Grundlagen
Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über (§ 1922 BGB). Die Erbschaft geht auf den berufenen Erben unbeschadet des Rechts über, sie auszuschlagen (§ 1942 BGB).
Die Erbschaft umfasst neben den positiven Vermögenswerten auch die Nachlassverbindlichkeiten, für welche der Erbe auch mit seinem vorbestehenden Vermögen - haftet (§ 1967 BGB).
Gründe für die Ausschlagung der Erbschaft
Gründe für die Ausschlagung können insbesondere sein
- die Vermeidung der Erbenhaftung,
- die Verringerung der Erbschaftsteuer und
- die Vermeidung des Pflichtteilsrechts eines Abkömmlings des Erben.
Ausschluss des Ausschlagungsrechts
Der Erbe kann die Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn
- er die Erbschaft angenommen hat oder
- die für die Ausschlagung vorgeschriebene Frist verstrichen ist (§ 1943 BGB).
Eine Annahme der Erbschaft (Erbschaftsannahme) kann förmlich oder unförmlich (z.B. durch Geltendmachung einer Forderung des Erben) erfolgen.
Die Ausschlagung der Erbschaft (Erbausschlagung) kann nur binnen 6 Wochen erfolgen (§ 1944 Abs. 1 BGB).
Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Berufung Kenntnis erlangt (§ 1944 Abs. 2 BGB).
Gibt es ein Testament, beginnt die Frist zur Ausschlagung nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht (Testamentseröffnung), § 1944 Abs. 2 S. 1 BGB.
Die Frist zur Ausschlagung beträgt 6 Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur (!) im Ausland gehabt hat oder wenn sich der Erbe bei dem Beginn der Frist im Ausland aufhält (§ 1944 Abs. 3 BGB).
Erklärung der Ausschlagung
Die Ausschlagung der Erbschaft muss gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden (§ 1945 BGB). Hierzu kann man entweder beim Nachlassgericht eine Erklärung vor dem Nachlassrichter (Rechtspfleger) abgeben ("zur Niederschrift") oder man sucht einen Notar auf, der die Erklärung der Ausschlagung aufnimmt. Im Ausland kann die Erbausschlagung vor einem ermächtigten Konsul erklärt werden.
Ausschlagung unter einer Bedingung
Die Ausschlagung ist bedingungsfeindlich (§ 1947 BGB). Die Bedingung, dass ein anderer Erbe wird ("Ausschlagung zu Gunsten eines Dritten"), kann daher die Ausschlagung unwirksam machen.
Zulässig ist hingegen, dass der Ausschlagende seine Ausschlagungsgründe niederlegt und im Fall eines erheblichen Irrtums die Ausschlagung anficht. Hiermit kann oftmals das gleiche Ergebnis erzielt werden.
Wirksamkeit einer Teilausschlagung
Eine Teilausschlagung ist im Grundsatz nicht zulässig (§ 1950 BGB). Bei mehreren Berufungsgründen und bei Gestattung durch den Erblasser ist die Teilausschlagung aber zulässig (§ 1951 BGB).
Wichtig: Im Steuerrecht kann allerdings das wirtschaftliche Ergebnis einer Teilausschlagung durch eine Ausschlagung gegen Abfindung erreicht werden.
Rechtsfolge einer wirksamen Ausschlagung
Wird die Erbschaft ausgeschlagen, so gilt der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt (§ 1953 Abs. 1 BGB). In der Folge gibt es auch keinen Erwerb, welcher der (deutschen) Erbschaftsteuer unterfällt.
Die Erbschaft fällt demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit dem Erbfall erfolgt (§ 1953 Abs. 2 BGB).
Ist im Testament ein Ersatzerbe bezeichnet, Gibt es einen solchen nicht und lässt sich ein solcher auch nicht durch Auslegung bestimmen, sind die Regeln der Anwachsung zu prüfen. Erfolgt keine Anwachsung, tritt gesetzliche Erbfolge ein.
Ausschlagung und Erbschaftsteuer
Bei Erwerben von Todes wegen (z.B. Erbschaft, Vermächtnis) entsteht die Erbschaftsteuer im Grundsatz mit dem Tod des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). Schlägt der Erbe die Erbschaft aus, entfällt die Steuerpflicht aber wieder rückwirkend. Bei demjenigen, welcher an Stelle des Ausschlagenden erbt (Ersatzerbe, Erbe dem der Erbteil anwächst oder gesetzlicher Erbe), entsteht die Steuer mit dem Zeitpunkt der Ausschlagung der Erbschaft (§ 9 Abs. 1 Nr. 1, f).
Hinweis: Vertiefende Informationen zur Erbschaftsteuer finden Sie in dem Beitrag Ausschlagung der Erbschaft zur Vermeidung der deutschen Erbschaftsteuer.
Ausschlagung im internationalen Erbfall
Materielle Wirksamkeit der Ausschlagung
Die Voraussetzungen und die Rechtswirkungen einer Ausschlagung unterliegen gemäß Art. 23 (2) (e) EuErbVO dem allgemeinen Erbstatut nach Art. 21 oder 22 EuErbVO (siehe auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 26.10.2018 – I-3 Sa 1/18).
Hierzu verweisen wir auf den Beitrag Ermittlung des anwendbaren Erbrechts nach der EuErbVO.
Form der Ausschlagung
Bis zum Inkrafttreten der EuErbVO genügte gemäß Art. 11 EGBGB die Ortsform (OLG Köln, Beschluss vom 12.02.2014 - 2 Wx 25/14), wobei die Echtheit des ausländischen Beglaubigungsvermerks durch Apostille oder Legalisation nachzuweisen sein konnte.
Seit Inkrafttreten der EuErbVO ist eine Erklärung über die Ausschlagung der Erbschaft hinsichtlich ihrer Form wirksam, wenn diese den Formerfordernissen entspricht
- des nach den Artikeln 21 oder 22 auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Rechts oder
- des Rechts des Staates, in dem der Erklärende seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Wichtig: Der Zugang der Erklärung über die Ausschlagung ist allerdings keine Formfrage. Folglich muss bei Anwendbarkeit deutschen Erbrechts die Erklärung - auch wenn dies nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalt des Ausschlagenden nicht erforderlich ist - dem Nachlassgericht zugehen.
Zuständigkeit
International zuständig sind nach Art. 13 EuErbVO für die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft (oder eines Vermächtnisses oder eines Pflichtteils) auch die Gerichte des Mitgliedstaates, in dem die ausschlagende Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn diese Erklärungen nach dem Recht dieses Mitgliedstaats vor einem Gericht abgegeben werden können.
Örtlich zuständig ist das Nachlassgericht, in dessen Bezirk die erklärende Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 31 S. 1 IntErbRV).