Pficht zur Ablieferung einer letztwilligen Verfügung
Wer ein Testament, das nicht in amtliche Verwahrung gebracht ist, im Besitz hat, ist verpflichtet, es unverzüglich, nachdem er von dem Tode des Erblassers Kenntnis erlangt hat, an das Nachlassgericht abzuliefern, § 2259 BGB (Ablieferungspflicht).
Abzuliefernde Dokumente
Die Ablieferungspflicht betrifft alle Schriftstücke, die sich inhaltlich und äußerlich als letztwillige Verfügung darstellen können, ohne Rücksicht auf ihre sachliche und formelle Gültigkeit; abzuliefern sind auch Schriftstücke, deren Eigenschaft als Testament zweifelhaft ist; denn die Entscheidung darüber, ob ein Schriftstück die an ein Testament zu stellenden Anforderungen erfüllt, obliegt allein dem Nachlassgericht (vgl. KG Rpfleger 1977, 256; OLG Frankfurt OLGZ 1971, 205 f.). Auch ein Schriftstück, das nicht ausdrücklich oder sinngemäß als „Testament“ bezeichnet, sondern in der Form eines Briefes oder -einer „Erklärung“ oder Vereinbarung gehalten ist, ist jedenfalls dann abzuliefern, wenn sein Inhalt Anordnungen enthält, die für sich betrachtet entsprechend dem Sinnzusammenhang und dem Sprachgebrauch als erbrechtliche Anordnungen für den Todesfall des Verfassers aufgefasst werden können (KG a. a. O.). Abzuliefern ist stets die Urschrift (BayOblG vom 29.5.1981 - BReg. 1 Z 43/81 S. 9 f.).
Unerheblich ist es für die Ablieferungspflicht,
- ob der Erblasser Deutscher oder Ausländer war,
- ob der Begünstigte in Deutschland lebt oder im Ausland und
- welches Recht im Hinblick auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwenden ist.
Strittig ist, ob eine Verfügung von Todes wegen, die sich im Ausland befindet, abzuliefern ist. Da das Testament oftmals bei einem ausländischen Nachlassgericht abzuliefern sein wird, ist diese Frage aber eher akademischer Natur. Wird dem deutschen Eröffnungsgericht mitgeteilt, dass das Testament im Ausland zu Gericht gereicht wurde und aus der Verwahrung des ausländischen Gerichts nicht herausgegeben werden kann, wird nach unserer Erfahrung nicht auf der Ablieferung des Originals bestanden (Fall der Unmöglichkeit der Ablieferung). In diesem Fall muss eine vom ausländischen Gericht beglaubigte Kopie genügen (wenn man nicht davon ausgeht, dass die Pflicht erloschen ist).
Zuständigkeit
Die Urkunde ist beim gemäß §§ 343, 344 FamFG für die Testamentseröffnung zuständigen Nachlassgericht abzuliefern. Bei Ablieferung bei einem unzuständigen Gericht reicht dieses das Testament an das für die Eröffnung zuständige Gericht auf dem Amtsweg weiter.
Da die Ablieferungspflicht der Sicherstellung einer raschen Testamentseröffnung dient und die Testamentseröffnung nicht Gegenstand der EuErbVO ist (vgl. OLG Frankfurt a. M. (21. Zivilsenat), Beschluss vom 26.05.2020 – 21 SV 2/20, str.), richtet sich die internationale Zuständigkeit für die Ablieferung einer Verfügung von Todeswegen weiterhin nach § 105 FamFG.
Muster für Schreiben an Amtsgericht wegen Ablieferung
An das
Amtsgericht _______
- Nachlassgericht -
_________________________
Ablieferung eines Testaments gem. § 2259 BGB
Nachlass der/des am ___ verstorbenen ______________________
Sehr geehrte Damen und Herren
______ist am ______ verstorben. In der Anlage überreiche ich
- das Original des Testaments vom ________ (Datum).
Weitere Dokumente, die ein Testament oder Erbvertrag sein könnten, sind mir nicht bekannt.
Einen Antrag auf Testamentseröffnung oder oder Erteilung eines Erbscheins stelle ich mit diesem Schreiben nicht.