Erbrecht Singapur - Einführung

Anwendbares Erbrecht

Im Fall der gesetzlichen Erbfolge bestimmt sich gemäß Sec. 4 Abs. 1  Intestate Succession Act (ISA) im Hinblick auf das bewegliche Vermögen (movable property) in Singapur das anwendbare Erbrecht nach dem domicile des Erblassers; der Begriff domicile wird dabei wie im Recht von England und Wales bestimmt. Im Hinblick auf Immobilien (immovables) in Singapur ist bei gesetzlicher Erbfolge das Recht am Ort der Belegenheit anzuwenden, Sec. 4 (2) ISA.Betreffend die Wirksamkeit der Form nach gelten die Regeln des Wills Act (WA); diese werden unter dem Absatz Wirksamkeit von Testamenten der Form nach. Ansonsten gelten die Regeln des common law (siehe hierzu Beitrag Internationales Erbrecht - Singapur). Für Personen muslimischen Glaubens gibt es besondere Gesetze (diese werden hier nicht dargestellt). 

Testierfähigkeit

Das Testament einer Person unter 21. ist unwirksam, Sec. 4 WA. Weiter Voraussetzungen sind nicht gesetzlich normiert. Stattdessen werden die Voraussetzungen der Testierfähigkeit nach den Regeln des common law bestimmt (siehe Chee Mu Lin Muriel v Chee Ka Lin Caroline [2010] 4 SLR 373 ("Muriel Chee").  

Wirksamkeit eines Testaments der Form nach

Kein Testament ist wirksam, wenn es nicht schriftlich errichtet wurde, Sec. 6(2) WA. Das Testament muss am Fuß oder am Ende unterschrieben werden

  • durch den Testator oder
  • eine andere Person in seiner Gegenwart und auf seine Weisung, Sec. 6(2) WA. 

Die Unterschrift bzw. Anerkennung der Unterschrift muss in gleichzeitiger Anwesenheit von 2 oder mehr  Zeugen erfolgen und die Zeugen müssen in Anwesenheit des Testators unterschreiben, Sec. 6(2) WA. Weiterer Förmlichkeiten bedarf es zur Wirksamkeit nicht, Sec. 6(2) WA. 

Ist der Zeuge oder deren Ehegatte Begünstigter der letztwilligen Verfügung, ist die Verfügung bezüglich des Erbanteils der Zeugen unwirksam, Sec. 10 WA. 

Nach Art. 5 Wills Act ist ein Testament formgültig, wenn es der Form des (Sach-) Rechts

  • des Errichtungsortes,  auch wenn der Erblasser nur zeitweise dort aufhielt, oder
  • des Domizils zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments oder
  • des Domizils zum Zeitpunkt des Todes oder
  • des gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments oder
  • des gewöhnlichen Aufenthaltes des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes oder
  • des Staates der Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Errichtung des Testaments oder
  • des Staates der Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt des Todes.

Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge ist im Intestate Succession Act (ISA) geregelt. Nach Sec. 7 erbt der Ehegatte allein, wenn der Erblasser nicht von Abkömmlingen oder Eltern überlebt wird. Neben Abkömmlingen erbt der Ehegatte die Hälfte; die Abkömmlinge erhalten die andere Hälfte zu gleichen Teilen. Gibt es keine Abkömmlinge, erben die Eltern oder der überlebende Elternteil die anderen Hälfte. 

Pflichtteil

Nach dem Recht von Singapur gibt es keinen Pflichtteil im Sinne einer starren quotalen Beteiligung am Nachlass. Stattdessen kann ein Gericht nach dem Inheritance (Family Provisions) Act abhängigen Personen angemessenen Unterhalt gewähren, wenn  der Erblasser keine angemessene finanzielle Regelung  getroffen hat. 

Probate-Nachlassverfahren

Wie in anderen Staaten mit Common-law Tradition wird der Nachlass (estate) durch eine vom Gericht bestellte oder bestätigte Person – hiernach als Nachlassabwickler (personal representative) bezeichnet, verwaltet und verteilt. Hierzu verweisen wir auf den Beitrag Das probate-Nachlassverfahren in Singapur

Joint Tenancy

Zwei oder mehr Personen können Vermögen (z.B. Konto oder Haus) in der Weise halten, dass dem oder den überlebenden der Anteil des Versterbenden anwächst. In diesem Fall spricht man von einer joint tenancy (with the right of survivorship). Ein solcher Erwerb geht dem Testament in der Regel vor. Das Vermögen fällt nicht in den Nachlass (estate) und ein förmliches probate-Nachlassverfahren ist nicht erforderlich. 

Trusts

In Singapur werden trusts oft als Mittel der Nachlassplanung genutzt. Ein trust entsteht dadurch, dass der Errichter (settlor, creator) Bestandteile seines Vermögens auf den Treuhänder (trustee) überträgt, welcher diese Vermögensgegenstände zugunsten des Begünstigten (beneficiary) treuhänderisch verwaltet und für einen vom Errichter bestimmten Zweck verwenden soll. Der Treuhänder (trustee) hat im Außenverhältnis alle Rechte (legal title) am trust-Vermögen. Wirtschaftlich berechtigt ist allerdings der Begünstigte (beneficiary), für welchen der Treuhänder das trust-Vermögen treuhänderisch verwaltet. Zum Teil wird auch eine Person bestimmt, welche den trustee ernennt bzw. austauscht (appointer). Mit der Errichtung eines Trusts können unterschiedliche Zweck verfolgt werden, z.B. die Vermeidung eines förmlichen probate-Nachlassverfahrens, der Schutz von minderjährigen Begünstigten (child protection trust), Verstetigung des Familien-Vermögens (family trust) oder Sicherung des Vermögens gegen Gläubigerzugriff (asset protection).  

Hinweis: Bei Bezügen zu Deutschland kann ein trust steuerlich ungewollte Wirkungen haben. Hierzu verweisen wir auf unseren Beitrag Besteuerung von common-law trusts in Deutschland

Erbschaftsteuer und andere Todesfallsteuern

Singapur erhebt auf den Tod einer Person keine Steuern. 

Deutsche Erbschaftsteuer 

Im deutsch-singapurianischen Erbfall fällt oft deutsche Erbschaftsteuer an, da es kein Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Erbschafts- und Schenkungssteuer gibt. Informationen zur Steuerpflicht in Deutschland finden Sie in unserem Beitrag Erbschaftsteuer: Steuerpflicht in Deutschland

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