Testamentsvollstreckung: Steuerliche Pflichten des Testamentsvollstreckers

Den Testamentsvollstrecker treffen zahlreiche steuerlichen Pflichten, bei deren Verletzung ihm empfindliche Nachteile drohen. Der Beitrag zeigt auf, welche steuerliche Pflichten bestehen und wie eine Haftung vermieden werden kann.

Grundlagen

Steuerliche Pflichten treffen den Testamentsvollstrecker erst, wenn das Amt beginnt. Das Amt des Testamentsvollstreckers beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Ernannte das Amt annimmt, § 2202 (1) BGB. Allerdings kann im Einzelfall ein (Steuer-) Schaden, der durch eine  verspätete Annahme des Amtes verursacht werden, zu einer Haftung des Testamentsvollstreckers führen. 

Ergänzende Informationen zur Testamentsvollstreckung finden Sie in den Beitrag Der Testamentsvollstrecker - Einführung und den darin verlinkten vertiefenden Beiträgen. 

Deutsche Erbschaftssteuer

Der Erwerber den Erwerb von Todes wegen anzuzeigen, wenn die Anzeige nicht ausnahmsweise entbehrlich ist. Hierzu verweisen wir auf den Beitrag Erwerbsanzeige nach § 30 ErbStG im Erbfall.

Der Testamentsvollstrecker ist nach herrschender Meinung in seiner Funktion als Testamentsvollstrecker hingegen nicht verpflichtet den Erwerb anzuzeigen. In der Praxis wird der Testamentsvollstrecker allerdings zur Vermeidung von Haftungsrisiken regelmäßig den Erwerb anzeigen. 

Auf der Grundlage der Erwerbsanzeige und anderer Informationen (siehe hierzu den Beitrag Information des Erbschaftsteuerfinanzamtes im Erbfall) entscheidet die Finanzverwaltung, ob sie die Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung nach § 31 ErbStG verlangt. Dies gilt auch für den Testamentsvollstrecker  (BFH, Urteil vom 11. 6. 2013 - II R 10/11).

Auch wenn das Finanzamt den Testamentsvollstrecker zur Abgabe auffordert, ist er aber im Grundsatz nur insoweit nach § 31 Abs. 5 ErbStG zur Abgabe der Erklärung verpflichtet als dies nach dem im Testament zum Ausdruck gekommenen Willen des Erblassers zu seinem Aufgabenkreis gehört (BFH, Urteil vom 14.11.1990, BStBl. 1991 II S. 53 und 49).

Hinweis: Die Anordnung, dass der Testamentsvollstrecker ein Vermächtnis zu erfüllen hat, macht die Abgabe der Erbschaftsteuererklärung für den Vermächtnisnehmer noch nicht zur Aufgabe des Testamentsvollstreckers (vgl. BFH v. 9.6.1999 - B 11 101198, BStBl. II 1999,529).

Bei verspäteter Abgabe der Erklärung droht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags (§ 152 AO) bis zur Höhe von 10 % der festgesetzten Erbschaftsteuer und die Schätzung der Erbschaftsteuer (§ 162 AO.). Dies hat ggf. Schadensersatzansprüche der Erben gegen den Testamentsvollstrecker aus § 2219 (1) BGB zur Folge. Die gesetzte Frist kann bei schwieriger Konstituierung des Nachlasses gemäß § 109 AO verlängert werden.

Steuerliche Wahlrechte (z.B. Steuerklassenwahl bei Nacherbschaft) sind durch die Erwerber auszuüben.

Hinweis: Sind die Erben geschäftlich unerfahren oder krank, sollte sich der Testamentsvollstrecker vorab Vollmacht erteilen lassen, um steuerliche Wahlrechte auszuüben.

Der Steuerbescheid ist dem Testamentsvollstrecker bekannt zu geben, § 32 Abs. 1 ErbStG. Zur Vermeidung etwaiger Haftung sollte der Testamentsvollstrecker den Erwerbern den Erben unverzüglich Kopie des Steuerbescheids zusenden. Versäumt der Testamentsvollstrecker dies, ist den Begünstigten auf Antrag nach § 11 Abs. 3 AO Wiedereinsetzung zu gewähren.

Befugt Einspruch gegen den Bescheid einzulegen, ist nur der Erwerber und nicht der Testamentsvollstrecker (es sei denn er ist ausnahmsweise selbst Steuerschuldner).

Hinweis: Sind die Erben geschäftlich unerfahren oder krank, sollte sich der Testamentsvollstrecker vorab Vollmacht erteilen lassen, um erforderlichenfalls gegen den Bescheid Einspruch einzulegen.

Die Einspruchsentscheidung ist dem Erwerber mitzuteilen.

Steuerschuldner ist gemäß § 20 Abs. 1 ErbStG der Begünstigte und nicht der Testamentsvollstrecker. Nach § 20 Abs. 3 ErbStG haftet allerdings der Nachlass bis zur Auseinandersetzung für die Steuer der am Erbfall Beteiligten. Außerdem hat der Testamentsvollstrecker für die Bezahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen, § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG. Bei schuldhafter Verletzung dieser Pflicht haftet der Testamentsvollstrecker für die Nichtzahlung der Erbschaftsteuer. Daneben kommt eine Haftung des Testamentsvollstreckers für die Zahlung der Erbschaftsteuer in Betracht, wenn er die Verbringung von Nachlassgegenständen ins Ausland zulässt.

Für die sog. Nachsteuer, also wenn die Erbschaftsteuer nach Verteilung des Nachlasses festgesetzt wird, haftet er, wenn er mit der Festsetzung der Steuer rechnen musste und gleichwohl keinen entsprechenden Anteil des Nachlasses zurückbehalten hat (Verwaltungsanweisung der LfSt Bayern vom 04.02.2016 - S 3812.1.1 – 12/8 St34). 

Ausländische Erbschaftsteuer

Umfassen die Pflichten des Testamentsvollstreckers die Erklärung einer ausländischen Erbschaftsteuer (z.B. spanische Erbschaftsteuer), so ist auch zu prüfen, ob ihn nach ausländischem Recht die Pflicht zur Erklärung der Erbschaftsteuer trifft.

Vorsicht Haftungsfalle: Nach dem Recht vieler Staaten ist die Erbschaftsteuer in kurzer Frist zu erklären.

Vor dem Erbfall in der Person des Erblassers entstandene Steuern

Der Testamentsvollstrecker hat die Pflicht, für den Erblasser die Steuererklärungen zu erstellen (z.B. Einkommensteuer, Schenkungssteuererklärung) und anfallende Steuern auszugleichen, § 34 AO. Hiervon kann der Erblasser den Testamentsvollstrecker nicht befreien. 

Tipp: Die steuerlichen Pflichten des Testamentsvollstreckers gehen allerdings nicht weiter als seine zivilrechtlichen Befugnisse. Ein Testamentsvollstrecker mit gegenständlich beschränktem Wirkungskreis treffen daher nur eingeschränkte Pflichten (vgl. BFH BStBl. 1971 II S 119; BFHE 188, 440 = ZEV 1999, 325).

Hat der Erblasser unrichtige oder unvollständige Steuererklärungen abgegeben, so ist der Testamentsvollstrecker nach § 153 Abs. 1 Satz 2 AO in der Regel verpflichtet, die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Steuererklärungen des Erblassers  richtig zu stellen (Berichtigungspflicht). Dies hat ohne schuldhaftes Zögern zu geschehen. Voraussetzung der Berichtigungspflicht ist, dass der Testamentsvollstrecker positive Kenntnis von der Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Erklärung des Erblassers hat. Erkennen-Müssen oder Erkennen-Können reicht nach unserer Auffassung nicht aus. Der Testamentsvollstrecker muss auch erkannt haben, dass durch die Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der Erklärung eine Steuerverkürzung eingetreten ist bzw. eintreten kann. Allein der Umstand, dass der Erblassers im Ausland ein Konto hatte (z.B. Schweiz), begründet noch keine Verpflichtung nach § 153 AO. § 153 AO begründet auch keine Pflicht für den Testamentsvollstrecker, nach Unrichtigkeiten zu suchen. 

Der Testamentsvollstrecker haftet für die Erfüllung steuerlicher Pflichten, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der auferlegten Pflicht nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden oder auch nur erfüllt werden können, § 69 AO.

Hinweis: Wenn die Erben feststehen und die Eigentumsverhältnisse am Nachlass geklärt sind, ist es ausnahmsweise nicht Aufgabe des Testamentsvollstreckers, die öffentlich-rechtlichen Pflichten der Erben zu erfüllen.

Nach dem Erbfall entstandene Steuer

Im Hinblick auf nach dem Erbfall verwirklichte Steuertatbestände, ist Steuerpflichtiger im Grundsatz der Erbe und nicht der Testamentsvollstrecker (vgl. BFH, 29.08.1973 - I R 242/71). 

Den Testamentsvollstrecker treffen aber nach § 92 AO Auskunfts- und Vorlagepflichten. 

 Der Testamentsvollstrecker kann außerdem nach § 2218 i. V. m. § 666 BGB verpflichtet sein, den Erben die zur Abgabe der Steuererklärung erforderlichen Informationen zu geben und etwa benötigte Nachweise zur Verfügung zu stellen (z. B. Aufstellungen von Einnahmen und Werbungskosten, einbehaltene Quellensteuern, etc.), damit diese ihren Erklärungspflichten nachkommen können. 

Die Erben müssen im Grundsatz auch auf Einkünfte aus der Verwaltung des Nachlasses (z.B. Nachlassimmobilie) Einkommensteuer zahlen. Dies gilt selbst dann, wenn die Einkünfte (noch) nicht an sie ausgekehrt wurden.

Hinweis: Der Testamentsvollstrecker kann aber verpflichtet sein, dem Erben den Betrag auszukehren, den er für die Tilgung der aus dem Nachlass folgenden Steuerverbindlichkeit benötigt. Ausnahme: Hiergegen sachliche Gründe, z.B. schlechte Liquidität des Nachlasses oder unbefriedigte Gläubigerforderungen.

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