Welches Recht ist bei einer Erbschaft in England anzuwenden?
Zur Bestimmung des im deutsch-englischen Erbfall anzuwendenden Rechts ist aus der Sicht eines Gerichts von England & Wales im Hinblick auf das bewegliche Vermögen (movables) auf das Recht des letzten Domizils (domicile) und das unbewegliche Vermögen (immovables) das Belegenheitsrecht (lex rei sitae) abzustellen. Aus Sicht eines deutschen Gerichts ist das anwendbare Erbrecht nach der Europäischen Erbrechtsverordnung zu bestimmen. Das Zusammenspiel von englischem IPR und Europäischer Erbrechtsverordnung erläutern wir in dem Beitrag Anwendbares Recht im deutsch-englischen Erbfall. Für die Erbschaftsteuer gelten andere Regeln.
Wie erfolgt die Testamentseröffnung in England?
In Filmen und Fernsehsendungen ist oft zu sehen, dass ein Notar (notary public) oder Rechtsanwalt (solicitor) das Testament vor der Familie verliest (eröffnet). Hierzu ist er ein Nachlassabwickler (executor) nach dem Recht von England und Wales, aber nicht verpflichtet. Es ist auch sehr unüblich.
Wie bekomme ich bei einer Erbschaft in England eine Kopie des Testaments?
Nach dem Recht von England und Wales ist ein Testament (Last Will and Testament) erst nach Erteilung der Testamentsbestätigung (Grant of probate) ein „öffentlich“, d.h. kann von jedermann eingesehen werden. Üblicherweise übersendet der Nachlassabwickler den Begünstigten auf den Rest (residuary beneficiaries) eine Kopie des Testaments . Ergänzend verweisen wir auf den Beitrag Testamentseröffnung und Recht auf Einsicht in ein Testament in England und Wales.
Wird ein deutscher Erbschein in England anerkannt?
Ein deutscher Erbschein wird in England nicht anerkannt. Daher muss auch dann in aller Regel ein gerichtliches Nachlassverfahren (probate-administration) in England geführt werden, wenn der Erblasser in Deutschland gelebt hat und es einen deutschen Erbschein gibt. Hierzu verweisen wir auf den Beitrag Probate and Administration – das Verfahren zur Abwicklung eines Nachlasses in England und Wales.
Was ist ein Executor? Was ist ein Administrator?
Nach dem Recht von England und Wales geht der Nachlass mit dem Tod des Erblassers in der Regel auf eine Person über, die - ähnlich einem deutschen Testamentsvollstrecker - den Nachlass (estate) abwickelt, d.h. Steuern erklärt, die Schulden tilgt, Vermächtnisse erfüllt und den Rest-Nachlass (residuary estate) an die Begünstigten des Rest-Nachlasses verteilt. Diese Person wird als Nachlassabwickler (personal representative) bezeichnet. Wenn die Person im Testament bestimmt wurde, wird sie als Nachlassabwickler (executor) bezeichnet. Ein nicht durch Testament bestimmter Nachlassabwickler wird erwirbt sein Verwaltungs- und Verfügungsrecht erst durch Bestellung durch das Nachlassgericht und wird als "Administrator" bezeichnet. Er hat nach Bestellung durch das Gericht die (gleichen) gesetzlichen Befugnisse, die ein durch Testament bestimmter Nachlassabwickler (executor) nach dem Gesetz hat.
Wie kann ich bei einer Erbschaft in England herausbekommen, was die Erbschaft umfasst?
Ein Begünstigter auf den Rest (residuary beneficiary) hat das Recht, vom englischen Nachlassabwickler (personal representative) Einsicht ins Nachlassverzeichnis (schedule of assets & liabilities) zu erhalten.
Muss ich bei einer Erbschaft in England auch für die Schulden aufkommen?
In aller Regel gibt es bei einer Erbschaft in England keine Schuldenhaftung der Erben und anderen Begünstigten. Ergänzend verweisen wir auf den Beitrag Haftung für Nachlassverbindlichkeiten nach dem Recht von England und Wales.
Habe ich bei einer Erbschaft in England einen Anspruch auf eine Abrechnung?
Ein Begünstigter auf den Rest (residuary beneficiary) kann vom englischen Nachlassabwickler (personal representative) einen Rechenschaftsbericht (estate accounts) verlangen. Ein fehlerhafter oder unvollständiger Rechenschaftsbericht (estate accounts) des englischen Nachlassabwicklers (personal representative) kann angefochten werden. Ergänzend verweisen wir auf den Beitrag Nachlassverfahren in England und Wales: Rechenschaft und Verteilung .
Wie lange dauert die Abwicklung der Erbschaft in England?
Derzeit (2025) dauern Nachlassverfahren in England bei unkomplizierten Nachlässen in der Regel 6 bis 12 Monate. Komplexere Fälle können sich jedoch auf 2 Jahre oder länger erstrecken.
Wer muss die britische Erbschaftsteuer bei einer Erbschaft in England zahlen?
Der englische Nachlassabwickler erklärt die britische Erbschaftsteuer (UK Inheritance Tax) und führt sie aus dem Nachlass ab. Die Erben und anderen Begünstigten müssen in England nichts tun. Informationen zur Berechnung der Steuer finden Sie in dem Beitrag Erbschaftssteuer im UK (England & Wales, Schottland, Nordirland).
Muss ich bei einer Erbschaft in England auch deutsche Erbschaftsteuer zahlen?
Bei einer Erbschaft in England muss neben der britischen Erbschaftsteuer oft auch deutsche Erbschaftsteuer gezahlt werden. Allerdings kann die Doppelbesteuerung oft durch Anrechnung vermieden werden. Zum Zusammenspiel von britischer und deutscher Erbschaftsteuer finden Sie auch Informationen in unserem Beitrag Erbschaftssteuer im deutsch-britischen Erbfall .
Wird eine Deed of Variation in Deutschland anerkannt?
Eine Deed of Variation wird bei der deutschen Erbschafts- und Schenkungsteuer in der Regel nicht anerkannt. Daher ist immer zu prüfen, ob das gewünschte Ergebnis auch durch andere Rechtsinstanzen, z.B. Ausschlagung oder Ausschlagung gegen Abfindung, erreicht werden kann.
