Anerkennung eines kanadischen Testaments in Deutschland

Als Rechtsanwälte für deutsch-kanadisches Erbrecht werden wir immer wieder gefragt, ob ein "kanadisches Testament in Deutschland anzuerkennen" ist. Der Beitrag zeigt auf, wann ein in Kanada errichtetes Testament in Deutschland Rechtswirkungen in Deutschland entfaltet und welches Verfahren zur Anerkennung in Deutschland erforderlich ist.

Anerkennung der Form nach

Nach deutschem Recht (§2231 BGB) in ordentlicher Form ein Testament errichtet werden

In den Kanada werden Testamente aber fast immer als Zwei-Zeugen-Testament errichtet. Oftmals werden die Unterschriften des Testators und der Zeugen zwar durch einen kanadischen Notar (notary public) beglaubigt, dieser steht aber einem deutschen Notar nicht gleich, so dass kanadische Testamente fast nie dem deutschen Recht genügen. Allerdings ist ein kanadischem Testament hinsichtlich der Form nach dem Haager Testamentsformübereinkommen (TestFormÜbk) gleichwohl als gültig anzusehen, wenn es dem innerstaatlichen Recht entspricht:

  • des Ortes, an dem der Erblasser letztwillig verfügt hat (Ortsform), oder
  • eines Staates, dessen Staatsangehörigkeit der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes besessen hat (Heimatrecht), oder
  • eines Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes seinen Wohnsitz gehabt hat (Wohnsitzrecht), oder
  • des Ortes, an dem der Erblasser im Zeitpunkt, in dem er letztwillig verfügt hat, oder im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hat, oder
  • soweit es sich um unbewegliches Vermögen handelt, des Ortes, an dem sich dieses befindet (lex rei sitae, Belegenheitsrecht).

In Kanada errichtete Testamente werden der Form nach in Deutschland daher fast immer anerkannt. Unwirksam ist aber z.B. ein in einer kanadischen Botschaft oder in einem kanadischen Konsulat in der Form des Rechts von Kanada errichtetes Testament, wenn der Testator kein kanadischer Staatsangehöriger war und in Deutschland dauerhaft lebte.

Anerkennung des Inhalts des kanadischen Testaments

Zur Prüfung der Wirksamkeit des kanadischen Testaments im Hinblick auf alle Fragen, die nicht der Form zuzuordnen sind, ist zunächst das anwendbare Erbrecht nach der Europäischen Erbrechtsverordnung zu bestimmen. Danach kommt es auf den gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Testamentserrichtung an. War dieser Kanada, verweist deren Recht aber im Hinblick auf Immobilien in Deutschland auf deutsches Recht zurück. Allerdings hat ein Kanadier die Möglichkeit zur Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO. Dies kann ausdrücklich oder durch schlüssiges Handeln erfolgen. Ferner kann die Rechtswahl eines kanadischen Staatsangehörigen auch fingiert werden, wenn der Testator "in der Form des kanadischen Rechts" testiert hat. Hat er ein Zwei-Zeugen-Testament errichtet, wird dies oft der Fall sein.

Gründe für die Unwirksamkeit des Testaments oder einzelner Verfügungen hierin nach deutschem oder kanadischem Recht können z.B. sein

  • Willensmängel (Täuschung, Nötigung, Irrtum),
  • Testierunfähigkeit (z.B. wegen Demenz),
  • Verletzung des Verbots der Testierstellvertretung,
  • Verletzung des Verbots, dass ein anderer den Erben benennt oder
  • Unmöglichkeit der Erfüllung des Vermächtnisses.

Erfordernis eines deutschen Erbscheins oder Testamentsvollstreckerzeugnisses

Banken, Sparkassen, Volksbanken und andere Geldinstitute

Unter welchen Voraussetzungen Banken, Sparkassen, Volksbanken und andere Geldinstitute an die Berechtigten (z.B. Erben oder Testamentsvollstrecker) auszahlen oder das Guthaben verfügbar machen, ist in den allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt. So heißt es z.B. in den AGB der Deutsche Bank nun wie folgt:  

"Nach dem Tod des Kunden hat derjenige, der sich gegenüber der Bank auf die Rechtsnachfolge des Kunden beruft, der Bank seine erbrechtliche Berechtigung in geeigneter Weise nachzuweisen. Wird der Bank eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift der letztwilligen Verfügung (Testament, Erbvertrag) nebst zugehöriger Eröffnungsniederschrift vorgelegt, darf die Bank denjenigen, der darin als Erbe oder Testamentsvollstrecker bezeichnet ist, als Berechtigten ansehen, ihn verfügen lassen und insbesondere mit befreiender Wirkung an ihn leisten. Dies gilt nicht, wenn der Bank bekannt ist, dass der dort Genannte (zum Beispiel nach Anfechtung oder wegen Nichtigkeit des Testaments) nicht verfügungsberechtigt ist oder wenn ihr dies infolge Fahrlässigkeit nicht bekannt geworden ist."

Die Bank "darf" in diesen Fällen die Person verfügen lassen. Sie muss es aber nur, wenn das Testament hinreichend deutlich ist und ein Testamentseröffnungsprotokoll vorgelegt wird. Dies wird bei einem Testament, das nach kanadischem Recht errichtet wurde, aus der Sicht der Bank oft nicht der Fall sein. In der Regel verlangen deutsche Geldinstitute daher einen Erbschein und/oder Testamentsvollstreckerzeugnis, wobei einem kanadischen Nachlassabwickler nur dann ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt werden kann, wenn er nach dem Willen des Erblassers auch in Deutschland handeln sollte und nicht Alleinerbe ist.

Grundbuch

Gemäß § 35 GBO kann der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein/ein Europäisches Nachlasszeugnis oder durch ein notarielles Testament nebst Testamentseröffnungsprotokoll geführt werden.

Ein Zwei-Zeugen-Testament genügt daher nicht. Dies gilt auch dann, wenn ein kanadischer Notar (notary public) die Unterschriften beglaubigt hat, da ein notarielles Testament der Beurkundung bedarf. Eine kanadische Testamentsbestätigung (probate) oder ein kanadisches Testamentsvollstreckerzeugnis  stehen einem Testamentsvollstreckerzeugnis nicht gleich (für einen englischen Grant of probate: KG v. 25.09.2012, Az: 1 W 270 - 271/12, 1 W 270/121 W 271/12).

Handelsregister

Bei Anmeldungen, die der Rechtsnachfolger eines im Handelsregister eingetragenen Beteiligten vornimmt, ist die Erbfolge regelmäßig durch Erbschein (§ 2353 BGB) nachzuweisen, soweit sie auf gesetzlicher Erbfolge oder auf einer privatschriftlichen Verfügung von Todes wegen beruht. Beruht die Erbfolge auf einem notariellen Testament, so kann das Registergericht (in Anlehnung an § 35 Abs. 1 GBO) diese zusammen mit dem Testamentseröffnungsprotokoll nach pflichtgemäßem Ermessen als ausreichend ansehen, sofern die letztwillige Verfügung keine Auslegungsschwierigkeiten bereitet. Solche Schwierigkeiten ergeben sich regelmäßig bei Rechtsnachfolge aufgrund eines kanadischen Testaments. 

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