Aufgaben des Testamentsvollstreckers
Hat der Erblasser nichts besonderes bestimmt, ist der Testamentsvollstrecker dazu verpflichtet, die letztwilligen Verfügungen zur Ausführung zu bringen (§ 2203 BGB) und die Auseinandersetzung des Nachlasses zu betreiben (§ 2204 BGB). In diesem Fall wird er auch als Abwicklungsvollstrecker bezeichnet.
Der Erblasser kann anordnen, dass der Testamentsvollstrecker auch nach der Abwicklung der Erbschaft den Nachlass für einen längeren Zeitraum verwalten soll (Dauertestamentsvollstreckung), § 2209 BGB.
Der Erblasser kann einem Testamentsvollstrecker nur die Verwaltung des Nachlasses übertragen, ohne ihm andere Aufgaben als die Verwaltung zuzuweisen (Verwaltungsvollstreckung), § 2209 BGB, oder die Erfüllung der Pflichten einer im Testament begünstigten Person zu überwachen (beaufsichtigende Testamentsvollstreckung).
Übersicht: Pflichten des Testamentsvollstreckers
Je nach Umfang der ihm vom Erblasser übertragenen Aufgaben, treffen den Testamentsvollstrecker unterschiedliche Pflichten. Hat der Erblasser nichts anderes im Testament angeordnet und soll somit der Testamentsvollstrecker den Nachlasses abwickeln und die Teilung betreiben (Abwicklungsvollstrecker), hat er insbesondere die Pflicht
- den Bestand des Nachlasses zu ermitteln und in Besitz zu nehmen (sog. Konstituierung);
- unverzüglich ein Nachlassverzeichnis vorzulegen,
- die Erben über besondere Umstände unaufgefordert zu unterrichten,
- zur Auskunftserteilung,
- den Nachlass ordnungsgemäß zu verwalten,
- die Teilung vorzubereiten,
- einen Auseinandersetzungsplan zu erstellen und
- abschließend einen Rechenschaftsbericht vorzulegen.
Konstituierung des Nachlasses
Der Testamentsvollstrecker soll den Bestand des Nachlasses ermitteln und den Nachlass in Besitz nehmen.
Hierzu hat er erforderlichenfalls Nachforschungen zum Nachlass anzustellen, z.B. durch Anfragen bei Finanzinstituten (Banken, Sparkassen, Volksbanken, Lebensversicherungen).
Er hat ferner zu ermitteln, ob es ausgleichungspflichtige Zuwendungen (z.B. Schenkungen, Todesfallbegünstigungen aus einer Lebensversicherungen) gegeben hat.
Pflicht des Testamentsvollstreckers zur Vorlage eines Nachlassverzeichnisses
Der Testamentsvollstrecker dem Erben unverzüglich - also ohne schuldhaftes Zögern - nach der Annahme des Amts ein Verzeichnis der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände und der bekannten Nachlassverbindlichkeiten (Nachlassverzeichnis) mitzuteilen, § 2215 (1) BGB.
Das Nachlassverzeichnis muss alle der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlassgegenstände aufführen. Eine Verpflichtung besteht aber nur im Hinblick auf ihm bekannte Nachlassgegenstände.
Wenn der Testamentsvollstrecker im Laufe der Testamentsvollstrecker Kenntnis von weiteren Nachlassgegenständen erhält, muss er das Nachlassverzeichnis daher gegebenenfalls ergänzen und den Erben entsprechende Mitteilung durch Übersendung eines aktualisierten Nachlassverzeichnisses machen.
Zweifelhafte oder bestrittene Gegenstände sind bis zu einer Einigung oder anderweitigen Klärung im Nachlassverzeichnis aufzuführen.
Eine Wertangabe ist in der Regel nicht erforderlich, aber oft zweckmäßig. Zur Vermeidung von Streitigkeiten sollte bei der Wertangabe auch angegeben werden, worauf sich diese stützt.
Das Verzeichnis ist mit der Angabe des Tages der Aufnahme zu versehen und von dem Testamentsvollstrecker persönlich zu unterzeichnen.
Der Testamentsvollstrecker hat auf Verlangen die Unterzeichnung öffentlich beglaubigen zu lassen.
Der Erbe kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des Verzeichnisses zugezogen wird. Der Testamentsvollstrecker ist berechtigt und auf Verlangen des Erben verpflichtet, das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufnehmen zu lassen. Die Kosten der Aufnahme und der Beglaubigung fallen dem Nachlass zur Last.
Pflicht des Testamentsvollstreckers zur Verwaltung des Nachlasses
Sofern nichts anderes bestimmt oder anzunehmen ist, hat ein Abwicklungstestamentsvollstrecker (§ 2203 BGB) nach der Konstituierung des Nachlasses
- die Nachlassverbindlichkeiten zu tilgen,
- nicht mehr benötigte Verträge zu kündigen,
- über Anlage von Vermögen zu entscheiden und
- zu prüfen, ob der Erblasser seinen steuerlichen Pflichten nachgekommen ist und erforderlichenfalls Nacherklärungen oder Berichtigungen einreichen.
Erklärung und Zahlung der Erbschafteuer
Der Testamentsvollstrecker hat gemäß § 31 Absatz 5 ErbStG die Erbschaftsteuererklärung beim zuständigen Erbschaftsteuerfinanzamt abzugeben. Für weitergehende Informationen verweisen wir auf den Beitrag Testamentsvollstreckung: Steuerliche Pflichten des Testamentsvollstreckers.
Auseinandersetzung des Nachlasses
Gemäß § 2204 BGB hat der Testamentsvollstrecker, wenn mehrere Erben vorhanden sind, die Auseinandersetzung unter ihnen nach Maßgabe der §§ 2042 bis 2057a BGB zu bewirken (siehe hierzu auch den Beitrag Erbteilung und Erbteilungsklage.
Er hat die Erben über den Auseinandersetzungsplan vor der Ausführung zu hören.
In dem Auseinandersetzungsplan erklärt er wie er bei der Auseinandersetzung des Nachlasses vorgehen wird. der Auseinandersetzungsplan hat den rechtlichen Charakter eines einseitig feststellenden Rechtsgeschäfts des Testamentsvollstreckers, das an die Stelle eines Auseinandersetzungsvertrags der Miterben tritt und daher grundsätzlich sowohl den Testamentsvollstrecker als auch die Erben bindet.
Auskunft, Information und Rechenschaftspflicht
Benachrichtigungspflicht
Den Testamentsvollstrecker trifft unter bestimmten Voraussetzungen die Pflicht den oder die Erben ohne vorherige Aufforderung zu beachrichtigen (Benachrichtigungspflicht), § 2218 Absatz 1 BGB i.V.m. § 666 Alt. 1 BGB.
Die Pflicht besteht im Hinblick auf rechtlich und wirtschaftlich bedeutsame Vorgänge, welche im Zusammenhang mit der Amtsführung bestehen, z.B. Veräußerung von wichtigen Nachlassgegenständen, Gefahren für Nachlassgegenstände. Ob der Vorgang so bedeutsam ist, dass der Testamentsvollstrecker zu einer Benachrichtigung verpflichtet ist, ist vom Wert des Vorgangs, dem Verhältnis zum Erben, den Einflussmöglichkeiten des Erben und des Testamentsvollstreckers sowie dem (mutmaßlichen) Wille des Erblassers abhängig. Bei Verletzung der Benachrichtigungspflicht kann der Testamentsvollstrecker zum Ersatz für den hierdurch verursachen Schaden verpflichtet sein. Ferner kann er bei besonders schwerwiegenden Folgen zu entlassen sein.
Wenn der Testamentsvollstrecker für die Verwaltung von Vermögen im Ausland nicht verantwortlich ist, die Erben dies aber irrig annehmen, kann er verpflichtet sein die Erben aufzuklären (vgl. BayObLG, Beschluss vom 26.11.2004 – Az. 1Z BR 74/04).
Auskunftspflicht über den Stand der Testamentsvollstreckung
Der Testamentsvollstrecker hat auf Verlangen Auskunft über Stand der Testamentsvollstreckung zu geben, § 2218 Abs. 1 BGB § 666 Alt. 2 BGB.
Auskunft wird nur auf Verlangen geschuldet (Auskunftsverlangen).
Praxistipp: Bei Zweifeln an der Verlässlichkeit der Auskunft sollte verlangt werden, dass der Testamentsvollstrecker die Auskunft persönlich erteilt, also z.B. durch von ihm persönlich unterzeichnetes Schreiben.
Rechenschaftspflicht des Testamentsvollstreckers
Der Testamentsvollstrecker ist verpflichtet, dem Erben auf Verlangen nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen, § 2218 Abs. 1 BGB i.V.m. § 666 ff. BGB.
Der Rechenschaftsbericht muss systematisch geordnet, vollständig und übersichtlich sein. Er muss alle Ein- und Ausgaben aufführen, wobei die üblichen Belegen beizufügen sind, § 259 Abs. 1 BGB. Je nach Fall ist der Bericht so zu erläutern, dass sich der Erbe ein Bild über die Durchführung der Testamentsvollstreckung machen kann. Nicht ausreichend ist daher, wenn Belege ohne eine übersichtliche Aufstellung mehr oder weniger ungeordnet vorgelegt werden, verbunden mit dem Angebot, diese mündlich zu erläutern (BGH NJW 1963, 950). Für das Verständnis wichtige Belege sind erforderlichenfalls neu zu beschaffen (BGHZ 39, 94).
Der Rechenschaftsbericht wird nach Ende der Testamentsvollstreckung geschuldet (Schlussabrechnung). Bei einer länger dauernden Verwaltung (Abwicklungs- oder Dauervollstreckung) kann der Erbe nach Abs. 2 jährlich Rechnungslegung verlangen.
Unter den Voraussetzungen der §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB ist der Testamentsvollstrecker zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichtet.
Die Pflicht zur Rechenschaft und Versicherung an Eides Statt besteht gegenüber allen Erben, aber auch gegenüber einzelnen Miterben. Der Miterbe kann aber nur Leistung an alle verlangen.
Sorgfaltsmaßstab und Haftung des Testamentsvollstreckers
Der Testamentsvollstrecker ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet, § 2216 (1) BGB. Er hat die Anordnungen, die der Erblasser für die Verwaltung durch letztwillige Verfügung getroffen hat, zu befolgen, § 2216 (2) BGB.
Bei der Verwaltung ist er zu besonderer Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit angehalten, er muss das ihm anvertraute Vermögen sichern und erhalten, vor allem Verluste vermeiden und Nutzungen gewährleisten (vgl. BGH, NJW-RR 1989, 642). Er ist insbesondere zu Kontrollmaßnahmen verpflichtet, um rechtzeitig drohenden Gefahren und Verlusten zu begegnen (vgl. BGH, NJW-RR 1995, 577 [578]). Im Rahmen des ihm zustehenden Verwaltungsermessens darf der Testamentsvollstrecker sich nicht grundlos über die Interessen und Vorstellungen der Erben und anderer Beteiligten hinwegsetzen.
Verletzt der Testamentsvollstrecker diese Pflichten schuldhaft, ist er für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich, § 2217 (1) BGB.
Ist in Folge der Pflichtverletzung dem Nachlass ein Schaden entstanden, können die Erben Zahlung von Schadenersatz gegen den Testamentsvollstrecker verlangen.
Ferner kann die Pflichtverletzung unter Umständen die Entlassung des Testamentsvollstreckers begründen.
Schließlich müssen die Erben unter Umständen eine pflichtwidrige Handlung nicht gegen sich gelten lassen.