewalt über sein Vermögen behält. Auf eine Betrugsabsicht gegenüber Dritten kommt es nach dem maßgeblichen Recht nicht an. Diese wesentlichen Grundzüge zur Prüfung der Wirksamkeit der Trustgründung nach dem Recht von Guernsey sind also die Trustgründungsabsicht, die Feststellung des Trustvermögens und der Identität der Begünstigten (vgl. zu alldem: Gutachten vom 1. März 2024).

Der Trust ist hiernach wirksam gegründet worden. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen im Rechtsgutachten an, wo es heißt:

"Die im "Settlement'" genannten "Settlors" haben die für den Trust reservierten Mittel in das formale Eigentum des "Trustee", der Q mit Sitz in Guernsey übertragen. Die Rechtsauskunft geht davon aus, dass auch die Mutter der Gründer kein Eigentum an den Zuwendungen behalten hat, die sie an den C-Trust geleistet hat. Sie kann als "real settlor" betrachtet werden (s.o.), obwohl sie im "Settlement" lediglich als "Beneficiary" genannt wird. Der "Trustee" ist gem. Ziff. 3, 4 "Settlement" Inhaber des Trustvermögens und der Erlöse aus diesem Vermögen, einschließlich des Vermögens, das dem "Fund" nach Gründung übertragen wird ("Settlement" Ziff. 1 (m)). Von dieser Übertragungsmöglichkeit hat die Mutter der Gründer Gebrauch gemacht. Gem. Ziff. 20 "Settlement" ist die Trustvereinbarung unwiderruflich.

[…]

Der C-Trust ist kein unwirksamer ‚‚illusory trust", denn die "Settlors" haben ihr Vermögen tatsächlich an den Trust übertragen und der "Trustee" hat die rechtliche Verfügungsgewalt über das Trustvermögen erhalten. Der C-Trust ist überdies kein "sham trust", denn "Trustee'" und "Settlors'"' hatten auch die Absicht, die Bestimmungen des "Settlement" einzuhalten."

2. Das im Trust gebundene Vermögen fiel auch nicht etwa deshalb in die Erbmasse, weil die Erblasserin sich oder ihren Söhnen hieran "schädliche" Herrschaftsbefugnisse vorbehalten hätte oder etwa der Kläger diese im Todeszeitpunkt erhielt. Das Vorliegen solcher Herrschaftsbefugnisse kann der Senat nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen.

Kann der Erblasser aufgrund vorbehaltener Befugnisse über das Vermögen weiterhin frei verfügen - ist mithin der Trustee gehindert, über das dem Trust übertragene Vermögen dem Settlor gegenüber tatsächlich und frei zu verfügen - ist die Vermögensmasse rechtlich als transparent zu betrachten und das Vermögen dem Erblasser weiter zuzurechnen. Es fällt beim Tod des Erblassers in den Nachlass und ist der Gesamtrechtsnachfolge zugänglich (vgl. BFH-Gerichtsbescheid vom 25. Juni 2021 - II R 13/19 -, BFHE 275, 231, BStBl II 2022, 481). Herrschaftsbefugnisse in diesem Sinne ergeben sich z.B. durch den Vorbehalt des Settlors/Errichters in Bezug auf die Entscheidungen über die Anlage und Verwendung des Vermögens, die Möglichkeit, ganz oder teilweise die Rückübertragung des Vermögens zu verlangen, und die Weisungsunterworfenheit der Trustees gegenüber dem Settlor (vgl. zu alldem: BFH-Gerichtsbescheid vom 25. Juni 2021 - II R 13/19 -, BFHE 275, 231, BStBl II 2022, 481).

Die Frage, ob wirksam Herrschaftsbefugnisse vorbehalten wurden, ist auf Grundlage derjenigen Rechtsordnung zu beurteilen, die die Rechtsverhältnisse der Vermögensmasse bestimmt - hier mithin nach oben Genanntem das Recht von Guernsey. Dasselbe gilt für die Frage, ob mit dem Tod des Errichters diese Befugnisse fortbestehen oder ob sie erlöschen und so der Errichter bzw. dessen Erbe die Rechtszuständigkeit am Vermögen zugunsten der dadurch intransparent werdenden Vermögensmasse selbst verliert. Es ist bei der insoweit ggf. erforderlichen Vertragsauslegung das maßgebliche ausländische Recht anzuwenden, die Auslegungsregeln der §§ 133157 BGB finden keine Anwendung. Den von den Vertragsparteien im Vertragstext verwendeten Rechtsbegriffen ist allein die Bedeutung beizumessen, die ihnen nach der ausländischen Rechtsordnung zukommt, sodass das deutsche Gericht letztlich das ausländische Recht so anzuwenden hat, wie es die Gerichte des ausländischen Staates auslegen und anwenden würden (vgl. zu alldem: BFH- Gerichtsbescheid vom 25. Juni 2021 - II R 13/19 -, BFHE 275, 231, BStBl II 2022, 481).

Solche Herrschaftsbefugnisse ergeben sich hier weder aus dem Settlement noch aus dem MOW. Die insoweit von dem Beklagten bzw. dem Finanzgericht im ersten Rechtszug noch als "schädlich" angesehenen Vereinbarungen im Settlement bzw. aus dem MOW geben nach dem maßgeblichen Trust-Recht von Guernsey weder der Erblasserin noch dem Kläger und seinem Bruder (als Gründer) solche Herrschaftsbefugnisse (vgl. Gutachten vom 1. März 2024). Das Gericht schließt sich insoweit vollumfänglich den Ausführungen im Gutachten an, in dem es heißt:

"Eine Trustvereinbarung ist nach dem Recht von Guernsey auch dann wirksam, wenn sich ein "settlor'" bestimmte Rechte gegenüber den "trustees" vorbehält.

1. Trust Law 1989

Nach sec. 44. TL 1989 ist es zulässig, den "settlors", "trustees" oder anderen Personen das Recht einzuräumen, das gesamte oder Teile des Trustvermögens oder der Beteiligungsrechte an diesem auf eine beliebige Person zu übertragen ("assign all or any of the trust property or any interest in it") oder zum Nutzen dieser Person zu verwenden, selbst wenn sie vor der Übertragung kein "beneficiary" war.

Sec. 44 TL 1989 lautet:

"Ihe terms of a trust may confer on the settlor, trustees or any other person power to appoint or assign all or any of the trust property or any interest in it to, or for the benefit of, any person (whether or not a beneficiary of the trust immediately prior to the appointment or assignment)."

Ein "settlor" kann sich also das Recht vorbehalten, über die Verwendung von Trustmitteln zu bestimmen.

[…]

Ein "trustee" kann sich professionell beraten lassen. Die Trustvereinbarung darf vorsehen, dass ein "trustee" vor Ausübung seiner Funktion die Genehmigung einer anderen Person einholen muss (sec. 28 TL 1989). Diese andere Person wird dadurch nicht selbst zum "trustee".

Sec. 28 TL 1989:

"(1) A trustee may consult professional persons by trustees in relation to the affairs of the trust.

(2) The terms of a trust may require a trustee to consult or obtain the consent of another person before exercising any function.

(3) A person shall not, by virtue of being so consulted or giving or refusing such consent, be deemed to be a trustee."

Ein weitreichender und zulässiger Vorbehalt ist das Recht, den Trust aufzulösen ("revocation'") oder das "settlement" zu ändern ("variation", sec. 45 (1) TL 1989).

Sec. 45 TL 1989 lautet:

"45. (1) A trust and any exercise of a power under a trust may be expressed to be capable of (a) revocation, in whole or in part; or (b) variation. [ ar

Im vorliegenden Fall ist jedoch laut Ziff. 20. "Settlement" die Trustvereinbarung unwiderruflich.

2. Trust Law 2007

Eine gegenüber dem TL 1989 erweiterte Aufzählung von möglichen Vorbehalten ist im TL 2007 enthalten.

Ähnliche Gesetze sind in anderen Staaten erlassen worden und werden häufig als "‚reseserved powers legislation" bezeichnet. Die Erweiterung der Befugnisse des "settlor" soll verhindern, dass ein Trust als "sham" betrachtet wird, wenn. ein "settlor" ohne Rechtsgrundlage die Verwaltung des Trustvermögens weitgehend bestimmt.

[…]

Laut sec. 15 TL 2007 kann sich ein "settlor" z.B. das Recht reservieren, den Trust zu widerrufen, die Trustbestimmgen zu ändern, Anweisungen an den "trustee" zu geben, und den "trustee" in der Ausübung seiner Aufgaben in der Weise zu beschränken, dass er sie nur mit Zustimmung des "settlors" oder einer anderen im "settlement' genannten Person ausüben darf.

Sec. 15. TL 2007 lautet:

"Reservation or grant of certain powers does not invalidate trust.

(1) A trust is not invalidated by the reservation or grant by the settlor (whether to the settlor or to any other person) of all or any of the following powers or interests -

(a) a power to revoke, vary or amend the terms of the trust or any trusts or functions arising thereunder, in whole or in part,

(b) a power to advance, appoint, pay or apply the income or capital of the trust property or to give directions for the making of any such advancement, appointment, payment or application,

(c) a power to act as, or give directions as to the appointment or removal of, a director or other officer of any corporation wholly or partly owned as trust property,

(d) a power to give directions to the trustee in connection with the purchase, retention, sale, management, lending or charging of the trust property or the exercise of any function arising in respect of such property,

(e) a power to appoint or remove any trustee, enforcer, trust official or beneficiary,

(f) a power to appoint or remove any investment manager or investment adviser or any other professional person acting in relation to the affairs of the trust or holding any trust property,

(g) a power to change the proper law of the trust or the forum for the administration of the trust,

(h) a power to restrict the exercise of any function of a trustee by requiring that it may only be exercised with the consent of the settlor or any other person identified in the terms of the trust,

(i) a beneficial interest in the trust property."

Alle Vorbehalte der Gründer im "Settlement"' vom 3.10.1997 sind nach den oben genannten Bestimmungen der "Trust Laws" von Guernsey zulässig.

VI. Herrschaftsbefugnisse von Frau M über das Trustvermögen

I. Rechte von Frau M gegenüber dem "Trustee" - Beweisbeschlusses

[…]

2. Definition von Herrschaftsbefugnissen nach deutschem Steuerrecht

Zur Definition von Herrschaftsbefugnissen i.S.d. deutschen Steuerrechts verweist das Revisionsurteil des BFH in dieser Sache u.a. auf ein BFH-Urteil vom 5.12.2018, Az. II R 915, dessen Formulierung das Revisionsurteil übernommen hat (Rn. 14). Das Urteil vom 5.12.2018 betraf die Rechte an einer unselbständigen Stiftung liechtensteinischen Rechts und gilt nach Ansicht des BFH auch für andere Vermögensmassen des ausländischen Rechts.

[…]

Falls Frau M dem "Trustee'' Weisungen erteilen oder die Rückübertragung des Vermögens verlangen oder in der oben genannten Weise auf den Trust einwirken konnte, hatte sie nach deutscher steuerrechtlicher Wertung also Herrschaftsbefugnisse über den C-Trust.

3. Rechte des "Trustee" nach den Bestimmungen des "Settlement"

Das "Settlement' gewährt den "Trustees'" weitreichende Freiheiten. In Anhang 1 Ziff. 1 ("General Power") werden dem "Trustee" alle Rechte zugewiesen, die eine natürliche Person als "beneficial owner" des Trustvermögens haben kann, soweit sie nicht durch Gesetz oder besondere Bestimmungen des "Settlements" eingeschränkt sind.

Gemäß Ziff. 4 "Settlement"' können die "Trustees" über die Verwendung der Einnahmen aus dem Trustvermögen zugunsten der "Beneficiaries" in freiem Ermessen ("absolute discretion") verfügen und ihnen für ihren Unterhalt oder andere Zwecke die Mittel zuwenden, die sie für angemessen halten. Die Bestimmung begründet jedoch keinen Anspruch eines Begünstig[t]en auf Auszahlung der Trusteinnahmen.

[…]

Der oder die "Trustees" können das "Settlement" zum Vorteil eines oder mehrerer "Beneficiaries" oder zur Verbesserung der Trustverwaltung ändern oder ergänzen, jedoch zu Lebzeiten eines "Settlor" nur mit dessen Zustimmung (Ziff. 21 "Settlement'"). Die ‚"‚Trustees" haben das Recht, vorhandene oder mögliche zukünftige "Beneficiaries" ganz oder teilweise von Bezügen aus dem Trust auszuschließen oder ihre Stellung als "Beneficiary' zu beenden ("Excluded Person", Ziff. 8 "Settlement"), sowie nach ihrem freien Ermessen "Beneficiaries" zu ernennen (Ziff. 9 "Settlement'"). Sie haben das Recht, den Trust einem anderen Recht als dem Recht von Guernsey zu unterstellen, alle oder einige ihrer Rechte auf andere Personen zu übertragen (Ziff. 13. "Settlement"), oder ihre eigenen Befugnisse zu erweitern oder zu beschränken, sofern mindesten zwei "Beneficiaries" vorhanden sind (Ziff. 14 "Settlement'").

Ziff. 5 (b) "Settlement" erlaubt dem "Trustee' nach seinem Ermessen, Kapital oder Einkommen aus dem Trustvermögen einem oder mehreren "Beneficiaries" zuzuwenden

[…]

Für die Beweisfrage ist es unerheblich, in welchem Umfang dies geschehen kann, denn die Klausel gewährt einem "Beneficiary"' - im vorliegen Fall Frau M - keinen Zahlungsanspruch. Während der Laufzeit des Trusts kann kein "Beneficiary" Ansprüche auf das Trustvermögen oder auf Erträge des Trusts erheben oder von den "Trustees" auch nur Rechnungslegung oder andere Informationen verlangen, die den Trust betreffen (Ziff. 24 Settlement).

[…]

Die "‚Trustees" haben gemäß Ziff. (Anhang 1) "Settlement'" das Recht, einem "Beneficiary" Kredite zu geben oder Schulden zu erlassen, aber ein "Beneficiary" hat darauf keinen rechtlichen Anspruch.

4. Rotes Kreuz als "Beneficiary"

Der C-Trust selbst ist nach aktuell geltendem Recht keine "charity". Als "charity" gilt gem. sec. 9(2) The Charities etc. (Guernsey and Alderney) Ordinance 2021 (konsolidierte Fassung) eine Organisation, die sich ausschließlich oder nahezu vollständig gemeinnützigen Zwecke widmet.

[…]

Das Rote Kreuz ist als ein "charity beneficiary" neben mehreren anderen so zu behandeln, wie es das Gesetz oder das "Settlement' vorsehen. Sec. 25 TL 1989 bestimmt, dass die "trustees" auch in einem solchen Fall keinen "beneficiary" bevorzugen dürfen.

[…]

5. Ergebnis zu Ziff. I 2a. des Beweisbeschlusses - Rechte von Frau M nach den Bestimmungen des "Settlement"

Nach den Bestimmungen des "Settlement" haben "Settlors" oder "Beneficiaries" gegenüber den "Trustees" keine Weisungsbefugnisse, die die Verwaltung oder Verwendungen des Trustvermögens betreffen. Das gilt auch für Frau M als "Beneficiary" und "real settlor". Zu prüfen bleibt, ob sich aus dem MOW Weisungs- oder Herrschaftsbefugnisse von Frau M gegenüber dem "Trustee" ableiten lassen.

VII. Rechtliche Bedeutung eines MOW

Laut Frage 2.b des Beweisbeschlusses ist die Bedeutung des MOW für die Rechte von Frau M zu klären.

Es ist üblich und wird empfohlen, dass "settlors" den "trustees'" ihre Absichten und Wünsche für die Verwaltung des Trustvermögens in einem "letter of wishes" (LOW) oder einem MOW übermitteln. Beide Bezeichnungen haben die gleiche Bedeutung.

[…]

Häufiger zu finden ist die Bezeichnung "letter of wishes". Im Folgenden werden die Kürzel LOW und MOW gleichbedeutend verwendet, weil die zitierten Dokumente entweder von "Letter of Wishes" oder "Memorandum of Wishes" sprechen.

LOW oder MOW sollen die Absichten der Trustgründer bekunden und können verbindlich oder unverbindlich sein.

[…]

Das TL 1989 erwähnt LOW nicht. Im TL 2007 werden LOW in sec. 38 (2) definiert:

[…]

Il. Verbindliche LOW Ein LOW kann verbindliche Bestimmungen enthalten, die als effektive "terms of trust" zu verstehen sind und das "settlement'" ergänzen.

In Literatur und Rechtsprechung sind keine Ausführungen über LOW zu finden, die sowohl verbindliche wir unverbindliche Formulierungen enthalten. Es wird allgemein von ‚"mandatory, binding" oder "non binding'" LOW gesprochen. Es ist aber anzunehmen, dass die Ausführungen auch für einzelne Bestimmungen in einem LOW gelten.

Nach Ansicht von Hayton muss ein verbindlicher LOW von den Trustees unterschrieben werden, damit er als bindender Bestandteil des "settlement" verstanden werden kann. Die zwingenden Bestimmungen des LOW haben diesem Fall Vorrang vor offenen "discretionary" Regeln des "settlement".

[…]

Indiz für die Absicht der Gründer, zwingende Regelungen im LOW zu treffen, kann die Benutzung von verbindlichen Formierungen ("mandatory language"), die Präzision und Ausführlichkeit der Ausführungen sein.

[…]

Die Pflichten eines "trustee", auch seine Auskunftspflicht, hängen davon ab, ob ein LOW neben dem "settlement' als zwingende ("mandatory"') Anweisung an die Trustees verstanden werden muss.

[…]

2. Unverbindliche LOW

In den meisten Fällen sollen LOW lediglich eine für den "trustee" unverbindliche Orientierung bei der Trustverwaltung bieten. Empfohlen wird, dies in der Formulierung zum Ausdruck zu bringen.

[…]

Wenn sich aus dem LOW nichts Gegenteiliges ergibt, ist ein LOW unverbindlich, soll aber in die Überlegungen der "trustees" einbezogen werden.

Siehe die Entscheidung des Jersey Royal Court im Fall Jasmine Trustees Ltd v M, (5.10.2021), [2021] JRC 248; Also known as: In the matter of The Piedmont Trust and the Riviera Trust, Rn. 63 "As Lord Walker of Gestingthorpe said in Pitt v Holt [2013] 2 AC 108 at [66]: ‚The settlor's wishes are always a material consideration in the exercise of fiduciary duties'. See also /nvestec Co-Trustees (Jersey) Limited v Kidd [2012] JRC 066 at [63] and Lewin on Trusts (20th Ed) at 29-046.

(ii) However, a letter of wishes is not binding upon trustees. They must make up their own mind and are free to depart from the settlor's wishes."

Siehe auch Royal Court Judgment 38/2004, Bathurst v Kleinwort Benson (Channel Islands) Trustees Limited et al., 9.8.2004, amended 14.9.2004, Rn. 122, zitiert aus Re Rabaiotti's 1989 Settlement [2000] WTLR 953: "In referring to a letter of wishes, we mean a document addressed by a settlor to trustees which is not binding upon the trustees, but which indicates the settlor's thoughts and wishes as to how the trustees might exercise their discretionary powers

Die Formulierung eines unverbindlichen LOW ist in der Entscheidung des Royal Court of Jersey in der Sache Re Esteem Settlement (Abacus (C.l) Limited as Trustee), Grupo Torras S.A. and Culmer v. Al Sabah and Four Others (13.6.2003), 2003 JLR 278, Rn. 185 zu finden: "Without attempting in any way to fetter the exercise by you of the powers and discretions conferred upon you by the Settlement, I have thought it right to set down in writing my reason for creating this Settlement and my wishes as to how I would like you to exercise the powers and discretions, so that these will be available for your guidance."

Siehe auch Sanders/Yates, Letters of wishes and their ongoing importance in a trustee's decisionmaking, Trusts & Trustees 28 (2022), 386, 387; Lewin/Tucker Rn. 211-006;

Die "trustees" müssen ihre eigenen Entscheidungen im Interesse der "beneficiaries" treffen und dürfen den Wünschen der Gründer nicht ohne eigene Überlegungen folgen.

Jasmine Trustees Ltd v M, Rn. 63: "As this Court said in Re Rabaiotti 1989 Settlement [2000] JLR 173 at 189: ‚The letter is, of course, not binding. If trustees slavishly follow a letter of wishes, their decision can be quashed on the grounds that it is not, in truth, the decision of the trustees. The trustees must make up their own minds as to how they should exercise their discretion in the best interests of one or more ofthe beneficiaries [...]nd

Sie müssen sich ein unabhängiges Urteil bilden und sind nicht an den LOW gebunden.

Jasmine Trustees Ltd. Rn. 63: "If a settlor establishes a discretionary trust, he and the beneficiaries have to accept that, whilst his views will be a material consideration, the decision is now for the trustees. Provided that their decision is not outside the band of decisions which a reasonable trustee, properly instructed, could reach, the Court will, on the assumption that it is a momentous decision which is reached in good faith and is not vitiated by any actual or potential conflict of interest, approve the decision".

Die Jasmine-Entscheidung verweist zudem auf Pitt v Holt [2013] 2 AC 108 at [66]: "But if [the settlor's wishes] were to displace all independent judgment on the part of the trustees themselves [...] the decision-making process would be open to serious question."

3. Vertraulichkeit von LOW

Die Unabhängigkeit von "trustees" von den Wünschen der "settlors"' wird auch dadurch belegt, dass sie in der Regel nicht verpflichtet sind, den Inhalt von LOW zu offenbaren.

[…]

Im vorliegenden Fall sind die Auskunftsrechte der "Beneficiaries" über den Trust in Nr. 24 "Settlement" beschränkt worden. Sie haben kein Recht, von den "trustees" Rechnungslegung oder Auskunft über das Trustvermögen zu erhalten (S.0.).

Dies entspricht der Gesetzeslage in Guernsey für den Fall, dass im "settlement" keine Ausnahmen vorgesehen sind. Ein "trustee'' muss den "beneficiaries" seine Überlegungen und Entscheidungsgrundlagen nur auf Anordnung eines Gerichts offenbaren (sec. 33 TL 1989).

"A trustee is not (subject to the terms of the deliberations. trust and to any order of the court) obliged to disclose documents which reveal

(a) his deliberations as to how he should exercise his functions as trustee;

(b) the reasons for any decision made in the exercise of those functions;

(c) any material upon which such a decision was or might have been based."

In sec. 38 TL 2007 ist ausdrücklich bestimmt, dass ein "trustee" über LOW keine Auskunft geben muss, wenn das "settlement' dies nicht vorsieht.

Viele Entscheidungen betreffen die Frage, unter welchen Umständen Gerichte auf Antrag von "benefiaries" anordnen können, LOW den "beneficiaries" bekanntzugeben. Dabei geht es um unverbindliche LOW.

Siehe Royal Court Judgment 38/2004, Bathurst v Kleinwort Benson (Channel Islands) Trustees Limited et al., 9.8.2004, amended 14.9.2004, Rn. 122, zitiert aus Re Rabaiotti's 1989 Settlement [2000] WTLR 953: "In referring to a letter of wishes, we mean a document addressed by a settlor to trustees which is not binding upon the trustees, but which indicates the settlor's thoughts and wishes as to how the trustees might exercise their discretionary powers."

Im Unterschied zu einer Gründungsvereinbarung ("settlement") sind LOW vertraulich, auch wenn sie zusammen mit einem "settlement' verfasst worden sind.

So im Fall Breakspear v Ackland; [2008] EWHC 220 (Ch), 2008 WL 371014 (High Court of Justice Chancery Division): "60. While in a sense a wish letter is the companion of the trust deed, it by no means follows that it therefore needs or ought to be afforded similar treatment in the hands of the trustees. The trust deed is a document which confers and identifies the trustees' powers. There is in principle nothing confidential about the existence and precise boundaries of those powers. By contrast, the wish letter, operating exclusively within those boundaries and purely in furtherance of the trustees' confidential exercise of discretionary powers, may properly be afforded a status of confidentiality which the trust deed itself entirely lacks."

Der "trustee" muss auf Wunsch eines "settlors" oder "beneficiary" - "charities" eingeschlossen - lediglich über den Status und Umfang des Trustvermögens Auskunft erteilen (sec. 22. TL 1989).

"Duty to give information (1) Subject to the terms of the trust, a trustee shall, at allreasonable times, at the written request ofany beneficiary (including any charity named in the trust) or of the settlor, provide full and accurate information as to the state and amount of the trust property [...]"

Eine ähnliche Bestimmung ist in sec. 26 TL 2007 zu finden.

IX. Rechte von Frau M, die sich aus dem MOW ergeben

1. Verbindlichkeit des MOW vom 3.10.1997

a) Wortlaut des MOW vom 3.10.1997

[Darstellung der Ziff. 1-7 MOW]

b) Auslegung des MOW vom 3.10.1997

Die meisten Bestimmungen des MOW sind als Wünsche formuliert worden. Die Formulierugen lauten: "we wish, we would expect, should be allocated, we expect". Diese Klauseln verpflichten die "Trustees" nicht, den Wünschen der "Settlors" zu folgen.

Lediglich in Ziff. 4, 5 und 7 wird das Wort "shall" benutzt, das in der englischen Umgangs- und Rechtssprache mehrdeutig ist. Meist ist es als verbindliche Anweisung zu verstehen, kann aber auch im Sinne von "should" oder "may" benutzt werden.

Siehe dazu den Beitrag von Sagar, "Shall" Shocked: The use of shall in legal documents, Contrary to lawyer's belief, shall does not have a single firm meaning. Bar & Bench, 19.6.2021. Der Autor verweist auch auf eine Definition in Black's Law Dictionary. Danach kann "shall" bedeuten:

"1. Has a duty to, more broadly, is required to ‚the requester shall send notice' ‚notice shall be sent'. This is the mandatory sense that drafters typically intend and that courts typically uphold.

2. Should (as often interpreted by courts), all claimants shall request mediation'.

3. May, no person shall enter the building without first signing the roster'. When a negative word such as not or no precedes shall (as in the example in angled bracket), the word shall often means may. What is being negated is permission, not a requirement.

4. Will (as a future tense verb), the corporation shall then have a period of 30 days to object'.

5. Is entitled to, the secretary shall be reimbursed for all expenses'."

Im Internet unter: https://www.barandbench.com/columns/shallshocked-the-use-of-shall-in-legal-documents. Zu Auslegungsregeln (Principles of Construction) siehe auch Pursall/Guthrie 63, 64.

Das MOW vom 3.10.1997 enthält nur unverbindlich formulierte Bestimmungen, mit Ausnahme der Ziff. 4, 5 und 7, die man nach dem zitierten Wörterbuchauszug als verbindlich verstehen kann. […]

2. Fragen des Beweisbeschlusses unter Ziff. 2

a) Ziff. 2. b. des Beweisbeschlusses - Verbindlichkeit des MOW

[…]

Das MOW enthält unverbindliche Wünsche an den Trustee. Nach Ziff. 24 des "Settlement" ist der "Trustee" nicht verpflichtet, Wünsche der Begünstigten zu befriedigen. Lediglich die Ziff. 7 kann nach ihrem Wortlaut als Anweisung an den "Trustee" verstanden werden, Investitionsentscheidungen der Gründer anzunehmen. Eine solche Anweisung ist nach dem Trustrecht von Guernsey zulässig (siehe unten IX. 2. d)).

b) Frage 2. b i) zu Ziff. MOW - Frau M als einzige Begünstigte

Die Frage lautet: i) Welche rechtliche Bedeutung ist dem Umstand beizumessen, dass in dem "Memorandum of Wishes" niedergelegt ist, dass die Trustgründer vom Trustmanager "erwarten", dass die Trusterrichterin zu ihren Lebzeiten als einzige Begünstigte des Trusts betrachtet wird und der Trustmanager auf ihre Anforderung Kapital oder Einkünfte an die Trusterrichterin auszahlt ("make distributions of capital or income to her on her request")?

Die Klausel ist als unverbindlicher Wunsch formuliert. Der "Trustee" ist nicht verpflichtet, ihr zu folgen. Sie bringt den Wunsch der Gründer zum Ausdruck, dass ihre Mutter als einzige Begünstigte behandelt werden soll. Sie wird durch die Bestimmung jedoch nicht zu der einzigen Begünstigten, weil die Klausel nicht die Regelung im "Settlement'" ersetzen kann, die mehrere Begünstigte vorsieht. Laut Ziff. 24 "Settlement" hat kein "Beneficiary" einen Anspruch auf das Trustvermögen oder dessen Erträge (s.o. zu Frage 2.a. des Beweisbeschlusses). Die Auszahlung liegt im Ermessen des "Trustee" (Ziff. 4 (a) "Settlement'").

c) Frage 2. b i) zu Ziff. MOW - Regelung für den Todesfall von Frau M 3

ii) Welche rechtliche Bedeutung ist der Regelung beizumessen, dass die Trustgründer nach dem Tod der Trusterrichterin "erwarten", dass der Trustmanager die Trustgründer als den einzigen Begünstigten betrachtet und auf deren Anforderung jeweils Kapital oder Einkünfte an die Trustgründer auszahlt ("make distributions of capital or income of the individual fund to each of us upon his request")?

Die Klausel ist ebenso unverbindlich wie die Bestimmung in Ziff. MOW und 2 gewährt den Trustgründern und "Beneficiaries" keine Ansprüche auf das Kapital oder Erträge aus dem Trustvermögen (s.o.).

d) Frage 2. b. iii) zu Ziff. MOW - Empfehlungen der Trustgründer

iii) Welche rechtliche Bedeutung ist der Regelung beizumessen, dass der Trustmanager hinsichtlich der Investmenttätigkeit des Trustfonds während der Lebenszeit der Trustgründer deren Empfehlungen annehmen "soll".

Laut Ziff. MOW soll ("shall") der "Trustee" Empfehlungen der Gründer über Investitionen des Trusts folgen.

"7. With respect to the investment of the Trust Fund the Trustee shall during our lifetime accept our recommendations."

Es ist zweifelhaft, dass die Klausel wegen der Benutzung des Wortes "shall" eine verbindliche Pflicht des "Trustee" begründet, denn sie ist nicht in dem "Settlement" enthalten, sondern in einer einseitigen Erklärung der Gründer in einer Liste, die überwiegend unverbindlich formuliert worden ist.

Zudem ist anzunehmen, dass in Ziff. 7 MOW nur Empfehlungen der namentlich genannten Gründer, also der Brüder O und E gemeint sind, weil nur sie das MOW unterschrieben haben. Frau M gilt zwar als "real settlor", hat aber das Dokument nicht unterzeichnet.

Selbst wenn man die Ziff. 7 als verbindliche Weisung auslegt, ist sie zulässig. Sie verstößt weder gegen TL 1989 noch TL 2007. Nach sec. 44 TL 1989 kann sich ein "settlor" das Recht vorbehalten, sowohl über die Verwendung der Trustmittel als auch über die Anlage des Vermögens zu bestimmen. In sec. 15 (d) TL 2007 ist eine ähnliche Regelung zu finden. Gem. sec. 28 (2) TL 1989 ist es zulässig, dass Anlageentscheidungen der Zustimmung einer bestimmten Person, also auch eines Gründers, bedürfen (s.o. 5.a).

Ziff. MOW gilt für Anlageentscheidungen (investment of the Trust Fund) und gewährt keinen Anspruch auf Auszahlung des Trustvermögens. Aus Ziff. 7 MOW ist somit nicht abzuleiten, dass Frau M Herrschaftsbefugnisse über den C-Trust besitzt.

e) Frage 2. c. Befolgung von Wünschen des "Settlor" oder "Beneficiary"

c. Welche rechtliche Bedeutung ist dem Umstand beizumessen, dass das Trustmanagement zu Lebzeiten der Errichterin auf deren "Bitte" tatsächlich Auszahlungen in erheblicher Höhe aus dem Trustvermögen an die Errichterin selbst, die Trustgründer und deren Angehörige vorgenommen hat (vgl. im Einzelnen Tz. I. 2 b) bb) der Entscheidungsgründe des Urteils vom 23. Januar 2019).

Frau M ist sowohl "real settlor" als auch "Beneficiary" des C-Trust. Ein "trustee" ist, wie oben dargelegt, verpflichtet, den Trust nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen zu verwalten. Frau M hat als "Beneficiary" keinen Anspruch auf Auszahlung von Trustmitteln (Ziff. 24 Settlement).

In dem Auszug aus der Nacherklärungsakte der BuStra (im Folgenden: Auszug) sind verschiedene Beschlüsse des "Trustee" (Trustees Resolutions) zu finden, die hier nicht vollständig und nur beispielhaft behandelt werden. Der Beschluss der Q vom 13.2.2003 nimmt Bezug auf Anfragen von Frau M und ihrem Sohn, Überziehungen des Kontos von Frau M zu decken. Der Beschluss bezeichnet diese Anfragen als "request" und berichtet, wie die Deckung aus dem Trustvermögen aufgebracht wird. Nach dem Wortlaut des Beschlusses ist die Deckungsanfrage nicht als Anweisung an den "Trustee", sondern als "request" formuliert worden. Der Beschluss vom 17.4.2001 bezieht sich auf einen "request" von Herrn O, der nach dem Wortlaut des Beschlusses nicht als verbindliche Anweisung an den Trustee zu verstehen ist. Weitere Anfragen wurden unverbindlich formuliert. Beispielsweise lautet die Formulierung im Brief vom 20.7:2002: "We should be grateful if you would consider amending the investment strategy [...]". Der Brief vom 15.10.2001 wird eingeleitet mit der Formulierung: "As Settlors and Beneficiaries of the C Trust we request you to consider the following investment proposal [...]" Es ist keine Pflichtverletzung des "trustee", wenn er den Wünschen von "beneficiaries" oder "settlors" nach eigenem Ermessen ohne Abweichung folgt. Aus diesem Umstand lässt nicht schließen, dass der "trustee" seine Unabhängigkeit aufgegeben hat. Die Befolgung von Wünschen gefährdet weder die Unabhängigkeit des "trustee" noch die rechtliche Existenz des Trusts.

Re Esteem Settlement a.a.O. Rn. 165: "In our judgment there is nothing untoward in beneficiaries making requests of a trustee as to the investment of the trust fund, the acquisition of properties for them to live in or for the refurbishment of properties in which they already live. In our judgment many decisions of this nature are likely to arise because of a request by a beneficiary rather than because of an independent originating action on the part of a trustee. The approach that a trustee should adopt to a request will depend upon the nature of the request, the interests of other beneficiaries and all the surrounding circumstances. Certainly, if he is to be exercising his fiduciary powers in good faith, the trustee must be willing to reject a request if he thinks that this is the right course. But when a trustee concludes that the request is reasonable having regard to all the circumstances of the case and is in the interests of the beneficiary concerned, he should certainly not refuse the request simply in order to assert or prove his independence. His duty remains at all times to act in good faith in the interests of his beneficiaries, not to act against those interests for improper reasons."

So auch Clyde-Smith, The Settlor/Trustee Relationship - Some Sense at last, Jersey L. Rev; Feb. 2004, Rn. 23 in einer Besprechung des Urteils Re Esteem Settlement (s.o.) (im Internet zu finden unter <https://perma.cc/HB8L-4KU3>) und Lewin/Tucker Rn. 21-066.

Es ist daher nicht nötig, dass der "trustee" von Zeit zu Zeit von den Wünschen des "settlor" abweicht, um seine Unabhängigkeit zu demonstrieren. Vielmehr kommt es darauf an, ob der "trustee" den Wünschen auf der Basis eines eigenen Urteils folgt. Nur dann, wenn ein "trustee" blind Anweisungen des "settlor" ausführt, kann seine Entscheidung gerichtlich aufgehoben werden.

Re Esteem Settlement Rn. 122: "Whether or not the settlor gets his way is dependent upon what the trustees decide in exercise of their fiduciary powers. The decision lies with the the trustees. If they refuse to go along with the settlor's request, there is nothing that the settlor can do about it. Conversely if trustees were to come under the control of a settlor so that they did not consider the matter in good faith in the way we have described but simply went along with the settlor's request because it was the settlor's request, such a decision would be reached in breach of their fiduciary duties and would be liable to be quashed."

Um den Verdacht auszuräumen, dass der "trustee" ohne eigenes Urteil den Wünschen von Gründern oder Begünstigten gefolgt ist, wird dem "trustee" geraten, seine Überlegungen zu dokumentieren: Clyde-Smith Rn. 23.

Die praktischen Schwierigkeiten für den Nachweis, dass "trustees" ihre Pflichten verletzt und kein eigenes Urteil gefällt haben, sind offensichtlich. Wegen der Vertraulichkeit der Entscheidungsfindung ist schwer zu beweisen, dass "trustees" ihre Entscheidungen nicht auf der Basis eigener Überlegungen und Informationen getroffen haben, sondern lediglich Wünschen von "Beneficiaries" oder "Settlors" nachgekommen sind als seien diese verbindliche Anweisungen.

Die Rechtsauskunft behandelt indes lediglich die Frage, ob und in welchem Umfang es dem "trustee" erlaubt ist, den Wünschen der Gründer oder Begünstigten nachzukommen. Zur Bewertung des deutschen Steuerrechts nimmt die Rechtsauskunft keine Stellung. Ob aus Sicht des deutschen Steuerrechts eine tatsächliche Herrschaftsgewalt von Gründern oder Begünstigten des C-Trust anzunehmen ist, wenn der "trustee" wiederholt oder häufig ihre Wünsche oder Anweisungen ohne Abweichung befolgt, ist nach deutschem Recht zu entscheiden.

f) Frage 2. d. - Abstimmung von Investitionsentscheidungen

d. Welche rechtliche Bedeutung ist dem Umstand beizumessen, dass eine Änderung der Portfoliostruktur des über den Trust angelegten Vermögens von einem der beiden Trustgründer[n] mit dem Trustmanagement verhandelt und abgestimmt worden ist, der weitere Trustgründer und die Errichterin ihre Zustimmung zur Umschichtung erteilt haben und das Trustmanagement dem tatsächlich gefolgt ist (vgl. im Einzelnen Tz. I. 2 b) bb) der Entscheidungsgründe des Urteils vom 23. Januar 2019).

Gemäß sec. 28 (2) TL 1989 ist es zulässig, dass Anlageentscheidungen der Zustimmung einer bestimmten Person, also auch eines Gründers, bedürfen. Laut sec. 15 (d) TL 2007 kann sich ein Gründer ebenfalls das Recht reservieren, dem Trustee Anweisungen zu Investitionen des Trusts zu geben. Von der gesetzlichen Möglichkeit, im "settlement" eine verbindliche Regelung dieses Inhalts zu treffen, haben die Gründer des C-Trust keinen Gebrauch gemacht, sondern lediglich in Ziff. 7 MOW bestimmt, dass der "Trustee" ihren Empfehlungen folgen soll. Es gelten daher die Ausführungen zu Frage c. (s.o.). Der Umstand, dass sich der "Trustee" mit den Gründern beraten hat oder ihren Investitionswünschen gefolgt ist, beweist für sich allein nicht, dass er seine Pflichten verletzt hat. Nur dann, wenn er ohne eigenes Ermessen die Ratschläge oder Wünsche der Gründer wie Anweisungen befolgt hat, sind seine Entscheidungen pflichtwidrig und können von einem zuständigen Gericht aufgehoben werden.

Die Frage 3 des Beweisbeschlusses ist nicht zu behandeln, weil Frau M nach Ansicht des Gutachtens aus den oben dargelegten Gründen nach dem Recht von Guernsey keine Herrschaftsbefugnisse über das Trustvermögen hatte."

3. Es ist mangels hinreichender konkreter Anhaltspunkte nicht davon auszugehen, dass die Erblasserin oder der Kläger und sein Bruder tatsächlich - entgegen dem rechtlich Vereinbarten - Herrschaftsbefugnisse im Zusammenhang mit dem Trust ausgeübt haben, die dazu führen könnten, den Trust bzw. die darin enthaltene Vermögensmasse als tatsächlich transparent und damit dem Erbe zurechnend anzusehen.

a) Hätten die am Trust Beteiligten bereits bei Gründung die Absicht gehabt, das übertragene Vermögen tatsächlich nicht den Regeln zu unterwerfen, die allgemein für Trusts gelten oder sich aus dem konkreten Settlement ergeben, mithin die Rechte und Verpflichtungen, die sich dem Anschein nach aus den Dokumenten und Rechtshandlungen ergeben, die der Gründung zu Grunde liegen, nicht beachtet werden sollen und die Gestaltung als Trust nur ein "Deckmantel" für die tatsächliche Verfügungsgewalt "wie über ein Girokonto oder eine Kapitalanlage" (so im Urteil des Finanzgerichts im ersten Rechtsgang), so würde es nach dem eingeholten Rechtsgutachten, dem sich weiter anzuschließen ist, bereits an der wirksamen Trustgründung fehlen, da es sich nach dem maßgeblichen Recht dann um einen sog. "sham trust" handeln würde. Dies ist nach dem unter 1. und 2. Gesagten aber nicht der Fall. Ein wirksam gegründeter Trust wird im Übrigen auch nicht nachträglich zum "sham", wenn sich Trustees nicht an die Trustregeln halten. In einem solchen Fall kommt allenfalls ein Verfahren wegen Verletzung von Treuepflichten in Betracht (vgl. zu alldem: Gutachten vom 1. März 2024). Solch ein Verfahren wegen Verletzung von Treuepflichten müsste aber unter der Jurisdiktion von Guernsey erfolgen. Soweit der Beklagte vorträgt, die Aufhebung der Entscheidungen der Trustees könne auch durch "ausländische" Gerichte erfolgen und deshalb stelle auch das ausländische Recht auf die tatsächliche Umsetzung in der Praxis ab, ist dies nicht nachvollziehbar. Aus dem Gutachten ergibt sich nicht, dass ein ausländisches Gericht Entscheidungen der Trustee aufheben kann, wenn diese quasi "blind" den Anweisungen der Settlors folgen. Auf S. 42 des Gutachtens wird nur allgemein von "gerichtlicher" Aufhebung gesprochen. Da das maßgebliche Trustrecht nach Internationalem Privatrecht wirksam das von Guernsey ist, gibt es keinen Raum dafür, anzunehmen, dass auch andere Gerichte als die des Truststatuts Entscheidungen der Trustees aufheben könnten.

b) Die Grundsätze eines - unbeachtlichen - Scheingeschäfts nach § 41 Abs. 2 AO können hier schon deshalb nicht zur Anwendung kommen, weil der Bundesfinanzhof in seinem Gerichtsbescheid vom 25. Juni 2021 (II R 13/19) festgestellt hat, dass die Frage der wirksamen Trustgründung und des Vorbehalts schädlicher Herrschaftsbefugnisse ausschließlich auf die Anwendung des Truststatuts - mithin dem Recht von Guernsey - abstellt. Hieran ist das erkennende Gericht gebunden, § 126 Abs. 5 FGO. Gleiches gilt hinsichtlich § 42 AO, der im deutschen Steuerrecht den Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten regelt.

Im Gegensatz (und möglicherweise Widerspruch dazu) wird im Gutachten vom 1. März 2024 darauf abgestellt, dass die Frage danach, ob aus Sicht des deutschen Steuerrechts eine tatsächliche Herrschaftsgewalt von Gründern oder Begünstigten anzunehmen ist, wenn der Trustee wiederholt oder häufig deren Wünsche oder Anweisungen ohne Abweichung folgt, nach deutschem Recht zu entscheiden ist.

Es ergibt sich aber ohnehin zumindest aus der Tatsache, dass den Bitten der Erblasserin und ihrer Söhne augenscheinlich seitens der Trustees uneingeschränkt nachgekommen wurde, weder nach deutschem Recht noch nach dem Recht von Guernsey, dass diese (etwa aufgrund nicht offen gelegter, schädlicher Innenabreden) die juristische Person des Trusts tatsächlich eklatant missbraucht hätten. Hierzu ist - dem Gutachten vom 1. März 2024 folgend - zunächst festzuhalten, dass das bloße uneingeschränkte Befolgen der Bitten der Erblasserin und des Klägers sowie seines Bruders per se in rechtlicher Hinsicht zulässig ist und ohne Weiteres nicht auf eine unzulässige Innenabrede hindeutet.

Im Rahmen der Würdigung des Prozessstoffes, hier insbesondere der Unterlagen über die tatsächlichen Zahlungsflüsse beim Trust seit der Gründung, ist festzustellen, dass die Erblasserin bzw. ihre Söhne von 1997 bis 2005 ihre Anfragen betreffend Ausschüttungen ausnahmslos als unverbindliche Anfragen/Anregungen formuliert haben. Sie wählten Formulierungen wie "kindly ask you to", "request you to exercise your discretionary powerst o make a distribution", "request the trustees to consider", "should be grateful if you would consider", "should you find this proposal acceptable", "kindly ask you to return the enclosed receipts" - mithin Formulierungen ohne unbedingten Anweisungs-/Befehlscharakter. Auffällig ist insoweit allenfalls die Formulierung eines Schreibens der Erblasserin aus dem September 1998 ("hiermit genehmige ich folgende Barbezüge meines Sohnes"). Dieser Bitte auf Zahlung von … CHF an den vorverstorbenen Sohn der Erblasserin ist offenbar im Dezember 1997 nachgekommen worden, der dazugehörige Beschluss der Trustees wurde erst rund 10 Monate später, am 2. Oktober 1998 getroffen.

In einer weit überwiegenden Anzahl der auf die Anfragen getroffenen Beschlüsse verweisen die Trustees im Übrigen auf entsprechende "requests", sie verstanden die Bitten der Erblasserin und ihrer Söhne mithin als Anfragen ohne bindenden Charakter. Die Entscheidungen der Trustees werden ausnahmslos unter Bezugnahme auf Regelungen des Settlements bzw. seines ersten Anhangs begründet, die sämtlich die Ermessensfreiheit der Trustees betonen. Hieraus lässt sich schließen, dass die Trustees sich bei der Entscheidungsfindung ihres (ungebundenen) Ermessens bewusst gewesen sind und dieses entsprechend ausgeübt haben. Aus der eben genannten "Genehmigung" der Erblasserin aus dem September 1998 lässt sich ebensowenig eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine Weisungsgebundenheit der Trustees ersehen. Unklar bleibt, weshalb die dazugehörige Beschlussfassung so spät erfolgte - indes wird in diesem Beschluss jedoch wiederum ausdrücklich auf Nr. 5b des Settlements verwiesen, sodass davon ausgegangen werden muss, dass die Trustees sich auch bei der Bestätigung dieser Auszahlung des ihnen zustehenden Ermessens bewusst gewesen sind.

Dass sie - soweit ersichtlich - ausnahmslos den Wünschen der Erblasserin und der Söhne gefolgt sind, ist zumindest ohne weitere Anhaltspunkte "unverdächtig". Denn inhaltlich geht es in den Anfragen der Erblasserin und der Söhne stets um Auszahlung (bzw. in einem Fall um Auskehr von Aktien zur Vermögensumbildung) für laufende Kosten/Lebensunterhalt (teilweise aus Kontoüberziehungen der Erblasserin) - genau zu diesem Zweck, namentlich (auch) der Unterhaltssicherung der Erblasserin bis zu deren Tod aus dem eingelegten Vermögen, ist der Trust gegründet worden (vgl. etwa die Bestimmung in Nr. 4a des Settlements: "Verwendung der Einkünfte aus dem Trustvermögen oder eines solchen Teils davon, wie es die Trustmanager nach uneingeschränktem Ermessen für den Unterhalt aller oder eines oder mehrerer Begünstigter … für geeignet halten"). Das Recht von Guernsey steht dieser Zwecksetzung nicht entgegen (s.o.). Zuzugeben ist, dass der Zweck der Unterhaltssicherung eines Begünstigten zwangsläufig dazu führt, dass ein Trustvermögen ggf. so regelmäßig wie ein Bankguthaben in Anspruch genommen wird.

Ebenso ist im Settlement niedergelegt, dass Begünstigte Darlehen aus dem Trust erhalten können. Dies entspricht auch einem legitimen Zweck eines Common Law Trusts, der typischerweise (auch) dafür gegründet wird, Vermögen langfristig zu sichern und deren Verwendung etwa für den Unterhalt der Familie, insbesondere auch über die nachfolgenden Generationen, zu sichern. Genau diesen Zweck verfolgt der Trust, der nach seinen Bestimmungen (und dem im MOW niedergelegten Beweggründen und Beschränkungen) ausdrücklich darauf ausgerichtet ist, nicht nur die Erblasserin und ihre Söhne, sondern auch deren Abkömmlinge und weitere Generationen, die im Zeitpunkt der Errichtung des Trusts ggf. noch nicht einmal geboren waren, in den Profit des Vermögens der Erblasserin zu bringen. Dass die Trustees offenbar keine Anfrage der Erblasserin oder ihrer Söhne zurückgewiesen haben, ist in rechtlicher (s.o.) wie in tatsächlicher Hinsicht ohne Hinzutreten weiterer Umstände unschädlich. Es wäre auch widersinnig zu verlangen, dass Trustees "hin und wieder" Anfragen zurückweisen sollten, um ihre Unabhängigkeit zu demonstrieren - dies zumindest, wenn - wie vorliegend - sämtliche Anfragen im Rahmen des Zwecks des Trusts und innerhalb der rechtlich eingeräumten Befugnisse der Trustees liegen.

Soweit der Beklagte als Anhalt für schädliche Herrschaftsbefugnisse die Tatsache anführt, dass gelegentlich die Beschlussfassung der Trustees nach Auszahlung der "bewilligten" Beträge erfolgt ist, reicht dies nicht, um den "bösen Schein" der Abhängigkeit der Trustees zu begründen. Dies erfolgte nach den vorliegenden Unterlagen von 1997 bis 2005 vier Mal: Beschluss Nr. 35 vom 30. November 2005 (Auszahlung am 14. November 2005, nach dem Tod der Erblasserin), Beschluss Nr. 31 vom 24. August 2004 (Auszahlung am 11. August 2004), Beschluss Nr. 23 vom 20. August 2002 (Auszahlung am 29. Juli 2002), Beschluss vom 2. Oktober 1998 (Auszahlung am 5. Dezember 1997). Insoweit ist dem Kläger beizupflichten, der darauf hinweist, dass die Beschlussfassung lediglich Dokumentationszwecken dient, und zumindest nicht reflexartig weitere Rückschlüsse auf Zeitpunkt und Art und Weise der zugrundeliegenden Entscheidung und die Ausübung von Ermessen besagt.

Ohne weitere Anhaltspunkte lässt sich aus den vorliegenden Unterlagen nach alldem kein Rückschluss auf fehlende Ermessensausübung oder eine angenommene Weisungsgebundenheit der Trustees ziehen.

c) Soweit in dem von dem Beklagten angeführten Urteil des FG Düsseldorf vom 25. Januar 2017 - 4 K 2319/15 Erb -, EFG 2017, 581) auf den Vorbehalt des ordre public gemäß Art. 6 EGBGB abgestellt wird, lässt sich hieraus für dieses Verfahren nichts gewinnen.

Nach dieser Norm ist die Rechtsnorm eines anderen Staates nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Sie ist insbesondere nicht anzuwenden, wenn die Anwendung mit den Grundrechten unvereinbar ist. Der damit statuierte Vorbehalt des (kollisionsrechtlichen) ordre public hat zur Folge, dass das nach den Verweisungsnormen des Internationalen Privatrechts eigentlich anwendbare ausländische Recht im konkreten Fall, jedenfalls mit dem von ihm vorgesehenen Inhalt, nicht angewendet werden darf. Voraussetzungen für das Eingreifen des ordre public sind demnach ein eklatanter Verstoß gegen die deutschen Wertvorstellungen und die Unerträglichkeit des Anwendungsergebnisses im konkreten Fall. Als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung muss überdies ein gewisser Inlandsbezug des Sachverhalts hinzukommen (vgl. zu alldem: D. Baetge in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., Art. 6 EGBGB, Rn. 4 und 11). Für die Anerkennung (ausländischer) juristischer Personen gebietet der Vorbehalt des ordre public etwa, der juristischen Existenz eines anglo-amerikanischen Trusts ausnahmsweise die Anerkennung zu versagen, wenn der Hauptzweck der Errichtung des Trusts die Begehung einer Steuerhinterziehung war (vgl. für Stiftungen: BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2014 - IV ZB 9/14 -, NJW 2015, 623; FG Düsseldorf, Urteil vom 25. Januar 2017 - 4 K 2319/15 Erb -, EFG 2017, 581, jeweils m.w.N.).

Umstände, welche im konkreten Fall die Zubilligung der Rechtsfähigkeit als offensichtlich unvereinbar mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts erscheinen ließen, sind hier indes nicht hinreichend erkennbar. Die Regelungen zu Trusts in Guernsey widersprechen der deutschen Rechtsordnung nicht grundsätzlich - ihre Anwendung tastet den Kernbestand der inländischen Rechtsordnung nicht an (insoweit voraussetzend, dass ausländische Rechtssätze als "anstößig empfunden" und "schlechterdings unerträglich", sein müssen: Geimer in: Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 9. Auflage 2024, 2. Kollisionsrechtlicher ordre public (Art. 6 EGBGB), Rn. 24). Der erkennende Senat hat darüber hinaus keine (ausreichenden) Anhaltspunkte dafür, dass Hauptzweck der Trustgründung im Jahr 1997 die Steuerhinterziehung gewesen sein soll. Nach den Angaben der Kläger in diesem Gerichtsverfahren und den im Settlement niedergelegten Motivationen, seien die Erblasserin und ihre Söhne zur Trustgründung aus dem Wunsch heraus, das Familienvermögen bei wirtschaftlicher Schieflage des Familienbetriebes dauerhaft für die Familie, insbesondere nachfolgende Generationen, zu erhalten, motiviert gewesen. Dies wird ausdrücklich durch die konkrete Beschränkung der Begünstigten auf Familiennachkommen (und das Deutsche Rote Kreuz) manifestiert.

Dies kann nicht widerlegt werden, wenngleich der von den Klägern damit zugestandene Gründungszweck zumindest als Reflex auch die Gläubigerbenachteiligung in einem drohenden Insolvenzverfahren des Familienunternehmens zu bewirken, - unabhängig von der moralischen Bewertung dieses Motivs - bei positiver Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit und vorsätzlichem Verhaltens bereits im Jahr 1997 nach deutschem Recht einen Straftatbestand (§ 283c des Strafgesetzbuchs) erfüllt hat. Dafür, dass die Gläubigerbenachteiligung Hauptzweck der Trustgründung gewesen sein soll, liegen indes nicht genügend Anhaltspunkte vor, die den Senat zu weiterer Sachaufklärung veranlassen müssten. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund, dass die generationenübergreifende Sicherung des Familienvermögens in sämtlichen Gründungsunterlagen absolut in den Vordergrund gestellt wird - und zwar so weit, dass auch für die folgenden (z.T. ungeborenen) Generationen dezidiert Regelungen getroffen wurden, etwa ab welchem Alter oder zu welchem Zweck diese überhaupt Ausschüttungen aus dem Trust erhalten dürften.

Auch für die von dem Beklagten in den Raum gestellte Motivation "Steuerhinterziehung" als Hauptzweck des Trusts gibt es nicht genügend konkrete Anhaltspunkte, die eine entsprechende Feststellung tragen könnten. Der Beklagte verweist im Termin zur mündlichen Verhandlung darauf, dass völlig unklar sei, woher das Vermögen, mit dem die Erblasserin den Trust ausstattete, stamme. Soweit Einkommensteuererklärungen der Erblasserin aus den Jahren vor Trustgründung noch nachvollzogen werden konnten, ergäben sich aus diesen zumindest nach dem Vorbringen des Beklagten keine Summen, die den Schluss nahelegten, die Erblasserin habe über Kapitalvermögen in derart relevanter Höhe verfügt. Die erklärten Kapitalerträge seien dafür zu niedrig gewesen. Zudem seien etwaige Ausschüttungen nicht ertragsteuerlich erklärt worden, obwohl es nach damaliger Verwaltungsauffassung insoweit gesonderter Feststellungserklärungen bedurft hätte. Soweit der Beklagte somit darauf abstellt, dass eine Steuerhinterziehung sich aus der Ausstattung des Trusts mit (vermeintlichem) Schwarzgeld ergeben könnte, kann offen bleiben, ob dem beizupflichten ist. Dass das Vermögen, das in den Trust geflossen ist, tatsächlich Schwarzgeld war - dessen "Schwarzgeldstatus" mit dem Einbringen in den Trust unzulässig perpetuiert worden wäre - lässt sich nicht erkennen. Es bleibt unklar, woher dieses Vermögen stammt. Denkbar wäre auch, dass es sich um Kapitalvermögen gehandelt hat, das in den Vorjahren schlicht keine oder nur wenig Rendite abgeworfen hat. Der Senat musste hierzu auch nicht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht weiter aufklären. Eine solche Aufklärung anhand der Vermutungen des Beklagten wäre gleichsam "ins Blaue hinein" erfolgt, da es außer der fehlenden ertragsteuerlichen Behandlung höherer Einkünfte in den Jahren vor Trustgründung hierfür keine Anhaltspunkte gibt - die fehlende Erklärung entsprechender Einkünfte in den Vorjahren lässt sich wie der Kläger aufzeigt auch anders erklären - namentlich damit, dass schlicht keine Ausschüttungen aus vorhandenem Kapitalvermögen erfolgt sind."

Anmerkung 

Das Urteil ist im Hinblick auf die Ermittlung des anwendbaren Rechts interessant. Zu beachten ist, dass sich die Ausführungen auf die Wirksamkeit der Errichtung des Trusts beziehen und nicht etwa auf alle Gesichtspunkte der Rechtsbeziehungen, die sich aus der Errichtung des Trusts ergeben. 

Weitere Informationen zum Thema Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer bei einem Trust finden Sie in den Beiträgen Der US-amerikanische Trust und deutsche Erbschaftssteuer bzw. Schenkungssteuer und Besteuerung von Common-law Trusts in Deutschland

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